Evolution 2019

Bildtitel: Evolution19; digitale Komposition, Format 64,3 x 90 cm, Data 123 MB 240 dpi; Datum: 10.11.2019

Die Mikrokosmische Evolution im Rahmen der kosmischen Bedingungen

Ein mächtiges Symbol wie z.B. ein Mandala oder ein Kruzifix kann mehr bewirken, als nur eine unsichtbare Wahrheit darzustellen oder einen Aspekt einer metaphysischen Wirklichkeit zu repräsentieren – es kann wie ein mystisches Fenster uns einen Blick über uns selbst hinaus gestatten. Wenn wir uns dem Symbol mit inniger Achtsamkeit widmen, befähigt es uns, sozusagen hindurchzuschauen und eine Ahnung von der gewaltigen Wirklichkeit zu erhaschen, die es visiuell symbolisiert. In den Meditationen, in den eine aufblitzende Intuition das Betrachten durchbrichtin und wir eine plötzliche Einsicht in das Symbol erhaschen , wird das Mandala stofflich enthoben und wird durchsichtig wie eine Glasscheibe. In diesem Augenblick enthüllt es uns einen bisher verborgen gebliebenen Durchblick von unerwarteter Tiefe und Bedeutung. Wie in Trance erleben wir den umfassenden Sinn der symbolisierten Wirklichkeit. Es wird uns ein ungeahnter Blick in einen weiten und tiefen Raum geschenkt, der sich vor unserem Gesicht bis ins Unendliche erstreckt. Das Symbol erweitert unser Erfassen über die Vermögen unserer sinnesorganische Wahrnehmen hinaus. In diesem Einsehen in den naheliegenden Urgrunde der unstofflichen Gegebenheiten befinden wir uns in einem mystischen Erleben des grenzenlosen Universums und können die Entwicklungen der kosmischen Lebendigkeit begreife . Plötzlich, wie in einem Rausch, sehen wir von innen, wie bei einem Hologramm, auf welche Weise die inneren Zusammenhänge das Äußere bewegen. Wie der englische Dichter William Blake beschrieb, sehen wir eine Welt in einem Sandkorn und einen Kosmos in einer vollendet erwachten Blüte.

Im Bereich der Psychologie wird der Mensch mit seinen seelischen Zusammenhängen betrach-tet, wobei die klassischen Psychoanalytiker Gefühle, Gedanken und charakterliche Komplexe in einen undefinierten abstrakten Raum stellen. Dabei werden viele dieser inneren Vorgänge als Projektionen, Einbildungen, möglicherweise als Intuitionen oder durch einen kranken Körper hervorgerufene Psychosen betrachtet. Durch diese auf die Materie bezogene Perspektive wird ihnen die Anerkennung als Wissenschaftler gewährleistet. Auch die Religionen des Abraham, die ihr kosmisches Weltbild von der Genesis ableiten, unterstützen das materialistische Weltbild. Der körperliche Mensch wurde am sechsten Tage erschaffen, und «Gott» sah, dass es gut war und ruhte am siebenten Tage aus. Mit der Erschaffung der irdischen Welt nach dem Modell der Genesis ist die physische Welt sozusagen mit der Schöpfung am Ende.

Im 1. Buch Mose, Kap.1, 26-29 steht: «Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan. Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und also vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er machte.»

Wer an dieses Modell glaubt, nimmt den Menschen aus dem natürlichen Geschehen der Evolution heraus, wie sie in aller Natur völlig selbstverständlich ist. Lassen wir einmal die amerikanischen Kreationisten außen vor, so sind doch die meisten Christen, Juden und Islamisten von diesem kosmischen Modell überzeugt. Die hinduistischen Philosophen vertreten meistens das vedische Modell: «Obwohl attributlos, wird Brahman auch als Sat-chit-ananda (Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit) beschrieben. Denn geht man davon aus, dass das ursprüngliche Schöpfungsfeld Materie hervorbringen kann, muss es selbst Substanz besitzen. Brahman ist omnipräsent, in Geist und Materie, als unsichtbare, unhörbare und undenkbare Kraft. Es ist auch das Unsterbliche, das über den Göttern steht.» (Wikipedia)
Auch dieses brahmanische Modell des Kosmos beinhaltet einen nicht zu unterschätzenden Mangel. Brahman repräsentiert darin die unbeschreibliche Urmaterie. Die Gläubigen werden nach einem vollbrachten guten Leben, nach den Regeln der Brahmanen, einstmals wieder mit Brahman vereint, ergo materiell sein. So ist bei ihnen jeder Gedanke materiell, wie man bei Krishnamurti lesen kann: «Diejenigen, die viel denken, sind äußerst materialistisch, weil das Denken Materie ist. Der Gedanke ist ebenso Materie, wie es der Fußboden ist, die Mauer, das Telefon. Energie, die schablonenhaft arbeitet, wird zur Materie. Es gibt Energie, und es gibt Materie. Daraus besteht das Leben. Wir mögen glauben, daß der Gedanke keine Materie ist, aber er ist es. Der Gedanke ist ebenso Materie, wie eine Ideologie es ist. Wo Energie ist, verwandelt sie sich in Materie; Materie und Energie stehen in gegenseitiger Beziehung.» (Jiddi Krishnamurti, Einbruch in die Freiheit; Ullstein 1990)

Das ist der reinste ins Göttliche erhobene Materialismus, und niemand sollte sich wundern, wenn viele Menschen sich nicht von den materiellen Bedrängnissen in der an die stoffliche Welt gebundene Bipolarität ihres Daseins befreien können. Die ungezählten Erkenntnisse der Biologie, der Archäologie und Genforschung sowie der modernen Informatik bezeugen, dass das Leben auf unserem Planeten, und das Wesen Erde selbst, in eine ewige Evolution eingebettet sind. Allen lebendigen Organismen und Wesen wohnt der Trieb zum Überleben inne, insbesondere sorgt der angeborene Fortpflanzungstrieb beständig für die Erhaltung
der Arten. Wofür einige Spezies dafür extrem physische Leistungen vollbringen. So z.B.: viele Zugvögel, die für die Aufzucht ihrer Brut tausende Kilometer über Wüsten und höchste Gipfel in den hohen Norden fliegen, wo ihre Nester nicht ausgeraubt werden können. In der Wissenschaft nennt man das den biologischen Imperativ. Im Gegensatz zur Dogmenethik der konventionellen Wissenschaft und den antiken Religionen verläuft die Evolution weder zufällig noch vorherbestimmt, sondern systemisch probabilistisch. Die sprunghaften Mutationen ereignen sich unvorhergesehen auf Grund bislang unerkannter Bedingungen.

Jeder Forscher im Sinne einer Geisteswissenschaft erkennt die immateriellen metaphysi-schen Felder. Weil er zum Beispiel das Ätherfeld, die Astralis oder die Mentalis jedoch als real annimmt, wird er aus dem Kreis der anerkannten Wissenschaftler ausgeschlossen, z.B. indem man ihn in der Fachpresse nicht mehr zitiert oder ähnliches. Die transpersonel-len Felder, so wie dies allerdings von esoterischen Forschern, Geistheilern und theosophi-schen Spezialisten gesehen wird, werden nur von ganz speziellen Kreisen als die eine Wirk-lichkeit akzeptiert, weil die antiken Kosmologien immer noch nicht ausgestorben sind. Letztlich hat eigentlich Rupert Sheldrake durch seine Forschungen über die morphogenetischen Felder in der lebendigen Natur jenen modernen Wissenschaftlern die Brücke zur Noetik gebaut, die über die Quantenfluktuationen bereits zum universellen Bewusstsein vorgedrungen sind.

Kunstvolle Bilder können nur Fenster sein, welche sich jenen Betrachtern öffnen, die zu einer unbedachten Anschauung ohne eigenwillige Beurteilungen in der Lage sind. Das Fensterglas kann immer nur so klar und durchsichtig sein, wie es von den eigenen Gedankennetzen nicht verunreinigt wurde. Selbst wenn das Fenster, das Bild selbst fest vor einem an der Wand hängt, kann es doch vorüber ziehende Wolken und im nächtlichen Himmel durchziehende Sternschnuppen zeigen – eine bewegte, lebendige Landschaft oder einen sich drehendes Himmelszelt.

Für viele Menschen ist es mittlerweile schon eine Selbstverständlichkeit geworden: «Der Mensch ist Teil eines siebenfachen Mikrokosmos». Dieser ist realistisch betrachtet eine Art «Energiewechselorgan». Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass er mit allen anderen Kosmen, Mikro- und Makrokosmen in beständiger Kommunikation steht. Das tatsächliche Leben im ganzen Kosmos ist weniger eine Vollendung in der Materie, wie es die Religionen und die Wissenschaft versuchen zu beweisen, sondern es ist vor allem ein systematischer, geregelter Austausch von Kräften und Informationen, also eine ewige beständige Kommunikation im ursprünglichen Sinne von «Gemeinsam-Machen». Dieser permanente Informationstransfer und Kräfteaustausch geschieht sowohl im Mikrokosmos mit der körperlichen Person, als auch in dem einen, alles umspannenden siebenfachen Kraftfeld des Kosmos, das seinerseits in die Lebensfelder des solaren Planetensystems eingebettet ist und mit diesem ebenfalls kommuniziert.

Dabei spielt allerdings der mikrokosmische Mensch mit der materiellen Person eine nicht ganz unerhebliche Rolle. Das sollte jedem ganz bewusst sein, der bereits erkannt hat, dass wir auf einem lebenden Wesen Erde unser Dasein gestalten. Allerdings kann er es nur dann erfassen, wenn die Person ihren Bezug zum Lebewesen Erde, der Mutter Gaia, in ihre eigenen Erfahrungen mit der Natur mit einbezieht. Es wird dem Menschen dann nämlich bewusst, dass die Menschheit für die lebende Erde vor allem auch ein Referenzorgan ist, das seine täglichen Erkenntnisse im gesellschaftlichen Leben und in seinem Umgang mit der Natur bewertet und diese Gedanken mit dem mentalen Feld des Kosmos austauscht. Dabei realisieren die meisten Menschen mit ihrem Verstand vorwiegend die äußeren materiellen Erscheinungen, die für ihre Selbsterhaltung zwingend notwendig sind. Einige Menschen können auch die immateriellen Wirkungen des Lebens erfassen, weil ihr Mikrokosmos dafür prädisponiert ist.
Mir scheint, es werden immer mehr Menschen, die eine intensivere Beziehung zu Fauna und Flora aufbauen können. Bei allen äußeren Wahrnehmungen stellt der Mensch seine Eindrücke in eine subjektive Relation zu seinen bereits abgespeicherten Informationen. Diese werden in den mentalen Feldern dann mit den resonanten karmischen und aktuellen Prägungen verbunden. Dazu gehören auch alle Impulse aus der Monade, die zu ihm über den Mikrokosmos durchdringen. Dabei fügen sich alle anstehenden Resonanzen mit der interkosmischen Evolution in die Gedankenkumulies. Dieses ganze Geschehen in der Mentalis wird die kommenden Wahrnehmungen und Bedenken dazu probabilistisch ausformen.

Eigentlich ist der Mensch dazu berufen und befähigt, die materiellen Erscheinungen der Natur in ihrer energetischen Wirklichkeit zu erkennen. Viele moderne Wissenschaftler sind bei ihren Forschungen nach dem kleinsten «Baustein» der Materie darauf gekommen, dass Materie ebenso zum elektromagnetischen Spektrum gehört wie das Licht und alle anderen Wellenfelder. Mit der vielseitigen und umfassenden Naturforschung und den vielfältigen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird der Mensch einmal die vorgesehene Zielrichtung aller Natur in dem ihn umspannenden Weltall erkennen. Wenn er sich neben seinem Streben nach Wissen, Macht und Besitz auch einige Kenntnisse über die metaphysischen Sphären der Erde erwerben will, wird er bald zu der Einsicht in die interkosmische Evolution aller Lebensfelder der Sonnen, Planeten, Monde und sonstigen Bewohner in diesem unendlichen Raum-Zeit-Geschehen des grenzenlosen Universums geführt.

HUBBLE-Ultra-Deep Field; Bild: NASA

Angesichts der gigantischen Weiten des Alls und der filigranen Details in den subatomaren Kraftfluktuationen könnte sich der erkennende Mensch von den illusionären Selbsterhöhungen innerhalb des materiellen Egoismus lösen, wenn er sich der Tatsache stellen würde, dass sein Wesen ein sich entwickelnder Mikrokosmos in einer probabilistischen Evolution ist, bei der er seinen Stoffkörper zu gegebener Zeit ohnehin ablegen wird, genauso, wie sich ein Schmetterling aus der letzten Hülle der Puppe häutet, bevor er frei in den azurblauen Himmel steigt. Doch bis dahin muss sich seine materielle Erscheinung erst noch im Rahmen seiner bestehenden Vermögen vollenden. Erst nach der Erfüllung aller damit verbundenen Aufgaben wird sich die Astralis und die Mentalis um einige Ansichten erweitern und dadurch neue Aspekte in der Erfassung der Welt aktivieren. Hierbei wird sich die Wahrnehmung grundlegend verändern. Auch wenn der Mensch dann immer noch mit einem Stoffkörper als Person in der Gesellschaft seiner Mitmenschen lebt und wirkt, so entfaltet sich in ihm zusätzlich eine mikrokosmische Wahrnehmung ohne die stofflichen Sinnesorgane. Der sich dadurch ergebende erweiterte Blick auf die metaphysischen Erscheinungen in den Sphären des Äthers und der Astralis dieser irdischen Welt verändert alle Beziehungen zur Natur, zu den Mitmenschen und zur Gesellschaft mit ihren Institutionen und sonstigen kommunalen Organen. Die bislang als außersinnliche Wahrnehmungen benannten Fähigkeiten werden jedem Menschen nach dieser mikrokosmischen Entwicklung zuteil. Das Erfassen der niederen transpersonalen Sphären führt selbstverständlich zu einer völlig neuen Lebenshaltung in weiten Schichten der Bevölkerung und notabene zu einem völlig veränderten gesellschaftlichen Zusammenleben ohne Lüge und Betrug. Auch wenn der stoffliche Mensch weiterhin als notwendiges Werkzeug für den Mikrokosmos wirken muss, so werden seine Absichten und Begehren doch von völlig neuen Parametern und Werten des Daseins geprägt, die sich konsequent auf die Weiterentfaltung der Aufgaben ausrichten, die sich aus seinem Mitwirken in den unteren metaphysischen Kraftfeldern ergeben. Die sich dadurch ergebende Werteverschiebung wird so ziemlich alle Konstanten der bisherigen Wissenschaften, der Politik und der Finanzwelt umstürzen.

Natürlich wird der dadurch veränderte Magnetismus des aurischen Wesens in den Mikrokosmen die Polarisation der immateriellen Vibrationen derart verändern, dass den Äonen oder Asuras dann sukzessive keinerlei Kräfte mehr zugeführt werden. Auf diese einfache Art verlieren auch diese Manipulatoren aus dem Unsichtbaren ihren Einfluss auf die Menschheit und lösen sich sukzessive auf. Was nicht heißen soll, dass sich durch die neuen Ambitionen und Aktivitäten der Menschheit nicht wieder neue Kraftkonstellationen in den höheren morphischen Feldern des Kosmos entwickeln werden.

Sollte sich die Menschheit künftig konstruktiv der weiteren Evolution des Kosmos weihen, so wird von selbst dieses Begehren nach einer permanenten Weiterentfaltung entstehen und wie selbstverständlich eine astrale und mentale Neutralität gegenüber den materiellen Belangen, die vorher das ganze Leben überschattet haben. Die Sehnsucht nach einer holistischen Lebenswelt verbindet sich mit einem uneingeschränkten Mitwirken bei der interkosmischen Umwälzung, die sich notwendiger Weise bei der Evolution des Kosmos ergibt. Dann kann auch die Stimme der Monade immer deutlicher das Wesen Mensch bei seinem Mitwirken lenken. Diese innere Stimme, die erstens im Herzen das Fühlen und Begehren stimuliert, und die zweitens im Verstand stets deutlicher das Denken beeinflusst, und die drittens im Plexus Sakralis das rechte Handeln bestimmt, lässt im mikrokosmischen Atemfeld einen neuen mental-astralen Holokumulus erwachen. Zusätzlich werden neue Informationen aus den morphischen Feldern der Lipika an die Oberfläche kommen, mit denen die Erinnerung an den ursprünglichen Auftrag des Menschen für das Wesen Gaia in der Mentalis des Kandidaten klingt. So entwickelt sich in diesem Wechselspiel zwischen mentalem Erfassen, aurischer Sphäre und den monadischen Berührungen, eine Art neuer «Beseelung». Von dieser innereigenen Dynamik, begleitet von einer neuen Einsicht in die wahren Absichten des kosmischen Lebens, werden die weiter entwickelten Menschen zu einer Lebenshaltung geführt, mit der den noch nicht entwickelten Mikrokosmen anderer Lebenswellen der Natur geholfen wird. Der Mensch wird stets autonomer die vor ihm liegenden Prozesse der Entfaltung nach allen Richtungen fördern.

Zunächst werden wir einige eventuell offene Fragen nach dem «seelischen Sein» beantworten, die zu den bestehenden Thesen gehören. Die «Seele» ist der dominante «Kraftstern» in der Astralis. Zusammen mit der wachen Mentalis bestimmt sie als Triebfeder durch Begehren, Aufmerksamkeit, also Ausrichtung und Absicht, das Ziel des Menschen: Primär steht dabei die Selbsterhaltung und Selbstentfaltung in einem selbstbewussten Leben im Fokus, das sich in der umfassenden schöpferischen Evolution ergibt. Im irdischen Lebensfeld wird von einem «EGO», das als «Naturseele» bezeichnet werden kann, der Stoffwechsel optimal für alle Ambitionen geregelt. Diese sorgt auch für die erforderliche Kommunikation mit allen niederen transpersonalen Kraftfeldern im Rahmen der isomorphen Resonanz. Damit kann der Mensch sein Dasein strukturieren, in dem neben allen notwendigen Umtrieben, neben allem Leiden und Erleiden in der bipolaren materiellen Welt die Erfahrung im Menschen aufsteigt, dass das Dasein auf dem Planeten Erde eigentlich ein höheres Ziel hat. Das kann bekanntermaßen einige Inkarnationen des Mikrokosmos dauern, bis genügend Einsicht geboren ist, damit sich der Weg zu den höheren Sphären auf der Spirale der Evolution für das erkennende Bewusstsein abzeichnet. Heute haben sich die meisten Menschen als Mikrokosmos noch nicht bis an die Grenze seiner gegebenen Möglichkeiten entwickelt.
Für ein Erkennen der nächsten Schritte in dem Prozess der Weiterentwicklung muss sich vor allem das Begehren aus der Astralis von den materiellen Zusammenhängen mehr und mehr trennen, weil alle Versuche des Menschen, seine aus der vierten Astralis aufsteigenden Ideale hier auf Erden zu realisieren, in den Wechselwirkungen von Licht und Schatten im beständigen Werden und Vergehen zum Scheitern verurteilt sind. Allerdings kann der Mensch dabei erkennen, dass sich seine inneren Ambitionen, seine spirituellen Vorhaben möglicherweise in den metaphysischen Kraftfeldern realisieren lassen. So wendet er sich esoterischen Kreisen zu, die ihn mit den erforderlichen Informationen versorgen, und er bekommt z.B. über Meditation, holotropes Atmen, autogenem Training oder anthroposophische Methoden einen spürbaren Kontakt mit den astralen Welten des Kosmos. Mittlerweile steht zu diesen Themen eine umfangreiche Literatur zur Verfügung, über die sich eigentlich jeder lesebegabte Mensch recht gut informieren kann. So erweitert der Mensch sein Wissen über alle jenseitigen Möglichkeiten in den morphischen Feldern seines Mikrokosmos und des Kosmos.

Viele haben bei diesem experimentellen Suchen in den übersinnlichen Sphären einen Guru oder Meister gefunden, der sie in die nächst möglichen astralen Abhängigkeiten hinein führt. Das schenkt dem Wanderer zu den Sternen genügend Einsicht in die höheren Sphären, wobei ihm unmissverständlich deutlich gemacht wird, dass er in diesen Bereichen vor allem von seiner mikrokosmischen Resonanz geführt wird. Das heißt, solange der Mensch noch mit allen egoistischen Bestrebungen seine Aktionen bestimmt, wird er den egoistischen Kräften und Wesen der niederen Astralis begegnen, die ihn bereitwillig in jene Erlebensbereiche führen, in denen seine egoistischen Begehren befriedigt werden können. Dass er dabei gleichzeitig als Beute für seine scheinbaren Lehrer dient, die sich an den Emissionen seines Mikrokosmos erbauen, wird der Mensch nicht so schnell erkennen können. Erst wenn ihn diese scheinbar spirituellen Angebote auch nicht mehr befriedigen, wird er nach Wegen suchen, die ihn aus diesem jenseitigen Gewusel befreien können. In einer erneuten Inkarnation wird der neue Mensch dann mit einer weiter entwickelten Astralis das stoffliche Lebensfeld betreten. Dabei kann er von Kindesbeinen an die astrale Welt, die Ätherfelder und auch die stofflichen Erscheinungen sehen, wie es bislang nur ausgenommen wenige hellsichtige Medien können. Eines ist diesem neuen Menschen von Anbeginn ganz klar, das Leben der Welt entfaltet sich keinesfalls nur innerhalb der von den modernen Naturwissenschaftlern behaupteten materiellen Zusammenhänge der Natur. Er sieht alle Lebenszusammenhänge mit der Ätherwelt und mit der astralen Sphäre, soweit seine Astralis sich entwickelt hat, also auch alle darin wirkenden Wesen, die mit seinem Mikrokosmos resonant sind. Vor allem erlebt dieser Mensch, dass jenes Gebiet, das heute meistens als «Jenseits» bezeichnet wird, nicht jenseits seines Lebens ist, also auch nicht nur für die körperlich Verschiedenen existiert. Die transpersonalen Welten befinden sich nicht irgendwo in der Stratosphäre oder im Himmel zwischen den Sternen des Zodiaks, sondern die als jenseitig definierten unstofflichen Sphären durchdringen immer den ganzen Kosmos, auf und in der Erde. Dabei ist jeder Mensch stets von seinem Anteil «Jenseits», seinem aurischen Wesen im Mikrokosmos, umgeben und wird immer von den jenseitigen Kräften nach isomorpher Resonanz beeinflusst, auch dann, wenn es der Mensch ignorieren will und weiterhin auf die Parameter der dialektischen Naturwissenschaft pocht.

In seinen spirituellen Ambitionen werden mit Gewissheit neue Einsichten das Gelände bestimmen, in dem er sich umschauen wird. Auch in den Kraftfeldern der Religionen, des Schamanismus, des New Age, der theosophischen, anthroposophischen oder anderen esoterischen Gruppierungen, die ihn vordem angezogen haben, als er ihr wahren Strukturen noch nicht wahrnehmen konnte, erkennt er die unerfüllbaren Verheißungen. Ihm wird ganz deutlich, dass er sich auch diesbezüglich mit höchster Neutralität verhalten muss, damit er von den klebrigen Krakenarmen der spirituellen Institutionen nicht noch einmal eingefangen werden kann. So erklärt sich ihm das Kapitel über das Dienen bezüglich der kosmischen Evolution, das er schon mal in der Literatur bei einigen Autoren gefunden hat, mit einer neuen Brisanz. All seine inneren Bestrebungen und Wünsche werden sich angesichts seiner neuen allumfassenden Erlebnissphäre in diese Richtung entwickeln, weil jeder Gedanke, jedes Begehren und alle unbedachten Absichten über den Magnetismus im aurischen Wesen sofort seine Resonanz im Ätherfeld und in der Astralis bestimmen. Ein Mensch mit einer erhöhten Astralis erlebt natürlich alle Reaktionen aus dieser Sphäre völlig ungetarnt in einer ungeahnten Schnelligkeit, die mit Sicherheit gewöhnungsbedürftig ist. Denn schon im Ätherfeld rast das Werden viel schneller, als im materiellen Feld. Man sagt, es wäre 100 Mal schneller als im Stoff, und die Astralis ist noch einmal 100 Mal schneller. Das bedeutet eine sofortige Reaktion und Projektion der resonanten Wesen und Ereignisse, die der Kandidat Kraft seines Magnetismus angezogen hat.

Aber auch für die Mentalis wird sich eine prägnante Veränderung einstellen, weil jetzt auch die nächsten Mentalsphären von dem Kandidaten erfahrbar werden. Es ist hierbei kein Schauen oder ähnliches angesagt. Vielmehr entsteht ein inneres Empfangen komplexer Gedankenbilderfolgen direkt in der Mentalis, die sich dem aktuellen Tagesbewusstsein vermitteln. Paranoide Menschen, die nicht auf dieses Phänomen hingewiesen wurden, kann das innere »Hören« sehr stark irreführen. Aber auch dieses Empfangen wird von der isomorphen Resonanz bestimmt. Es macht Sinn, sich mit dem Vorgang »Denken«, einmal etwas genauer zu beschäftigen. Bevor ein Gedanke bewusst gedacht wird, halten sich seine sinngebenden Anteile, meistens als Bilder, in der Mentalis als Kumulies auf, die sich z.B. mit bestehenden Gedanken im aurischen Wesen verbinden. Sie werden von der Ambition des Gedankens vom Verstand angewählt und angezogen, dann mit allen anderen Anteilen kumuliert und als Sinngebilde «Satz oder Bild» ins eigene mikrokosmische Feld entlassen. Zunächst halten sich diese Gedankenkumulies im Atemfeld des eigenen Mikrokosmos auf. Wenn allerdings im Gespräch die Sätze/Gedanken hin- und hergehen, dann wandern diese mentalen Geschöpfe zum anderen Mikrokosmos, wo der innewohnende Mensch diese mit seinem Verstand aufnimmt und den sinngebenden Inhalt in sein Denken übernimmt, in seiner Mentalis kumuliert. Der Gedanke wird entsprechend seiner Bedeutung/Melodie in das morphische Gedächtnis der Mentalis des Empfängers resonant eingegliedert. So bevölkern die ausgetauschten Gedanken sowohl das Atemfeld des Sprechers als auch das des Zuhörers, und eine Kopie dieser Gedankenwolke entflieht in das kosmische morphische Feld mit der entsprechenden isomorphen Resonanz.

Diese morphischen Felder der Mentalis haben bereits in tiefer Vergangenheit durch indische Philosophen den Namen „Devachan“, bekommen, weil man sich in diesem Bereich das Aufenthaltsfeld der Devas (= Götter, positiv gut) und Asuras (= Götter, negativ böse) im irdischen Kosmos vorstellte. Das Kumulieren der mentalen und astralen Ausstrahlungen der Menschen hat über die Jahrtausende ihres Bestehens und Wirkens gewaltige, vollbewusste Wesen aus mentaler und astraler Energie geschaffen, die durch ihre Grundausrichtung entsprechend polarisiert sind. Einfach ausgedrückt, mörderische egoistische Gedankenkomplexe mit großem Selbstbewusstsein und großem Egoismus ziehen nicht nur analog vibrierende Ausdünstungen der entsprechend fühlenden und denkenden Menschen an, sondern sie stimulieren auch für ihre eigene Selbstbehauptung dafür empfängliche Mikrokosmen und dementsprechend polarisierte Wesen in der Astralis. So entsteht ein Kreislauf zwischen den egoistischen Menschen und den selbstsüchtigen Wesen und Konglomeraten in den morphischen Feldern des Kosmos Erde, die die reaktionären Tendenzen fördern, indem sie Eigensinn, Streit, Kämpfe und Kriege anzetteln. Das beständige Reproduzieren solcher Darstellungen in den Medien, in Fernsehfilmen – sei es als Dokumentation oder als erfundene Fantasy-Stories oder in Computerspielen – fördert diesen krankhaften Energieaustausch zwischen den Asuras und den Menschen seit Äonen (= langen Zeitabschnitten) auf allen Kontinenten.

Das gigantische Problem des jenseitigen Devachan mit seinen Asuras war bereits den historischen Autoren des Hinduismus bekannt. «Die Fürsten und Gewaltigen unter dem Himmel», wie sie von Paulus im NT genannt werden, oder «die Asuras» wie sie in den Veden als bösartige Götter bezeichnet werden, oder «Ahriman»,, wie es in der Religion des Zoroaster benannt wird, spiegeln dem verlangenden Menschen vor, dass die Natur-Seelen zukünftig heilig in den göttlichen Bereichen eines «paradiesischen Himmels» oder in «Brahman» ewig-seiend, selig und allwissend existieren werden. Damit wird das ganze Drama dieser Wechselwirkungen mit dem Devachan erst richtig deutlich. Jedes egoistische Bestreben, ob im Beruf oder innerhalb einer spirituellen Bewegung wird von den äonischen Kräften in den morphischen Feldern des Kosmos für ihre Selbstbehauptung gebraucht.

Für jene, die erfassen können, wie bei den verschiedenen Auseinandersetzungen im täglichen Allerlei die Gedanken und Gefühle zu den resonanten Kräften in den kosmischen Feldern strömen, entsteht die Frage nach einer Befreiung von dieser Ungeheuerlichkeit. Bei allen Diskussionen oder Gesprächskreisen, bei jedem Streit und bei jedem Kampf – auch bei allen ritualisierten oder für ein Schauspiel oder Video/Film inszenierten Kämpfe oder bei Kriegen ganz besonders – strömen die astralen und mentalen Emissionen aller Beteiligten völlig unkontrolliert in die astralen und mentalen Gedächtnisse des Jenseits, wo sie sich dort nach den Regeln der isobaren Resonanz in den entsprechenden morphischen Feldern des Devachan mit den Energiekumulies gleicher Vibration zusammen ballen. Um es ganz deutlich zu machen, alle weltweiten Kriegsgeräte-Hersteller und Waffen-Industrien und Filmindustrien, die in Hollywood, Bollywood, Korea, Japan, England, Frankreich, Italien, Deutschland, Tschechei, Russland, Brasilien usw. Krimis oder Kriegsdokumentationen früher analog und heute digital aufzeichnen, verkaufen nicht nur ihre kommerziellen Produkte, sondern sie erzeugen auch einen ungebrochenen Strom mentaler kriegerischer Energien für die Äonen und ihre Archonten. Dazu gehören selbstverständlich auch viele Produzenten von Baller-Komputerspielen in aller Welt mit ihrer tausendfältigen Belegschaft und einem jährlichen Milliarden Umsatz. Der entstandene Kriegsäon wächst schon seit zig tausend Jahren in einem derart gewaltigen Ausmaß, dass man es nicht zu denken wagt.
Alle diese Kräfte wenden sich natürlich wiederum permanent an die Menschheit. Auch jene Menschen, die nur mal einen streitsüchtigen Gedanken erwägen, werden von diesem unheiligen Magnetismus erfasst, und ihr flüchtiger Gedanke wird zu einer abscheulichen Tat aufgepuscht. Nach der Tat wundern sich Täter und seine Freunde, dass er zu so einer Tat fähig war. Es macht wenig Sinn, über diese, die Evolution der Menschheit bremsende Faktoren zu lamentieren oder sich ernsthaft davor zu ängstigen. Es gilt nur, sich zunächst dieser ätzenden Realität einigermaßen bewusst zu werden und höchst achtsam zu sein, um nicht ebenfalls von diesen Kräften in Anspruch genommen zu werden. Darum wird von nahezu allen Weisen der Welt stets angeraten, keinen Streit zu führen, bzw. sich aller Be- und Verurteilungen neutral zu enthalten.

Es gibt aber noch eine wesentlich prekärere Behinderung bei der kosmischen Evolution, die sehr viel schwieriger zu erkennen ist, weil das menschlich Gute und Humane von allen Kulturen gesellschaftlich vertreten wird. Es ist die Bindung von Milliarden gläubiger Menschen an die antiken Religionen. Dieser endlose Strom von spirituellen Gefühlen und Gedanken zum Ziele der egoistischen Erleuchtung, der Heilig-Werdung oder des persönlichen Eingehens in einen Himmel, ein Shambhala, ein Sommerland oder das Einswerden mit der integralen Seins-Seligkeit saccidananda in Brahman oder im Aufgehen in die universelle Leere mit der tibetanischen «Kalachakra-Meditation», bedeutet für die Menschheit ein unbarmherziges Gefängnis für einige Inkarnationen. Besonders durch die selbstsüchtigen spirituellen Ambitionen der Menschen entsteht für sie eine schier unüberwindliche Mauer zur natürlichen Evolution. Die damit aufgerufenen hinduistischen, buddhistischen Devas oder die christlichen oder islamischen Äonen sättigen sich an den Sehnsüchten der Gläubigen bei allen möglichen religiösen Aktivitäten.
Aber auch viele esoterischen, theosophischen und anthroposophischen Gruppierungen spenden ihren Anteil an diese gewaltigen metaphysischen Mächte. Die unheiligen Äonen unterstützen natürlich alle dafür mitwirkenden menschlichen Diener, Priester, Päpste, Lamas, Mullahs, Ayatollahs, Rabbiner, Rishis, Gurus, Brahmanen, Saddhus usw. in den Kirchen, Kathedralen, Tempeln und Stupas bei ihrem ritualisierten Wirken. Die Äonen sind dringend auf diese irdene Mithilfe angewiesen, weil gerade ihre Aktionen ununterbrochen die selbstbehauptenden astral-mentalen Ausdünstungen für ihren Selbsterhalt hervorbringen. Weil immer wieder Millionen von Menschen aus spiritueller Selbstsucht das gleiche «Heiligwerden» für sich und ihre «Brüder und Schwestern im Glauben» erflehen, weil sehr viele Menschen, unterstützt durch die weltumspannend wirkenden Medien plus Internet, immerzu die gleichen Gedankenbilder hegen und pflegen, wie z.B. bei den jährlichen heiligen Feiertagen, bei den gemeinsamen Gebeten und bei Prozessionen bzw. Pilgerfahrten von Abertausenden, insbesondere bei ritualisierten Events mit tausenden Mitwirkenden, wachsen die ahrimanischen Kräfte in den morphischen Feldern des Kosmos zu gigantischen Kraftfeldern, um die Menschheit als Ganzes zu knebeln und auszubeuten. Die Unkenntnis über diese beständigen Vorgänge in den unsichtbaren kosmischen Feldern führt zu einer beängstigenden Gefangenschaft.

Zudem füttern auch viele bürgerliche Veranstaltungen oder Events die reaktionären Kräfte im unsichtbaren Jenseits. Z.B. bei allen Sport- oder Musikevents werden gleich schwingende egoistische Sehnsüchte in Worten und Gefühlen massenhaft ins Jenseits ausgesendet, die sich dort in den entsprechend vibrierenden Feldern mit den bereits vorhandenen Kumulies verbinden und diese vergrößern, stets mächtiger machen. Ganz besonders wirksam dabei sind die Medien wie Fernsehen, Kino, Netflix, YouTube und andere Internetkommu-nities, mit denen die in aller Welt stattfindenden Ereignisse jedem User rund um den Globus präsentiert werden, damit auch jeder das Ereignis noch mit seinen eigenen Meinungen und Emotionen begleiten kann. Zudem füttern die vor allem auf eine persönliche «Beteiligung» und Identifikation mit den Stars in Popkultur und Sport gerichteten Gedanken- und Gefühlswolken täglich gezielt die morphischen Felder im Kosmos der auf dem materiellen Weltbild beharrenden Äonen und Archonten. Dabei sollte der Kenner dieser problematischen Situation keineswegs in Angst und Panik geraten, weil selbst die Nega-tion oder die Verärgerung die Asuras füttert. Vielmehr wäre gerade dieses besonders «neutral» zu bedenken, weil schon der Begriff «Jenseits» das Bedenken eigentlich in die Irre führt. Die unstofflichen Lebensfelder des Kosmos sind immer hier und im Jetzt über der Erde, auf der Erde, in der Erde und unter Erde wirksam, sonst gäbe es den Kosmos Erde, das Wesen Gaia überhaupt nicht. Die als Jenseits bezeichneten unstofflichen Sphären durchdringen immer den ganzen Kosmos mit allen darin lebenden Wesen, auch mit den sich auflösenden Mikrokosmen der «Toten». Nur weil das so ist, weil die morphischen Felder in der Materie, im Äther, in der Astralis, in der Mentalis und in den nirvanischen Feldern wirken, kann der Mensch leben, handeln, fühlen und denken. Nur darum, wegen der immateriellen Lebensfelder kann er sich für die interkosmische Evolution auf seine weitere Entwicklung und für ein neues Leben ausrichten. Nur darum vermag er die dafür sinnvollen Aktionen auch vollbringen, mit seinen Ambitionen erfassen, bedenken, emotional durchdringen und realisieren.

Jeder Mensch ist in allen Situationen seines stofflichen Daseins und auch danach, also nach dem Vergehen des materiellen Körpers, stets von seinen Anteilen «Jenseits» umgeben und wird immer von den transpersonellen Kräften durchströmt, also beeinflusst. Das könnte man als das «fundamental Böse» bezeichnen, was sich durch die Jahrtausende mit Predigten, Gebeten und Opfern von Millionen Menschen im mental-astralen Feld der irdischen Atmosphäre entwickelt hat. Ihrer Selbsterhaltung wegen mussten die ahrimanischen Kräfte die Menschen immer wieder in die gleiche Richtung animieren, damit diese die uralten Traditionen und religiösen Rituale bis in alle Zeiten fortsetzen. Natürlich werden die Menschen dafür beständig in Versuchung gebracht, immer und immer wieder die schönen Traditionen einzuhalten, die alten Feste der Väter zu feiern, die Denkmäler, Museen und Gedächtnisstätten zu pflegen, und in die Kirche zu gehen oder nach Mekka zu pilgern, wie es auch im Koran steht, damit diese „Fürsten unter dem Himmel“ ewig weiter existieren können.
Das bedeutet doch: Nur wenn die Menschen weiterhin in Unkenntnis über die wirklichen Zusammenhänge ihrer Lebenssituation gehalten werden, – die Pädagogik bzw. die häusliche Erziehung könnte bereits in der Jugend eine gewisse Aufklärung bewirken –, und dadurch von ihrer materiellen Sehnsucht und dem natürlichen Humanismus angestachelt werden, ihren kindlich naiv idealisierten Himmel als Endziel ihrer materiellen Persönlichkeit zu betrachten, wird die Nahrung der «Götter» weiter strömen. Wenn die Menschen die Realität der transpersonellen Lebensfelder in ihrem Mikrokosmos und im Kosmos mit allen Implikationen nicht akzeptieren können, werden die morphischen Felder weiterhin mit allen selbstbehauptenden Kräften gefüllt, die durch ihren steten Einfluss die interkosmische Evolution aufhalten. Und das scheinbar Böse kann die Menschheit mit allen raffinierten und subtilen Methoden immer wieder von ihrem Streben nach Freiheit von der materiellen Gefangenschaft abhalten. Da mit der Aquariusperiode in der Natur die Wendezeit angestoßen ist und die kosmischen Einflüsse die monadischen Impulse verstärken, kann die Entwicklung der Menschen richtig betrachtet nicht aufgehalten werden, auch wenn die Äonen bzw. Asuras das ernsthaft anstreben. Gegen die interkosmischen Impulse aus dem solaren System können die irdischen Äonen letztendlich nicht gewinnen.

«Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen», so wird es gelegentlich im christlichen «Vater Unser» gesprochen. Wer die persönliche Sünde oder ein anderes Verbrechen nach den gesellschaftlichen Regeln der Moral als Ursache des Bösen bezeichnet, wie es in allen Medienkanälen perpetuiert wird, hat den «Sack mit dem Esel» verwechselt, den der Esel tragen muss. Natürlich sollte der gesellschaftliche Umgang von Empathie und Mitgefühl getragen sein, und in diesem Sinne, den Anderen weder belästigen, noch behindern, noch gefährden oder sogar töten, denn kraft der Resonanz fällt das immer auf den Verursacher zurück. Meistens kommt der unerwünschte Reflex mit einer gewissen Zeitverschiebung zurück oder er erreicht ihn auf unbedachten Wegen. Man sollte sich einmal ernstlich fragen, warum in unserer Welt sexuelles Begehren in der Liebe oder sexuelle Zärtlichkeiten zwischen sich liebenden Partnern als Sünde erklärt wurden. Liegt dahinter nicht ein verborgenes Motiv des egoistischen, spirituellen Bemühens um Erleuchtung? Fast alle Priester der antiken Religionen und auch die Meister oder Gurus vieler esoterischen Gruppierungen streben in einem zölibatären Leben nach Heiligung oder Erleuchtung. Offensichtlich ist ihnen bekannt, dass für eine Erhöhung der Astralis im Mikrokosmos erforderlich ist, dass sich die männliche Dynamik mit der weiblichen Sanftmut in Harmonie befindet. Wem es gelingt, die beiden astralen Impulse – die männliche Kraft und die weibliche Sanftmut – harmonisch durch seine Persönlichkeit in allen Aktivitäten zu verwirklichen, wird von innen her getrieben und nicht anders können, als seinen Mitmenschen, die sich noch in Unwissenheit mit der Materie identifizieren, soweit zu dienen und zu helfen, wie es ihnen aus eigenem Antriebe möglich wird, ebenfalls dieses Gleichgewicht anzustreben. Es ist keineswegs auszuschließen, dass viele Menschen damit immer noch ein echtes Problem haben, denn Sex gehört zur Arterhaltung des Volkes und der Menschheit. Was kann daran Sünde sein? Für die mikrokosmische Weiterentwicklung sind die allseits akzeptierten Perversionen ein viel größeres Hindernis.

Das Problem des «Bösen» kann nicht mit den alten Vorbehalten und historischen Vorstellungen gelöst werden, denn es ist sozusagen ein Produkt der überholten Identifikation mit der materiellen Erscheinung. Alle darin eingebetteten philosophischen Betrachtungen haben die Menschheit in die Abhängigkeit von ihren egoistischen Äonen geführt. Die menschlichen Gelüste etc. als solche verursachen nicht das «Böse» Das Böse ist ein recht unklarer Begriff. Meistens wird er im Hintergrund für alles benutzt, was der Gesellschaft schadet. Aber das wird je nach Kultur und Zivilisation unterschiedlich verwendet, um das Volk im Rahmen der Gesetze friedlich bei der Stange zu halten. Jede Lebensgemeinschaft hat das Recht, ihr tolerantes Beisammensein und Zusammenleben nach eigenen Gefühlen und Ansichten zu ordnen. Allerdings sollte man dabei folgendes im Auge behalten. Es gibt einige universelle Gesetzmäßigkeiten in der Welt, die nicht von Menschen gemacht wurden, die also unabhängig von Staat, Kultur, Religion oder Zivilisation ablaufen. Da ist z.B. das «Werden in der Zeit». Alles im technischen Zeitalter läuft nach Terminen und Taktungen ab. Nahezu jeder Mensch in einer administrativ geordneten Welt richtet sich nach einer Uhrzeit. Auch wenn Politiker demokratisch darüber abstimmen, wann Sommer- oder Winterzeit zu sein hat, das «Werden in der Zeit» als solches läuft unbeirrbar weiter. In der Natur gibt es die kosmischen und die planetaren Rhythmen. Das Werden und Vergehen des materiellen Seins ist bis in die letzten Ecken mikroskopischer Details und atomarer Fluk-tuationen erforscht, ohne dass jemals ein Naturwissenschaftler das Leben als solches in der Materie finden konnte, auch wenn mit gigantischem Aufwand auch in den entferntesten stellaren Arealen auf seltenen Asteroiden danach gesucht wurde.

Der Wechsel von Tag und Nacht, von Dasein und Tod sind Kennzeichen der Bipolarität im materiellen Wirken. Licht und Schatten, die beiden Seiten der irdenen Lebensmedaille gehören zum materialistischen Sein; das Gute ist dabei immer der Auslöser seines Schlagschattens. Dieser wird vom Menschen dann als «Böse» bezeichnet, weil er prinzipiell eigentlich meistens das Gute angestrebt hat. Nun muss er sich mit dem Beseitigen des «Bösen» beschäftigen, was ihm unnütze Zeit und Energie raubt. Zumindest ist das sein persönlicher Eindruck. Er könnte das Ganze aber auch anders herum betrachten.
In der interkosmischen Evolution gibt es keine partielle Entwicklung, z.B. eine Evolution der materiellen Körper, wie sie von Darwin erforscht wurden. R. Sheldrake hat längst nachgewiesen, dass es kein Lebewesen im Stoff gäbe, ohne seine morphogenetischen Felder. Bei seinen Untersuchungen und Betrachtungen ist er sogar soweit vorgedrungen, dass es für das Leben in dieser Natur mindestens drei morphische Felder geben müsse. Ein morphogenetisches Feld für die materiellen Zusammenhänge, ein morphisches Feld für das Gefühlsgeschehen und eines für das deduktive Denken, Beschließen und Bewerten. Alle die Felder, in denen Gedächtnisinhalte wesen, bestimmen, lenken und dynamisieren sie das Leben. Auch das Zusammenleben auf der Erde und auch das Wesen Erde, eigentlich alle Planeten und Sterne und das ganze Universum werden von morphischen Feldern in den sie umfassenden Kosmen geleitet. Bei diesem Gedanken begegnen sich die Weltmodelle von Giordano Bruno mit seinen Monaden, die später noch einmal von Leibnitz aufgegriffen wurden, mit dem kosmisch-mikrokosmischen Modell der Theosophen A. Besant und C.W. Leadbeater, das später dann auch von den Rosenkreuzern unter Jan van Rijckenborgh vertreten wurde.

Diese drei weltanschaulichen Modelle zusammen genommen bestätigen weitergehende kosmologische Überlegungen auch anderer esoterisch-wissenschaftlicher Autoren, die sich zum Teil an die hinduistisch-buddhistischen Lehren anlehnen, und dabei den Gedanken der interkosmischen Evolution weiter entwickelt haben. Immer wieder wurde mit dem Beginn der Aquariusperiode von einer Wendezeit gesprochen, von dem Erscheinen eines kommenden neuen Menschen – Nietzsche nannte ihn den Übermenschen. Zunächst einmal wäre es sinnvoll, will man die kosmische Evolution richtig verstehen, alle Lebensfelder oder alle morphischen Felder in diese Betrachtungen mit einzubeziehen. Zumal sich die Materie niemals außerhalb des Ätherfeldes entwickeln kann und das zugehörige Ätherfeld ist direkt von der Astralis durchdrungen. Diese wiederum wird von der Mentalis stimuliert. Dann wird alles durchdrungen von den drei nirvanischen Feldern, die – von der Monade instrumentalisiert – das aurische Wesen in Kosmos bzw. Mikrokosmos leiten. Dabei werden alle mikrokosmischen Felder von den interkosmischen Feldern durchzogen, die sich bei entsprechenden Resonanzen mit diesen Kräfte austauschen.
In allen diesen Feldern wirken als die eine Grundenergie Bewusstheiten, die einerseits den einzelnen Feldern vibrationsmäßig zugeteilt sind und – so eigenartig es dem normalen Denken erscheint – sind diese unterschiedlichen Bewusstheiten anderseits ein einziges Bewusstsein in den Mikrokosmen und den Kosmen. Diese in ihre Felder eingebundenen Bewusstheiten sorgen für die notwendige Kommunikation miteinander, intern und extern, nach der lebendigen isomorphen Resonanz. Sie bilden dafür auch in ihren jeweiligen morphischen Feldern ein spezielles Gedächtnis. Das ist auch der Anlass für Rupert Shel-drake gewesen, in allen Lebewesen nach den morphischen Feldern zu forschen. Da diese mit ihren lebensnotwendigen Informationen über Generationen wichtige Befähigungen und Anpassungen der Mutationen beeinflussen und steuern. Bei seinen letzten Studien war ihm dann aufgefallen, dass die morphischen Felder stets wie eine Art Gewohnheit oder Erinnerung arbeiten. Eine solche stete Wiederbelebung vergangener Möglichkeiten widerspräche jedoch einer sich permanent entwickelnden Dynamik neuer Lebensformen. Beim beständigen Reflektieren bereits gespeicherter Informationen aus den morphischen Feldern kann sich eben nichts Neues entfalten, was von vielen Naturforschern bestätigt, jedoch beständig in der lebendigen Natur geschieht. Die komplexen Interaktionen in der Natur mit ihren beständigen Anforderungen an sich verändernde Situationen und Umgebungen lassen ein Überleben der Spezies nur mit erneuerten, angepassten Ausprägungen zu.

Wenn man die siebenfältige Struktur des Mikrokosmos und seine Führung durch die Monade bedenkt, dann erscheint die Lösung dafür eigentlich ganz einfach. Die hierarchisch gegliederten unteren morphischen Felder von Materie, Äther, Astralis und Mentalis sind in die drei höheren nirvanischen Felder eingebettet, und diese werden alle zusammen von den dynamischen Informationen der alles umfangenden Monade stimuliert. Sie, die Monade, ist der persönlich bezogene göttliche Aspekt des Daseins, der die Evolution im Einzelnen fördert, aber auch mit allen kosmischen Monaden zusammen die interkosmische Evolution ununterbrochen anfeuert.

Bei aller überpersonellen Beeinflussung des mikrokosmischen Daseins könnte man doch fragen, warum für diese Entwicklung eine materielle Person mit ihrem denkenden Wunderwerk überhaupt erforderlich ist. In Millionen von Jahren der materiellen Evolution wurde ein komplexes Gehirn mit den fünf Sinnesorganen und dem Verstand hervorgebracht, der eigentlich auch ein Sinnesorgan ist, mit dem die Gedanken erfasst und assoziiert werden.

Mit ihrem Wahrnehmen und Bedenken vermag heute jede einzelne Person in der Natur mit dem pluralistischen Geschehen die Spielregeln des Daseins zu erfassen. Die naturwissenschaftliche Forschung hat sehr viele wirkende Gesetze der Materie entdeckt und sogar in mathematische Gleichungen geformt. Trotz aller Widerstände aus dem materialistisch eingestellten Lager haben die Philosophen der Religionen und der Noetik die metaphysischen Zusammenhänge aufgeklärt und den daran interessierten Mitmenschen erklärt. Es wurden auch Methoden und Wege gefunden, wie z.B. Hypnose, Rebirthing, Yogatechniken und Meditation, wie im Einzelnen die unstofflichen Lebensfelder real erlebt werden können. Mit Hilfe zahlloser Berichten von Menschen, die die so bezeichneten «Nahtoderlebnisse» überstanden haben, konnten viele Fragen über das Weiterleben nach dem stofflichen Ableben beantwortet werden. So könnte heute rein theoretisch jeder davon überzeugt sein, dass sein Mikrokosmos ohne Sünde geboren in eine ewige Evolution eingebettet ist, in der niemals der Tod eintreten kann, wie er heute von der materialistischen Weltanschauung vertreten wird. Alle mentalen Höllenvisionen sind einer brutalen Fantasie entsprungen, die von Menschen und ihren Asuras erfunden wurden, um bei dafür resonanten Mitbürgern Angst auszulösen, damit diese leichter ausgebeutet werden können. Insbesondere die abrahamitischen Religionen haben damit ganze Zivilisationen unterdrückt. Aber auch die hinduistischen Brahmanen sind diesbezüglich nicht frei von unrühmlichen Ausbeutungstechniken. Jedoch sind alle mitmenschlichen Entwicklungen in die absolut freien kreativen Kontexte des natürlichen Systems der Evolution integriert, die den beteiligten Personen ihren ganz besonderen Erfahrungshorizont für ihre karmischen Bewegtheiten und darauf aufbauende Erkenntnisse ermöglichen.

Dabei hilft dem achtsamen Menschen das isobare Resonanzgesetz, sein mikrokosmisches Sein in allen Facetten zu erfassen und sich mit diesen tiefen Einsichten auf die weitere Entwicklung des Kosmos Erde auszurichten. Wer heute noch die feinsinnigen Regeln der christlichen Ethik sozusagen als Erziehungsknute umbiegt, macht sich leider selbst zum Dienstknecht der Äonen. Das umfassende Gesetz der «10-Gebote» kann nur richtig verstehen, wer diese so einfach erscheinenden Gebote mit den kosmischen Faktoren in der Abhängigkeit von der interkosmischen Evolution und ihren Resonanzgesetzen verknüpft. Und das darunter liegende Grundgesetz heißt: «Gib, so wird Dir gegeben!»
Dieses fundamentale Gesetz ist eigentlich allgemein bekannt. Leider wird es vielfach nur bei negativen Ereignissen zitiert, wie z.B.: «Wer einem anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.» oder wie es auf dem Lande heißt: «Wie es in den Wald hinein schallt, so schallt es auch heraus.» Die konstruktive Wirkung des Resonanzgesetzes wird heute für den persönlichen Erfolg im Beruf oder bei der Partnerwahl von kommerziellen Positivdenkern in aller Regel in kostspieligen Kursen trainiert. Dabei sollten die Studierenden dieser Regeln jedoch immer berücksichtigen, was möglicherweise von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, dass die morphischen Felder des Mikrokosmos mit den Feldern des Kosmos verlinkt sind, aus denen ungeahnte karmische Verbindlichkeiten aus mehreren Zusammenhängen in die komplementäre Resonanz des Einzelnen hinein spielen. Damit wird dann die Auswirkung des eigenen persönlichen Wunschdenkens auf den möglichen Magnetismus des Mikrokosmos stark eingeschränkt und wenig vorhersehbar und nicht so, wie es die Meister des Coaching oder des ZEN versprochen hatten. Wie die unterschiedlichen Yogamethoden zeigen, bedarf es schon einer geraumen Zeit, wenn nicht sogar einiger Jahre, um den eigenen Mikrokosmos von bereits vorhandenen unangenehmen und tief in den Feldern vergrabenen Abberationen und psychischen Reflexen zu reinigen, bevor sich das Wunschdenken wirklich positiv auf die eigene Entfaltung auswirken kann.

Jeder Mensch steht mit seinem ganzen Potential immer über sein aurisches Wesen mit der Monade in Verbindung, die jeden zu einem erfolgreichen Mitarbeiter für die kosmische Evolution zubereiten wird. Dafür werden alle Mikrokosmen und die innewohnenden Personen liebevoll durch ihre notwendigen Erfahrungen geleitet. Manche Ereignisse werden vom Menschen als sehr unangenehm oder erschreckend erfahren. Aber auch solche Geschehnisse sollten mit Bedacht und gut überlegt nach ihren Belehrungen abgefragt werden, weil der Mensch durch ein multiplexes Programm des Erwachens geführt wird. Sollte sich sein Mikrokosmos dann in die nächst höhere Astralis erheben, dann erwartet ihn die erste «paradiesische» Belohnung. Der Mensch erfährt sich in der Einheit mit allen Lebewesen der Natur als eine reale Umgebung, natürlich auch mit allen Konsequenzen der Resonanz. Kann sich die Person damit anfreunden und allen Hinweisen achtsam folgen, dann wird sich auch die Mentalis in einer weiteren Ansicht öffnen, wodurch der Mensch sich als Mittelpunkt im mentalen Feld des Kosmos, ja, des umfassenden Alls erfährt. Er wird der schauende Mittelpunkt des universellen Geschehens, auf das er seine Aufmerksamkeit lenken kann.

Dies entspricht der vielfach verheißenen Einweihung oder Erleuchtung. Nur sollte der «erwachte» Mensch aufmerksam zur Kenntnis nehmen, dass diese Entwicklungsstufen des Mikrokosmos weder das erwartete Endziel seiner Entwicklung noch das «Paradies» noch «Brahman» sind, auch wenn es ihm im Erleben dieser oft beschriebenen Stadien sehr bekannt vorkommt. Diese mikrokosmischen Entwicklungen sind nur eine absolut erforderliche Zubereitung des Magnetismus im aurischen Wesen für die erfolgreiche Mitarbeit in der kosmischen Evolution, wo für die entwickelten Mikrokosmen unüberschaubare Arbeit für die zahllosen Lebenswellen der Erde ansteht. Der Mitarbeiter für diese wahrhaft humane Beschäftigung kann nur dann erfolgreich vollzogen werden, wenn der Mikrokosmos/Mensch nicht mehr von den immer noch existierenden Äonen/Asuras angezogen werden kann. Natürlich arbeiten in dieser Rettungsarbeit alle Monaden und Wesen im metaphysischen Plan der Erde gemeinsam in einer vollkommenen Gruppeneinheit, in einer heiligen Hierarchie aller Monaden des solaren Systems. Um dieses Werk mit großer Sicherheit zum absoluten Erfolg zu bringen, hat sich die Christusmonade vor etwa 2000 Jahren in den Kosmos Erde eingesenkt. Denn ohne diese Unterstützung können wir es nicht vollbringen. Das ist das Geheimnis in der griechischen Mythe von Herkules und dem Augiasstall. Die wahrhaft gewaltigen Kräfte der Monaden und der für die Mitarbeit geeigneten Mikrokosmen entsprechen Herkules, und der Freund, der zu Hilfe geholt wird, ist der Christus.


PAK 5.11.2019


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Evolution

Gedanken zur Erhellung der Beziehung zwischen Evolution und Höherer Natur

Bevor sich in der westlichen materiellen Weltanschauung die Vorstellung von Fortschritt und Evolution in den metaphysischen Lebensfeldern anpassen kann, muss der Gedanke, dass die Welt statisch oder zyklisch bis zu einer Apokalypse abläuft, bei dem der Faktor Zeit nichts «Neues» hinzufügt, abgeklungen sein. Dass sich diese Sichtweise einer evolutionären Entfaltung aller kosmischen Lebensfelder nicht so schnell durchsetzen wird, hängt nicht zuletzt von allen daran mitdenkenden Menschen ab, und von den äonischen Kräften unter dem Firmament, die aus dem stetigen wieder Aufleben-Lassen der Vergangenheit ihre Kraft beziehen.

Seit undenklichen Zeiten wurde das Denken der Menschen auf subtile Weise durch andere Menschen, ihre Vergangenheit und ihre Umgebung informiert. In den modernen materialistisch orientierten Gesellschaften wurde diese Information als unwirklich und unwichtig unterdrückt. Dies wird nun anders: Die auf dem PSI-Feld basierende Information kehrt aus den tiefen Schlupfwinkeln des individuellen Unterbewussten und kollektiven Unbewussten zurück, um sich im Denken von mehr und mehr Frauen und Männern zu manifestieren. Sie erwachen zu der Tatsache, dass sie subtile Intuitionen und Bilder empfangen, die keineswegs Illusion sind, obwohl sie nicht durch die physischen Sinnesorgane aufgenommen werden. Sie suchen nach alten und neuen Wegen, um Zugang zu diesen Quellen der In-formation zu finden – durch Meditation, Yoga und andere überlieferte Methoden, und auch durch die Suche nach neuen Wegen, um in veränderte Erfassungszustände zu gelangen – durch Biofeedback, Psychotherapie sowie neu oder wieder entdeckte spirituelle Praktiken.


Sollte Dir ein Gedanke zu dem Text einfallen, dann schicke ihn mir bitte zu. ⇒ Vielen Dank.


Durch die Entdeckung, dass ihre Visionen oder Intuitionen kein Produkte ihrer Phantasie sind, sondern auch eine wissenschaftliche Erklärung haben, gewinnt die subtile, außersinnliche Information zunehmend an Bedeutung. Die Menschen können nach den Signalen suchen, die ihr Gehirn und ihren Geist erreichen, ohne schief angesehen oder für merkwürdig und okkult gehalten zu werden. Heute können sie diese Informationen ihrem wachen Bewusstsein gegenüber zugeben und erkennen, dass alle Menschen eng miteinander und mit der Biosphäre verbunden sind. Wenn eine kritische Masse von Menschen zu dieser Erkenntnis gelangt, dann wird das integrale Bewusstsein Sri Aurobindos, Jean Gebsers und Ken Wilbers eher zur Regel als zur Ausnahme werden; das kollektive Unbewusste C.G. Jungs bricht durch in die Welt alltäglicher Erfahrung.

Die Auffassung des spiritualisierten Bedenkens, das materielle Universum sei ein unwirklicher Traum (Maya), kann keinen absoluteren Wert haben als das des materialisierten Weltbildes, göttliche Offenbarung und die metaphysischen Sphären im Jenseits seien illusorische Gedanken. Im einen Fall ist das Denken, weil es nur auf die Realitäten der empirischen Sinneserfahrung eingestellt ist und Wirklichkeit auf das körperliche Dasein gründet, entweder nicht daran gewöhnt, andere Phänomene des Erfassens zu akzeptieren, oder unfähig, den Begriff Wirklichkeit auf transpersonale Welten auszudehnen. Im anderen Fall überträgt das selbe Denken, das zur überwältigenden Erfahrung unkörperlicher Wirklichkeit im Metaphysischen gelangt ist, einfach jene selbe Unfähigkeit und das daraus folgende Empfinden von Traum und Halluzination auf die tatsächlichen Wahrnehmungen der Sinne. Aber eigentlich kann man auch die Wahrheit anerkennen, dass beide Auffassungen den Zusammenhang der Realität und der Relativität entstellen. Es ist wahr, dass für diese Welt der stofflichen Form, in die die Menschen zu ihrer Selbst-Verwirklichung und -Erhöhung hineingestellt sind, nichts voll gültig ist, wenn es nicht durch das physische Erfassen in Besitz genommen und sich auf den niedersten Ebenen in Harmonie mit seiner Manifestation auf den höchsten Gipfeln und den tiefsten Tiefen geoffenbart hat. Ebenso wahr ist, dass materielle Gestaltungen, wenn sie als aus sich selbstseiende Wirklichkeit angesehen werden, eine Illusion in der Unwissenheit sind. Jede Form und alle materiellen Erscheinungen können nur eine zweckdienliche Gestaltung oder ein Produkt des Unkörperlichen bzw. Unmateriellen sein. Sie sind ihrer Natur nach ein Akt der Monade im Wesen des kosmischen Zusammenhanges und nach ihrem Zweck und Ziel die Darstellung des Zustandes der geistigen Prämissen.

Mit anderen Worten: Wenn das universelle Bewusstsein über die Monade und den Kosmos in die Form eingegangen ist und ihr Wesen in materieller Substanz dargestellt haben, kann das nur sein, weil es sich als kreative Manifestation in den Gebilden relativen und phänomenalen Bewusstseins offenbaren will. Das universelle Bewusstsein ist in dieser Welt, um allen Werten und Wesen der unüberschaubaren Vielheit des geoffenbarten Lebens die Entfaltung weiterer Individuen (Unteilbarkeiten) zu schenken. Leben existiert im universalen Bewusstsein, damit alle Entitäten das universelle Bewusstsein partiell in sich selbst entdecken können. Darum ist jeder Mensch in der Welt wichtig, damit er ihr zu jener Evolution von Bewusstsein verhilft, in der ihre Umgestaltung durch vollkommene Entdeckung der Gesetze in der Offenbarung möglich wird. Dem höchsten Sein, den Monaden im Kosmos im irdischen Leben bei der steten Evolution zu dienen, ist des Menschen Mensch-Sein. Dafür ging er hervor aus der animalischen Vitalität und entfaltete die organischen Voraussetzungen für ein wertendes Erfassen. Sein Ziel ist aber ein vollendetes Dasein in der offenbarten Vielheit aller sieben universalen Lebensfelder.
Wie im Denken, so ist auch im Leben das wahre Gesetz der Selbst-Verwirklichung ein stets fortschreitendes umfassendes Verstehen. Das universelle Bewusstsein bringt seine Kommunikation in allen sieben Lebensfeldern des Kosmos und Mikrokosmos zum Ausdruck. Das Leben muss sich bei seiner Selbst-Entwicklung in immer neue Sphären seines eigenen Wesens erheben. Wenn der Mensch aber aus Eifer für seine neuen spirituellen Errungenschaften beim Übergang von einem Bereich in den anderen, z.B. durch Askese oder Zölibat, das verwirft, was ihm bisher als Lebensbasis gegeben war, wenn ein Kandidat also beim Eintritt in ein gedachtes „spirituelles Leben“ das physische Leben im Stoff, wegwirft oder missachtet oder wenn der Mensch, angezogen von spirituellen Verheißungen, die irdischen Gesetze und die physischen Verbindlichkeiten zurückweist, wird sich keine heilige Erhöhung erfüllen, sondern es werden den widersachenden Kräften im Jenseits Genüge getan, die sich von den egoistischen Bestrebungen der Menschen ernähren. Dabei ist die Halbwahrheit und die scheinbare Vollkommenheit das wesentliche Argument. Der Mensch wird auf diesem Weg nicht vollkommen, denn sein Anstieg ist doch falsch, wenn er seine materielle Basis ignoriert, auch wenn er gerade das nicht glaubt. Wenn das Gewahrsein des Einen und seine verkündete Seins-Seligkeit einigen Menschen nach einem einmaligen materiellen Erleben frei gewährt wird und von anderen gleichzeitig „nicht erreicht“ wird, weil sie noch in dem Bemühen stagnieren, die himmlische Gnade zu erringen, steht der Prediger vor einem spirituellen Dilemma.

Um die menschlichen Möglichkeiten für ein transpersonales Leben einschätzen zu können, sollten die durch die zeitgenössische Wissenschaft aufgedeckten Fakten der Evolution mit den Zeugnissen der spirituellen Traditionen aus Ost und West kombiniert werden. Dafür muss sich der Mensch mit zwei grundlegenden Realitäten auseinander setzen: der gesamten Evolution der irdischen materiellen Formen, die seit einigen Milliarden Jahren andauert, und den transzendenten Formen der Existenz, die seit mehreren Jahrtausenden überall auf der Welt von Menschen erkannt oder erfahren wurden. Für eine spirituelle Evolution sowie eine Wiederverbindung mit der monadischen Schöpfung ist es zwingend notwendig, diese beiden Aspekte der irdischen Existenz zu integrieren.

In den zwei Jahrhunderten, in denen sich die Vorstellung des «Fortschritts» in einer Evolution im Westen durchsetzte, haben unter anderem die Philosophen Fichte, Schelling, Hegel, Solowjow, Berdjajew, Bergson, Whitehead, Samuel Alexander, C. Lloyd Morgan, Jean Gebser, Charles Hartshorne, Teilhard de Chardin und Sri Aurobindo versucht, das sich entwickelnde Universum in einer Beziehung zu etwas Grundlegendem, Ewigem oder Immerwährendem zu begreifen oder zu erklären. Jeder von ihnen hat auf seine Weise das gleichzeitige Erfassen von Natur und höherer Natur bekräftigt, indem er den Fortschritt der Welt – die Evolution – mit Geist, Gottheit, „dem allgegenwärtigen Ursprung“, dem universalen Bewusstsein, PSI-Feld, Tao oder einer anderen Form mit einer die Welt transzendierenden doch ihr innewohnenden Wirklichkeit in Verbindung brachte.

Lässt man nur eines der sieben Lebensfelder der irdischen Existenz außer acht, so bedeutet das für die Suche nach der einen Wirklichkeit, entscheidenden Fragen auszuweichen. Jeder, der sich heute bemüht, ein umfassendes Bild der Welt zu zeichnen, ohne ihre erstaunliche immaterielle Evolution mit einzubeziehen, würde sich selbst Scheuklappen anlegen. Und umgekehrt kann keine allgemeingültige Theorie der Entwicklung des Menschen in gutem Glauben die immensen Zeugnisse mystischer Erkenntnis sowie anderer metanormaler Fähigkeiten übersehen, die durch zeitgenössische Studien der Religion, der psychischen Forschung, anthropologische Untersuchungen des Schamanismus und anderer systematischen Nachforschungen über außergewöhnliche Erfahrungen offenbart wurden. Das sich entwickelnde materielle Universum und die höhere, metaphysische Natur, gleich wie man sie benennen mag, sind für uns heute zwei unausweichliche Tatsachen.

Die Aussage dieses Textes stützt sich auf verschiedene gedankliche Strömungen der Beziehung zwischen Evolution und metanormalen Wirklichkeiten:

  • Ansichten über Emergenz. Die Emergenz (lateinisch emergere „Auftauchen“, „Herauskommen“, „Emporsteigen“) ist die Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente, und dynamisiert das evolutionäre Prinzip des Neuen,
  • Vorstellungen einer evolutionären Übernahme und Einbeziehung bestehender Lebensformen (Unterordnung),
  • die Behauptung, dass sich neue Bewusstseinsformen zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten innerhalb der menschlichen Spezies entwickelt haben,
  • Lehren von Involution / Evolution.

Jeder Standpunkt liefert tiefgehende Einsichten, eine korrekte Terminologie und beachtliche philosophische Prinzipien über die Entwicklung des Menschen.

Das evolutionäre Prinzip des Neuen – das Emergenzprinzip

Samuel Alexander, C. Lloyd Morgan, C. D. Broad, Joseph Needham, Michael Polanyi und andere haben den Gedankengang entwickelt, dass die Evolution neue auftauchende Strukturen, Prozesse und Gesetzmäßigkeiten oder Gewohnheiten hervorbringt, die zuvor nicht existierten. Nach den meisten Versionen dieser Emergenz-Theorie können die neuartigen Gegebenheiten nicht aus den Bedingungen, Ereignissen oder Strukturen, aus denen sie erwachsen, abgeleitet oder vorher gesagt werden. Sie sind grundlegend neuartig und keine Umgestaltung bereits existierender Elemente. Sie unterscheiden sich qualitativ von allem, was vor ihnen war.
Das von den oben erwähnten Denkern entwickelte Konzept der Emergenz setzt die Existenz von Stufen voraus, das heißt Anteile der Welt, die durch ihnen eigene Qualitäten, Formen und Gesetzlichkeiten gekennzeichnet sind und aus anderen Bereichen hervorgehen. Trotz der recht unterschiedlichen Auffassungen unterstützen die Philosophen, die Emergenz und Neuartigkeit in der Entwicklung der Welt betonten, die Idee der evolutionären Transzendenz. Die Emergenztheoretiker ermutigen dazu, jene reduktionistischen und materialistischen Vorstellungen abzulehnen, die das Verstehen von Begebenheiten hemmen, die vom empirisch-wissenschaftlichen Standpunkt aus als anormal gelten – einschließlich jener außergewöhnlichen Erfahrungen, die eine neue evolutionäre Ordnung ankündigen.
Zahllose Heilige und Weise haben seit alters her eine Wirklichkeit beschrieben, die schon vor jeglichem Versuch, sie zu fassen, zu existieren scheint. Die Segnungen dieser ich-transzendierenden Ordnung spiegeln sich in der Sprache des Christentums als von Gott gegeben oder in der des Budddhismus als nicht-erreicht. Wie bringen wir die Erfahrung des ewigen Lebens mit der Vorstellung in Einklang, dass solches sich aus dem bestehenden Leben entwickelt?

Evolutionäre Subsumtion

Im Verlauf der Evolution bauten neue Lebensstufen auf den ihnen vorangehenden Lebewesen auf und subsumierten frühere Entwicklungen in ihre einzigartige Weiterentfaltung. So nimmt alles Lebende anorganische Elemente auf und verwendet sie zur Bildung organischer Wesen in Flora und Fauna. Nun sind die Menschen in ihren Funktionen viel komplexer als die ihrer Vorfahren aus der Tierwelt. Dabei entfaltete sich auch der Verstand, der von den biologischen Prozessen abhängig ist. Hegel sah einen analogen Prozess in der psychosozialen Entwicklung, und er bediente sich des Begriffs «aufheben» – was sowohl auf Vernichtung als auch Erhaltung hindeutet –, um die häufig auftretenden Subsumtionen von kulturellen Mustern durch ihre Nachfolger zu beschreiben. In der Dialektik der Geschichte wurden frühere Formen des menschlichen Verhaltens und Bewusstseins (Gestalten des Bewusstseins) zu höheren Stufen hin«aufgehoben».

Der indische Philosoph Sri Aurobindo hob diesen bedeutsamen Aspekt evolutionärer Wandlung hervor. Das entstehende Bewusstsein, das in Aurobindos Philosophie seinem Wesen nach gnostisch ist, nimmt die Lebensform, die es bewohnt, mit sich, um sie … auf eine höhere Ebene emporzuheben, [ihr] höhere Werte zu geben, aus [ihr] höhere Wirkmöglichkeiten hervorzubringen. Das tut [es], weil [es] offensichtlich nicht die niederen Töne des Lebens zum Schweigen bringen oder zerstören will, sondern sie einzubeziehen sucht, da die Daseins-Freude sein ewiges Anliegen ist und es darum die Methode seiner Musik sein muss, eine Harmonie der vielartigen Variationen zu komponieren und sich nicht nur an einer einzigen lieblichen, aber monotonen Melodie zu erfreuen. Weil [es] sie mit einer tieferen und feineren Bedeutung auflädt, erlebt [es] durch sie ein höheres Entzücken .. .
Nach Aurobindos Anschauung muss der Mensch, um seine spirituelle Entwicklung auf der Erde verwirklichen zu können, sein multiplexes Erbe der transpersonalen Felder im Mikrokosmos bzw. Kosmos annehmen und einschließlich aller physio-biologischen Prozesse und der entsprechend notwendigen organischen Ernährungskreisläufe übernehmen, anstatt sie über eine asketische Disziplin zu transzendieren.

Bestimmte Methoden, eine religiöse Transzendenz zu erreichen, grenzen verschiedene Fähigkeiten des Menschen aus – indem sie z.B. auch die Imagination oder den Intellekt gering schätzen, potentiell schöpferische Gefühle oder diese oder jene Tugend unterdrücken, eben weil der Begründer der Methode sie nicht befürwortete oder weil sie unsere physischen Energien durch Kasteiung drosseln. Wenn wir jedoch begreifen, dass wir die vielen Dimensionen unserer menschlichen Natur zu einer «Harmonie der vielartigen Variationen» vereinigen können, und wenn wir die Tatsache anerkennen, dass eine derartige Integration jenen Subsumtionen entspricht, die in früheren Stadien des evolutionären Fortschritts geschahen, so vermögen wir aus unserem reichen Erbe zu schöpfen und unser höheres Potential voll zu entfalten.

Kreativität ist die letztliche Wirklichkeit im Universum, für die alle Ereignisse, Kosmen, Wesen, Menschen und Dinge als Beispiele gelten. Das bedeutet, dass die grundlegenden Komponenten oder Qualitäten Ereignisse sind, Prozesse eines Werdens in den sieben Lebensfeldern. Alle subatomaren sowie astronomisch-makroskopischen Ereignisse geschehen in zusammenhängenden Gruppen. Sie weisen in allen Dimensionen organisierte und strukturelle Muster auf. Giordano Bruno zufolge schaffen die Monaden diese Muster und die strukturelle Vollständigkeit durch eine allen Dimensionen innewohnende Kommunikation, nämlich durch die universelle Bewusstheit, die sich in allen Kosmen, Makro- und Mikrokosmen für die Entfaltung der innewohnenden Galaxien, Sonne, Planeten, Menschen und Lebenswellen einsenkt. Damit können alle universalen Wesen andere Ereignisse erfassen und in Resonanz treten. Erfassen schließt nicht notwendigerweise eine sinnesorganische Tätigkeit ein, wie es beim Menschen ständig sowohl auf bewusster als auch unbewusster Ebene abläuft. Es bezieht jedoch den metaphysischen Kontakt mit anderen Einzelwesen oder Ereignissen mit ein, sowie die Resonanz mit ihnen. Wahrnehmen und Erfassen hat viele subjektive Formen, einschließlich „Gefühle, Wertungen, Zwecksetzungen, Zuneigung, Abneigung“. Durch Erfassen und Reflektion stehen alle Wesen mit allen anderen in Resonanz, aus denen sich das Universum zusammensetzt. Die Monaden aller Geschöpfe dynamisieren die Makro- und Kosmen und darüber auch alle Einzelwesen mit einem gewissen Ausmaß an Kreativität. Aus dieser Sicht steht jegliches Bewusstsein, jeder Kosmos bzw. Mikrokosmos in einer beständig sich entwickelnden Wechselbeziehung mit anderen – anorganischen, tierischen, menschlichen oder übermenschlichen – Kosmen, durch ein immaterielles Erfassen, durch resonante Kommunikation.

Da die Wahrnehmung der Welt durch den Menschen nicht nur oder nicht in erster Linie eine Sinneswahrnehmung ist, ist ein vom Sinnesapparat seines physischen Körpers getrennter Mikrokosmos immer noch zur Resonanz mit anderen Wesen fähig. Der in dieser Philosophie einbezogene und begründete panpsychische oder animistische Interaktionismus vermittelt uns ein Bild des Universums, das weitgehend mit der Schlussfolgerung übereinstimmt, dass alle Menschen zu einer weiteren metaphysischen Entwicklung fähig sind.

Die Evolution des Bewusstseins

In den letzten zweihundert Jahren wurde von Hegel, Bergson, Sri Aurobindo, Ken Wilber und anderen Philosophen der Gedanke dargelegt, dass das Bewusstsein der menschlichen Spezies in seiner Entwicklung fortschreitet. Die Vorstellung eines mehrstufigen Bewusstseins bestand natürlich schon zuvor; sie tauchte zum Beispiel in Platons Metapher der geteilten Linie (Der Staat, Sechstes Buch) auf, in Plotins Unterscheidung zwischen Nous und Dianoia sowie bei hinduistischen und buddhistischen Denkern seit der Zeit der Upanishaden. Moderne Philosophen wie Hegel und Bergson haben jedoch betont, dass im Verlauf der Evolution der Menschheit neue Stufen des Bewusstseins entstehen – so wie andere, auftauchende Merkmale des Universums.
Nach Hegel wird jedes Stadium der menschlichen Entwicklung im dialektischen Fortschritt der Geschichte aufgehoben und erhalten. In der «Phänomenologie des Geistes» ging er diesem fortlaufenden Prozess nach – vom Sklaven der Antike, der erfolgreich gegen die Schwierigkeiten der Natur ankämpfte, zum Stoiker, der die Freiheit in sich selbst, unabhängig von den Anforderungen der Natur, begründete, hin zum Skeptiker, der die Freiheit erwarb, indem er einschränkende Kategorien des Denkens auflöste, zum gläubigen Christen, der die Freiheit in einem «transzendenten Gott» entdeckte und zum modernen Intellektuellen, der sich die höchsten Prinzipien der Vernunft aneignet. In dieser Dialektik subsumieren die aufeinander folgenden Formen des Erfassens die ihnen vorausgehenden Formen der Erkenntnis.
Sri Aurobindo war der Ansicht, dass im Verlauf der menschlichen Geschichte völlig neue Formen des Erfassens, Bedenkens und Begehrens entstehen. Er beschrieb die Entwicklung eines höheren Denkens über mehrere Stufen bis zu der höchsten Entwicklung im Supramentalen, in dem sich die göttliche Einheit in der Vielheit ausdrückt, Individuen mit ihrem kosmischen Wesen in Einklang gebracht werden und das persönliche Begehren mit dem kosmischen Werden in Resonanz steht.
Die hierarchischen mentalen Stufen, die zum Supramentalen führen, werden charakteristischerweise in besonderen Formen außergewöhnlicher Handlungen ausgedrückt – das höhere Mentale in synoptischem Denken, das erleuchtete Mentale in mystischer Inspiration, das intuitive Mentale in religiöser Schöpferkraft und das Übermentale in weltveränderndem Wirken – während das Supramentale auf diesem Planeten erst noch verkörpert werden muss.

Involution / Evolution

Hegel, Henry James senior und Sri Aurobindo haben neben anderem den Gedankengang entwickelt, dass sich die Entfaltung dieser Welt auf das verborgene Wirken, das Hernieder-Steigen oder die Involution eines Höchsten Prinzips oder der «Göttlichkeit» gründet. Jeder dieser Philosophen nahm an, dass ein fortschreitender Ausdruck höherer Formen oder Qualitäten durch ihre insgeheime Existenz oder Immanenz in der Natur möglich wird. Nach Brunos Monadologie offenbart sich die höchste Offenbarungskraft siebenfach durch eine hierarchische Ordnung nach den Regeln der isobaren Resonanz. Alle Monaden, von der ersten Urmonade bis hinunter zu den menschlichen Monaden repräsentieren eine grundlegende Einheit über alle transpersonalen Kraftfelder, die in permanenter Kommunikation jede kreative Erneuerung in der Evolution an alle Wesen vermitteln. Alle Kraft- und Lebensaspekte werden ununterbrochen an alle reflektiert, so dass alle Entwicklungen eine nach der anderen in einem höheren Erfüllt-Werden aufgehoben werden.
Henry James senior entwickelte eine Synthese aus ethischem, sozialem und metaphysischem Denken, das sich weitgehend auf die Auffassungen Swedenborgs und der Neuplatoniker gründete. Für ihn ging der Evolution die Involution des Göttlichen in dieser Welt voraus. „Was auch immer ein Ding erschafft“, schrieb er, „gibt ihm Leben, in-volviert es, nicht umgekehrt. Der Schöpfer involviert das Geschöpf, das Geschöpf e-volviert den Schöpfer.“ In seinem metaphysischen Werk Substance and Shadow (1863) schrieb Henry James:
„Nach Swedenborg – kurz gesagt – erschafft uns Gott oder gibt uns Leben, indem Er sich vollendet in unserer Natur verkörpert. – Folglich ist eindeutig zu schließen, dass sich das göttliche Wirken in der Schöpfung aus zwei Bewegungen zusammensetzt: die eine … erschaffend, uns das ursprüngliche Wesen oder die Identität gebend, die andere … erlösend, eine Bewegung der Verklärung, die uns die weitestreichende individuelle oder spirituelle Entwicklung von unserem niederen Ursprung aus schenkt.
Die vorausgehende Bewegung, das Herniedersteigende, Ruhende, das eigentlich Erschaffende – gibt uns das natürliche, eigentliche Selbst oder Bewusstsein, ein Bewusstsein der Trennung von Gott, von einer uns innewohnenden und unabhängig von Ihm bestehenden Kraft. Die nachfolgende Bewegung – das Aufsteigende, Dynamische und eigentlich Erlösende – schenkt uns spirituelles Bewusstsein, ein Bewusstsein der Einheit mit Gott.“

Die mineralische Form ist folglich die früheste oder niedrigste Entwicklung des Ich. Es ist das Ich in einem äußerst trägen Zustand, einem passiven Zustand oder einfach einem Zustand der Ruhe. Es ist das Ich, das zuerst einen Platz oder einen Standort erhält für seine nachfolgende Erfahrung des Wachstums in der pflanzlichen Form, der Bewegung in der tierischen und des Handelns in der menschlichen Form. Die Natur ist nur ein Echo des Mikrokosmos und spiegelt daher nur jenes von der göttlichen Schöpfung und Vorsehung, was über die Monade mit dem Wesen selbst über die beiden Ströme zur Pinealis und zum Herzen verbunden werden kann. Trotz der deutlichen Unterschiede in den Philosophien kann die Ansicht vertreten werden, dass die interkosmische Evolution aus einer vorausgehenden Involution der Monaden hervorgeht.
Die sichtbare materielle Welt kann als Emanation der göttlichen Monaden bzw. Mikrokosmen oder Kosmen angesehen werden, die in einen dynamischen Prozess des Werdens innerhalb der sieben Lebensfelder die überwältigende Herrlichkeit der universellen Offenbarung auch in der äußeren Welt schöpferisch zu offenbaren sucht. So gesehen kann man die «sichtbare Natur» auch «insgeheim als Gott» betrachten und erkennen, wie die Höchste Wirklichkeit im Wandel der Zeiten immer vollständiger auf dieser Welt in Erscheinung tritt. Die Konzeption der Kette der Wesen, die Gesetze der Kontinuität und Fülle, auf denen sie beruhte, die wachsende optimistische Weltanschauung, die sie begründen half, und die geltende Biologie begründen nämlich das Eindringen der Zeit in die Kette der Lebewesen. Die Schöpfung wird immer seltener als die Beschreibung eines fertigen Bestandes angesehen, sondern als ein kreatives Programm der Natur verstanden, welches allmählich und in langen Zeiträumen der kosmischen Geschichte verwirklicht wird. Alle möglichen Dinge verlangen nach Verwirklichung, aber nicht allen wird sie zur gleichen Zeit gewährt. In der nächsten Evolutionsstufe wird das menschliche Erfassen und Bedenken sich von der ego-gebundenen weg und zur transpersonalen Form hin bewegen. Dies wird eine größere, ja in der Tat eine bedeutsame Evolution sein, aber wie alle Evolutionen vor ihr wird auch sie nicht plötzlich und im Geist aller Menschen gleichzeitig stattfinden. Sie wird wohl in einem allmählichen Prozess ablaufen. Durch eine neue Erkenntnis oder eine Offenbarungserfahrung kann die Transformation des Bedenkens einzelner Menschen schnell geschehen, aber das Bewusstsein einzelner Spezies wird einige Zeit brauchen, um sich in der ganzen Welt zu verbreiten.

Die Fülle der Spekulationen zeigt, welch reiches Gebiet für philosophische Untersuchungen entsteht, wenn die interkosmische Evolution im Zusammenhang mit intuitiver Erkenntnis und Erfahrung eines höchsten Prinzips oder der Göttlichkeit (Unerfassbarkeit, Ewigkeit, Heiligkeit) betrachtet wird. Viele der Einsichten dieser Philosophen deuten darauf hin, dass die Verbindungen zwischen übernatürlichen Dimensionen der Existenz und den Entwicklungsprozessen dieser Welt reif sein könnten für ein neues Verständnis des kosmischen Werdens.
Wenn die Menschheit nicht sich und ihre Umwelt zerstört, dann wird im Laufe der Zeit ein weiter entwickeltes Erfassen der Welt eher die Realität als die Ausnahme sein. In einer Art von Ansteckungsprozess wird es sich vom weniger weit zum weiter entwickelten Denken hin ausbreiten. Ein entwickeltes Bewusstsein ist, wie wir wissen, höchst „infektiös“ – es steckt die Menschen an, deren Denken noch weniger weit entwickelt ist, ganz ähnlich wie die Denkweise und die Erkenntnis eines fortgeschrittenen Meisters die Denkweise und die Erkenntnis seiner Schüler „anstecken“. Schließlich wird der größte Teil der Menschheit zum transpersonalen Erleben hinreifen, um dann vor dem darauf folgenden Schritt in der interkosmischen Evolution zu stehen.

Aufbruch ins dritte Jahrtausend

 

Von der Zukunft der fantastischen Vernunft

Prägnante Auszüge aus dem Buch, Scherz Verlag 1962, und einige Kommentare zu den Textpassagen, die meinem aktuellen Informationsstand widersprechen.

«Unser Jahrhundert wird etwas erleben, das noch bedeutsamer ist als das Aufkommen des Buddhismus. Von jetzt an geht es nicht mehr darum, die menschlichen Fähigkeiten in den Dienst dieser oder jener Gottheit zu stellen. Die religiöse Kraft der ganzen Welt ist es, die in uns eine entscheidende Krise durchmacht: die Krise ihrer eigenen Entdeckung. Wir fangen an, ein für allemal zu begreifen, dass die einzige für den Menschen annehmbare Religion diejenige ist, die ihn zunächst einmal lehrt, das Universum, dessen wesentlichster Teil er ist, zu erkennen und zu lieben und ihm voller Hingebung zu dienen.»

G. Boujus Ansicht nach war Evolution nicht gleichbedeutend mit Transformismus, sondern eine integrale, aufwärts strebende Kraft, die die psychische Dichte unseres Planeten ständig erhöht und ihn allmählich befähigt, Verbindung mit den geistigen Bezirken anderer Welten aufzunehmen und sich der Seele des Kosmos selbst zu nähern. Die Menschheit war für ihn keineswegs am Ende ihrer Laufbahn angelangt, sondern strebte in aufsteigender Linie über ein kollektives Leben und die allmähliche Bildung einer einheitlichen Seelenstruktur dem Zustand eines Überbewusstseins zu. Er erklärte, der Mensch sei noch nicht vollendet und gerettet, doch die Kondensationsgesetze der schöpferischen Energie berechtigten uns zu ungeheuren Hoffnungen von kosmischem Maßstab. (Seite 17)


Sollte Dir ein Gedanke zu dem Text einfallen, dann schicke ihn bitte mir zu.  Vielen Dank.


Bevor man sich an die Ausführung eines solchen Buchs begibt, muss man seine Gedanken weit nach rückwärts und weit nach vorwärts ausschicken, um so die Gegenwart zu verstehen. Ich, L.Pauwels, stellte fest, dass die Menschen, die ich bis vor kurzem ablehnte, weil sie ganz einfach «modern» waren, mir auch jetzt nicht sympathischer wurden. Nur hatte ich sie aus einer falschen Einstellung heraus verurteilt. In Wirklichkeit sind sie deshalb bemitleidenswert, weil ihr Denken einem viel zu kleinen Zeitabschnitt verhaftet ist. Kaum haben sie angefangen zu existieren, so sind sie bereits wieder hinter ihrer Zeit zurück. Um wahrhaft gegenwärtig zu sein, muss man ein Zeitgenosse der Zukunft werden. Und selbst die fernste Vergangenheit noch lässt sich als Brandungswelle der Zukunft erkennen. Von dem Augenblick an, da ich begann, die Gegenwart zu befragen, wurden mir die erstaunlichsten und verheißungsvollsten Antworten zuteil. (Seite 25)

Kommentar: Wer sich der Zukunft mit seiner ganzen Persönlichkeit weihen will, muss alle Vorstellungen, Vorbehalte und vor allem alle irgendwie gearteten Traditionen und Tabus eindeutig von weisen und auch nicht mehr in seinem Unbewusstsein ernähren!

Die letzten Untersuchungen auf dem Gebiet der Psychologie (1960?) scheinen das Vorhandensein eines Zustands zu beweisen, der weder dem Schlafzustand noch dem Zustand des Wachseins gleichzusetzen ist. Es handelt sich um einen Zustand erhöhten Bewusstseins, in dem der Mensch in den Besitz verzehnfachter geistiger Fähigkeiten gelangt. Der Tiefenpsychologie, die wir der Psychoanalyse verdanken, fügen wir heute eine Höhenpsychologie hinzu, die uns den Ausblick auf eine mögliche Überintellektualität eröffnet. Das Genie wäre demnach eine der Etappen auf dem Wege, den der Mensch in sich selber durchlaufen muss, um zum Gebrauch seiner Gesamtfähigkeiten zu gelangen. Wir wenden in einem normalen Leben nicht den zehnten Teil der uns möglichen Aufmerksamkeit und Intuitionsfähigkeit, der uns möglichen Beobachtungs-, Erinnerungs- und Koordinationsgabe an. Es ist durchaus denkbar, dass wir binnen kurzem die Schlüssel finden oder wiederfinden, mit deren Hilfe wir Türen aufschließen können, hinter denen uns eine Unzahl von Erkenntnissen erwartet.
Der Gedanke einer bevorstehenden Mutation der Menschheit in diesem Sinne gehört nicht in den Bereich okkultistischer Träume, sondern in den der Wirklichkeit. Zweifellos gibt es bereits Mutanten unter uns oder doch jedenfalls Menschen, die schon einige Schritte auf dem Weg zurückgelegt haben, den die Menschheit als Ganzes eines Tages einschlagen wird. Wenn bestimmte untergegangene Kulturen bereits profunde Kenntnisse über das Wesen der Materie und der Energie und über die Gesetze, die das Weltall regieren, gehabt haben und wenn Fragmente dieser Kenntnisse über alle Zeitalter hinweg bewahrt wurden (eine Annahme, die uns keineswegs als gesichert erscheint), so konnte die Überlieferung dieser Kenntnisse nur durch höher geartete Geister und in einer Sprache bewerkstelligt werden, die der Allgemeinheit zwangsläufig unverständlich sein musste. (Seite 70)

Kommentar: z.B. die architektonisch eingebauten Aussagen in der großen Pyramide von Gizeh, die nur über mathematisch-kabbalistische Vergleiche ermittelt werden konnten! Axel Klitzke, Pyramiden: Wissensträger aus Stein.

Ashoka, der sich zum Buddhismus bekehrte, verbreitete durch das Beispiel seiner eigenen Tugend diese Religion in Indien und in seinem gesamten Herrschaftsgebiet, das sich bis zum Malaiischen Archipel, Ceylon und Indonesien erstreckte. Von hier aus eroberte der Buddhismus Nepal, Tibet, China und die Mongolei. Aschoka respektierte indessen alle religiösen Sekten. Er predigte eine vegetarische Lebensweise, verbot den Alkoholgenuss und schaffte die Tieropfer ab.

Kommentar: Doch wie verhält sich die heutige Menschheit? – Ungezählt sind die Tonnen toter Tiere, die von der Menschheit jährlich verzehrt werden. Wie verhält es sich mit dem Gebot des Moses: Du sollst nicht Töten!. Ungeachtet aller weisen Ratschläge wird weiter gemordet.

H. G. Wells schreibt über ihn in seiner Short History of the World:
«Unter den Zehntausenden von Herrschernamen, die sich in den Spalten der Geschichtsbücher aneinanderreihen, leuchtet der Name Aschoka wie ein Stern in einzigartigem Glanz.» Man berichtet, dass Kaiser Aschoka, der über die Schrecken des Krieges unterrichtet war, die Absicht hatte, den Menschen auf immer den Gebrauch der unheilvollen Intelligenz zu untersagen. Unter seiner Herrschaft wird die Naturwissenschaft mit ihren vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Erfindungen ins Gebiet des Geheimnisses verbannt. Von nun an verbergen sich die Forschungen auf allen Gebieten, von der Struktur der Materie bis zur Technik der Massenpsychologie, hinter dem mystischen Antlitz eines Volkes, von dem die Welt glaubt, es beschäftige sich nur mit Ekstase und übernatürlichen Dingen, und sie sollten zweiundzwanzig Jahrhunderte lang dahinter verborgen bleiben. Aschoka begründet die mächtigste Geheimgesellschaft der Erde: die der Neun Unbekannten. Es wird weiter berichtet, dass die großen Männer, die das Schicksal des modernen Indien bestimmen, und ebenso Gelehrte wie Bose und Ram, an die Existenz der Neun Unbekannten glauben und Ratschläge und Botschaften von ihnen empfangen.  (Seite 81)

Nach jahrzehntelanger Sammlung von Zeitungsartikeln besonderer Art machte sich Charles Fort eines Tages klar, dass seine ganze bisherige riesige Arbeit völlig sinnlos war. Er ahnte, dass er nur auf der Stelle getreten war und immer noch vor der Tür zu jenen Räumen stand, die er unbewusst suchte. Er hatte seine wahre Natur entdeckt. Dieser leidenschaftliche Sammler ungewöhnlicher Tatsachen war in Wirklichkeit ein Fanatiker hoher Ideen. Was hatte er im Verlauf dieser «verlorenen» Jahre unbewusst ins Werk zu setzen begonnen? Nichts anderes als einen Angriff gegen eine der großen Mächte des Jahrhunderts gegen die Überzeugung der zivilisierten Menschen, dass sie alles über diese Welt, in der sie leben, wissen.
Und warum hatte Charles Hoy Fort sich so schamhaft verborgen gehalten?  – Weil schon die leiseste Anspielung auf die Tatsache, dass es in dieser Welt noch ungeheure Bereiche des Unbekannten gibt, die Menschen unangenehm berührt und verwirrt. Charles Hoy Fort hatte sich verhalten wie ein Erotomane: halten wir unsere Laster geheim, damit die Gesellschaft nicht in Wut gerät, wenn sie merkt, dass die meisten Ländereien des Wissens noch brach liegen. Seine Aufgabe war es, von nun an ein wahrhaftes, ein revolutionäres Werk zu vollbringen. Die wissenschaftliche Erkenntnis ist nicht objektiv. Sie ist, genau wie die Zivilisation, eine Verschwörung. Man verwirft eine ganze Anzahl von Tatsachen, weil sie die festgelegten Vernunftschlüsse stören würden. Wir leben unter einer Inquisitionsherrschaft, und die Waffe, die sie gegen unliebsame Tatsachen am häufigsten anwendet, ist die von höhnischem Lachen begleitete Verachtung. (Seite 173)

Was ist unter diesen Umständen die Erkenntnis? «In der Topographie der Intelligenz», schrieb Fort, «könnte man die Erkenntnis als die von Gelächter verdeckte Unwissenheit bezeichnen.» Man sollte also zusätzlich zu jenen Freiheiten, die uns durch die Verfassung garantiert sind, noch weitere fordern: die Freiheit, an der  Wissenschaft zu zweifeln. Die Freiheit, die Evolutionstheorie in Frage zu stellen, oder die Drehbewegung der Erde, die Existenz der Lichtgeschwindigkeit, das Gravitationsgesetz und vieles andere. Alles, nur nicht die Tatsachen. An sie soll man glauben. Und zwar nicht an sorgfältig ausgewählte Tatsachen, sondern an alle, so, wie sie sich uns darbieten mitsamt all ihren bizarren Nebenerscheinungen und unwahrscheinlich wirkenden Einzelheiten. Wir dürfen nichts, was real ist, von vornherein verwerfen: eine zukünftige Wissenschaft wird unbekannte Verbindungen zwischen Fakten entdecken, die uns heute beziehungslos erscheinen. Die Wissenschaft hat es nötig, einmal von einem ungläubigen, heißhungrigen, wilden Geist kräftig durchgeschüttelt zu werden. Die Welt braucht eine Enzyklopädie der verschmähten Tatsachen, der verbannten Realitäten. «Ich fürchte, man muss unserer Zivilisation neue Welten entgegenstellen, in denen auch weiße Frösche ein Lebensrecht haben.» (Seite 174)

Kommentar: Die Menschheit muss erwachen und begreifen, dass sie aus feinstofflichen Kraftebenen gelebt wird. Der Mond scheint auch dann, wenn man ihn nicht sieht!

„Aber entschiedener noch ist die wahre Geschichte jene vom Fortschritt des Menschen in seiner Geistigkeit. Die Aufgabe der Menschheit ist es, dem geistigen Menschen zu helfen, sich zu entwickeln und zu verwirklichen, ihm, wie die Inder es in einer wunderbaren Formulierung ausdrücken, dabei zu helfen, das zu werden, was er ist. Die äußerlich sichtbare Geschichte allerdings, die Geschichte der Oberfläche, ist nichts als ein Beinhaus. Wäre die Geschichte wirklich nichts anderes, so müsste man das Buch zuschlagen und auf die Auslöschung allen Bewusstseins im Nirwana hoffen… Aber ich möchte doch glauben, dass der Buddhismus nicht recht hat und dass die wahre Historie etwas anderes ist.“  René Grousset

Auch der Physiker, der Chemiker, der Biologe und der Psychologe haben im Verlauf der letzten fünfzig Jahre große Erschütterungen erfahren und sind auf ihren «Schattensteinbrech» gestoßen. Aber sie zeigen heute nicht eine so rastlose Unruhe wie der Historiker. Sie arbeiten, sie schreiten vorwärts, ja, man bemerkt gerade in diesen Wissenschaften eine außerordentliche Vitalität. Man vergleiche nur die Spinnengewebe Spenglers oder Toynbees mit der stürmischen Bewegung der Kernphysik. Die Geschichte ist ins Stocken geraten. Es gibt zweifellos viele Gründe für diese Erscheinung, einer jedoch erscheint uns als der einleuchtendste: Während der Physiker und der Psychoanalytiker den Gedanken aufgegeben haben, dass die Wirklichkeit notwendigerweise die Vernunft zufriedenstellen müsse, und sich der Realität des Phantastischen zugewendet haben, verharrt der Historiker noch immer im kartesianischen Denksystem. Dieses Verhalten wird oft durch eine gewisse politische Zaghaftigkeit bestimmt. Man sagt, die glücklichen Völker hätten keine Geschichte. Aber die Völker, die zu ihren Historikern keine Freischärler und Poeten zählen, sind mehr als unglücklich: sie sind erstickt und verraten. Indem der Historiker dem Phantastischen den Rücken kehrt, wird er gelegentlich zu phantastischen Irrtümern verleitet.  (Seite 271)

«Ich freue mich, dass Sie wieder auf diesen Vergleich zurückkommen», sagte Cotgrave, «denn ich wollte Sie fragen, welche Erscheinungen auf dem Gebiet des Menschlichen wohl diesen phantastischen Wundertaten der Dinge, die Sie erwähnen, entsprächen. Also mit anderen Worten: Was ist nun eigentlich Sünde? Ich möchte gern, dass Sie mir das endlich an einem konkreten Beispiel erläutern.»
Jetzt zögerte Ambrose zum ersten mal. Dann begann er: «Ich sagte es Ihnen schon, das wahrhaft Böse ist selten. Der Materialismus unserer Epoche, der so viel dazu beigetragen hat, die Heiligkeit zu unterdrücken, hat vielleicht noch mehr dazu vermocht, das Böse auszurotten. (Komm.: in die feinstofflichen Verstecke zu verdrängen!) Wir fühlen uns so behaglich auf dieser Erde, dass wir gar keine Lust verspüren, von hier aus hinauf oder hinab zu steigen. Es hat ganz den Anschein, als sei die Arbeit der Höllenforscher heute rein archäologischer Natur.» (Seite 301)

Bulwer-Lytton gab vermittels einer romanhaften Fabel Zanoni seiner Gewissheit Ausdruck dass es Wesen gibt, die mit übermenschlichen Kräften begabt sind. Diese Wesen werden uns einstmals ersetzen und die Auserwählten der menschlichen Rasse einer außerordentlichen Mutation zuführen.
Wir müssen diesen Gedanken einer Mutation der menschlichen Rasse im Auge behalten. Wir werden ihn bei Nietzsche wiederfinden, und er ist selbst heute noch nicht erloschen. Desgleichen müssen wir auch dem Gedanken des «Unbekannten Übermenschen» unsere Aufmerksamkeit widmen. Man findet ihn in der gesamten schwarzen Mystik des Orients und des Okzidents. Existieren sie, diese Bewohner unterirdischer Gefilde oder diese Wesen, die von anderen Planeten gekommen sind? Diese Riesenmenschen, ähnlich jenen, die, in einen goldenen Panzer gehüllt, in den tibetanischen Grüften ruhen? Oder auch diese ungestalten und schreckenerregenden Geschöpfe, wie Lovecraft sie beschreibt und die in den heidnischen und luziferischen Riten beschworen werden?
Wenn Machen von der Welt des Bösen spricht, der «Welt der Höhlen mit ihren Bewohnern der Dämmerung», so bezieht er sich mit diesen Worten als Adept des Golden Dawn auf die «andere Welt», jene Welt, in welcher der Mensch mit den unbekannten Übermenschen in Beziehung tritt. Wir erwähnten die Golden Dawn und die deutsche Vril-Gesellschaft. Wir werden noch auf die Thule-Gesellschaft zu sprechen kommen. Zwar sind wir nicht auf den abwegigen Gedanken verfallen, die Geschichte lediglich durch das Wirken von Geheimgesellschaften erklären zu wollen, aber seltsamerweise werden wir doch feststellen müssen, dass alle diese Dinge ineinander greifen und dass es tatsächlich jene «andere Welt» war, die mit Hilfe des Nationalsozialismus einige Jahre lang geherrscht hat. Sie ist noch nicht besiegt. Und nicht das ist erschreckend, sondern erschreckend ist nur unsere Unwissenheit. (Seite 305)

Zur gleichen Zeit geschah es, dass eine außergewöhnliche Persönlichkeit, Rudolf Steiner, in der Schweiz die anthroposophische Gesellschaft begründete, die auf dem Gedanken beruht, dass das gesamte Universum im menschlichen Geist enthalten ist und dass dieser Geist eine Aktivität erreichen kann, die mit dem, was die offizielle Psychologie hierüber sagt, in keinem messbaren Verhältnis steht. Rudolf Steiner war überzeugt, dass es eine schwarze und eine weiße Form der «magischen» Forschung gebe. Seiner Ansicht nach hatten die Theosophie und die verschiedenen neu-heidnischen Gesellschaften ihren Ursprung in der großen unterirdischen Welt des Bösen und kündeten ein dämonisches Zeitalter an. Darum bemühte er sich, eine moralische Doktrin in seine eigene Lehre einzubauen, nach der die «Eingeweihten» gehalten waren, sich nur der positiven Kräfte zu bedienen. Er wollte eine Gesellschaft der Wohlmeinenden begründen.
Wir wollen hier nicht die Frage aufwerfen, ob Steiner recht oder unrecht hatte, ob er im Besitz der Wahrheit war oder nicht. Bemerkenswert aber ist, dass die ersten nationalsozialistischen Gruppen Steiner offenbar als ihren Feind Nummer eins betrachteten. Die «alten Kämpfer» sprengten gewaltsam die Zusammenkünfte der Steinerianer, bedrohten die Anhänger der Bewegung mit dem Tode, zwangen sie zur Flucht aus Deutschland und setzten im Jahre 1924 in Dornach in der Schweiz das von Steiner errichtete Hauptgebäude der Bewegung in Brand. Die Archive gingen in Flammen auf, und Steiner, dem jede Möglichkeit zur Weiterarbeit genommen war, starb ein Jahr nach diesem Attentat. (Seite 310)

In Tiahuanaco nahe dem Titicacasee stehen neben Toren von drei Meter Höhe und vier Meter Breite aus einem Monolithen gehauen riesige Statuen, von denen man eine forttransportiert und im Garten des Museums von La Paz aufgestellt hat. Sie ist acht Meter hoch und wiegt zwanzig Tonnen.

«Eine unaussprechliche Harmonie geht von dem ganzen Koloss aus, dessen Körper und Arme in ihrer vergeistigten Stilisierung ein geradezu moralisches Gleichgewicht ausdrücken. Der ganze wunderbare Monolith strömt Ruhe und Frieden aus. Falls wir hier das Porträt eines der Riesenkönige vor uns haben, die über jenes Volk herrschten, so kommt einem unwillkürlich der Anfang eines Satzes von Pascal in den Sinn: «Wenn Gott uns von seiner Hand geschaffene Meister gab … »

Sollten diese Monolithen tatsächlich von den Riesen behauen und für ihre Schüler, die Menschen, aufgestellt worden sein, sollten diese Skulpturen mit ihrer für unsere Begriffe beinahe unfasslichen Abstraktion und Stilisierung wirklich von jenen Meistern stammen, so befänden wir uns hier an der Wiege der Sagen (Komm.: von Atlantis?), laut denen die Künste den Menschen von den Göttern geschenkt wurden, und wir hätten den Schlüssel zu verschiedenen ästhetisch orientierten mystischen Richtungen in der Hand.
Unter diesen Skulpturen finden sich auch stilisierte Wiedergaben eines Tiers, des Toxodons (Komm.: Das Toxodon ähnelte einem schweren Nashorn mit einem Flusspferd-ähnlichem Kopf, von bis zu 2 to Lebendgewicht), dessen Knochen unter den Ruinen von Tiahuanaco entdeckt wurden. Nun weiß man aber, dass das Toxodon einzig in der Tertiärzeit gelebt haben kann. Und schließlich gibt es in dieser Ruinenstadt, die etwa hunderttausend Jahre vor dem Ende der Tertiär-Epoche entstanden sein dürfte, einen im getrockneten Schlamm eingebetteten Portikus, dessen Dekorationen der deutsche Archäologe Kiss, ein Schüler des österreichischen Glazialtheoretikers Hans Hörbigers, zwischen 1928 und 1937 eingehend untersucht hat. Sie stellen seiner Ansicht nach einen Kalender dar, der nach den Beobachtungen der Astronomen des Tertiärs aufgezeichnet wurde. Er gliedert sich in vier Teile, die durch die Sonnenwenden und die Tag- und Nachtgleichen, welche die astronomischen Jahreszeiten markieren, voneinander getrennt sind. Jede dieser Jahreszeiten wiederum zerfällt in drei Abschnitte, und innerhalb dieser zwölf Unterabteilungen wird die Position des Mondes für jede Stunde des Tages sichtbar. Außerdem sind die beiden Bewegungen des Satelliten, und zwar seine scheinbare und seine wirkliche Bewegung unter Berücksichtigung der Erdrotation, angezeigt. Alle diese Einzelheiten müssen die Überzeugung in uns erwecken, dass die Menschen, die diesen Kalender erfanden und anwendeten, einer höheren Kultur als der unseren angehörten. (Seite 327)

Abgesehen davon scheint sich in unserer Kultur alles zu verbünden, um dem allgemeinen Verstand begreiflich zu machen, dass der Geist nicht alles ist. Eine unbewusste Verschwörung der materiellen Kräfte vermindert das Risiko und hält den Verstand in jenen Grenzen, in denen zwar ein gewisser Stolz nicht ausgeschlossen ist, der Ehrgeiz jedoch gemäßigt wird, weil er zunächst immer nach Sinn und Zweck seiner Anstrengungen fragt. Es ist so, wie der österreichische Schriftsteller Robert Musil sehr richtig gesehen hat: «Würde auch nur ein einziges Mal mit einer der Ideen, die unser Leben bewegen, restlos, so dass von der Gegenidee nichts übrig bleibt, Ernst gemacht, unsere Kultur wäre wohl nicht mehr unsere Kultur!»
Dieses Phänomen aber ist in Deutschland, zumindest unter den führenden Schichten des magischen Sozialismus, eingetreten. Wir stehen in magischer Verbindung mit dem Universum, aber wir haben es vergessen. Die nächste Mutation der menschlichen Rasse wird Wesen erschaffen, die sich dieser Verbindung bewusst sind: Gottmenschen(?). Bereits heute verspürt man die Wirkung dieser künftigen Wandlung auf gewisse messianische Seelen, die an eine weit zurückliegende Vergangenheit anknüpfen und sich der Zeiten erinnern, in denen die Riesen den Lauf der Gestirne beeinflussten. (Seite 341)

Nach einer tibetanischen Sage lebte vor drei- oder viertausend Jahren im Gebiet der heutigen Wüste Gobi ein Volk mit einer hohen Kultur. Infolge einer kosmischen Katastrophe verwandelte sich das Land Gobi in eine Wüste, und die Überlebenden wanderten aus: ein Teil zog nach Nordeuropa, ein anderer in den Kaukasus. Der Gott Thor der nordischen Mythologie soll einer der Helden dieser Wanderung gewesen sein. Die «Eingeweihten» der Thule-Gesellschaft waren überzeugt, dass diese Auswanderer aus dem Lande Gobi die Grundrasse der Menschheit, den arischen Stamm, bildeten.
Haushofer wies auf die Notwendigkeit hin, zu den «Quellen» zurückzukehren, d. h., ganz Osteuropa, Turkestan, Pamir, die Wüste Gobi und Tibet zu erobern. Diese Länder waren in seinen Augen die «Herzregion», und der Herrscher über sie war gleichzeitig der Herr der Welt. Nach dieser Sage, so wie sie Haushofer zweifellos gegen 1905 aus dem Orient mitbrachte und wie Rene Guenon sie auf seine Art in Le Roi du Monde erzählt, siedelten sich die führenden Persönlichkeiten jener hohen Kultur, die großen Weisen, die Söhne der Geister anderer Welten, nach der Katastrophe von Gobi in einem riesigen Höhlenbezirk unter dem Himalaja (Wesak?) an. Innerhalb dieses Bezirks spalteten sie sich in zwei Gruppen; die eine folgte dem «Weg rechter Hand», die andere dem «Weg linker Hand».

Kommentar: Die linke Hand ist nach indischer Weltanschauung immer die schmutzige Hand; darum ist der linke Weg immer der Weg mit Luzifer und seinen Helfershelfern Saturn und Mond.

Der Mittelpunkt des «ersten rechten Weges» soll Agarthi gewesen sein, eine unauffindbare Stadt, der Ort der Kontemplation, der Tempel des Nicht-Teilhabens an der Welt. Der «zweite Weg» führte über Shampullah (Shamballah?), die Stadt der Macht und der Gewalt, deren Kräfte über die Elemente und die Massen der Menschen geboten und sie der «großen Zeitwende» entgegenführten. Den großen Magiern anderer Völker war es möglich, durch Gelöbnisse und Opfer einen Pakt mit Shampullah zu schließen.
In Österreich verkündete die Gruppe «Edelweiß» im Jahre 1928, es sei ein neuer Messias geboren. In England erklärten Sir Mosley und Bellamy im Namen der Hörbigerschen Lehre, dass Deutschland vom «Licht» berührt sei. In Amerika erschienen die Silver Roads des Obersten Ballard. Eine Anzahl bedeutender englischer Persönlichkeiten versucht, die Öffentlichkeit vor dieser Bewegung zu warnen, in der sie zunächst nur eine geistige Bedrohung, das Heraufkommen einer luziferischen Religion erblickt. Lord Tweedsmuir, der unter dem Namen John Buchan schreibt, veröffentlicht zwei Schlüsselromane: The Courts of the Morning und A Prince in Captivity, die eine Beschreibung der Gefahren enthalten, welche die abendländische Kultur durch eine geistige und zugleich magische «Energiezentrale» erwachsen könnten. (Seite 376)

Der Literaturkritiker und Philosoph Albert Beguin hat einmal behauptet, Balzacs Begabung sei viel mehr die der visionären Schau als die der Beobachtung gewesen. Dieser Satz erscheint mir zutreffend. In einer großartigen Novelle, Le Requisitionnaire, sieht Balzac die Geburt der Parapsychologie voraus, die erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stattfinden und das Studium der «psychischen Kräfte» des Menschen zum Gegenstand einer exakten Wissenschaft erheben sollte:

«Zur selben Stunde, in der Mme. de Dey in Carentan starb, wurde ihr Sohn im Morbihan erschossen. Diese tragische Tatsache ist ein weiterer Beitrag zu den Beobachtungen über die geheimen Beziehungen, für welche die Gesetze des Raumes nicht existieren. Einzelne interessierte Menschen haben mit methodischer Neugier Dokumente über dieses Gebiet zusammengetragen, die eines Tages die Grundlagen einer neuen Wissenschaft ergeben werden, der bis heute ein genialer Kopf fehlt.»
1891 erklärte Camille Flammarion:
«Das Ende unseres Jahrhunderts ähnelt in manchem dem des vorigen. Der Geist ist der Lehrsätze einer Philosophie, die sich selbst als positivistisch bezeichnet, überdrüssig. Man kommt auf den Verdacht, dass sie sich irrt … <Erkenne dich selbst!> sagt Sokrates. Seit einigen tausend Jahren haben wir eine Unmenge von Dingen gelernt, nur nicht das, was uns selbst unmittelbar betrifft. Es scheint, als ginge die gegenwärtige Tendenz des menschlichen Geistes endlich dahin, der sokratischen Maxime zu gehorchen.»
(Seite 413)

Zu Flammarion ins Observatorium von Juvisy kam einmal monatlich Conan Doyle aus London, um gemeinsam mit dem Astronomen gewisse ungeklärte und im übrigen auch etwas zweifelhafte Fälle von Hellsichtigkeit, von Geistererscheinungen und Materialisationen zu besprechen. Flammarion glaubte an Geister, und Conan Doyle sammelte «Geisterphotographien». Die von Balzac erahnte «neue Wissenschaft» war noch nicht geboren, aber ihre Notwendigkeit wurde immer fühlbarer. In der großartigen Studie Victor Hugos über Shakespeare stehen die folgenden wundervollen Sätze:

«Jeder Mensch trägt sein Patmos in sich. Es steht ihm frei, ob er auf dieses erschreckende Vorgebirge des Denkens steigen will, von dem aus man in die Schattenwelt blickt. Wenn er es nicht tut, verbleibt er im gewöhnlichen Leben, im gewöhnlichen Bewusstsein, in der gewöhnlichen Tugend, im gewöhnlichen Glauben, im gewöhnlichen Zweifel, und damit ist es gut. Ja, für seine innere Ruhe ist es zweifellos so am besten. Wenn er jedoch diesen Gipfel ersteigt, ist er ein für allemal gefangen. Die gewaltigen Wogen des Wunders sind ihm erschienen. Niemand erblickt ungestraft diesen Ozean.  Er sträubt sich wohl gegen diesen lockenden Abgrund, gegen dieses Eintauchen in das Unerforschte, gegen diese Abwendung von der Erde und vom Leben‚ gegen dieses Eindringen in ein verbotenes Gebiet, gegen diesen Drang, das Unberührbare zu betasten – er kommt doch immer wieder hierher zurück, er stützt sich darauf, er neigt sich darüber, er tut einen Schritt und noch einen. Auf diese Weise aber dringt man in das Undurchdringliche ein, so gelangt man in die grenzenlose Weite des Zustands der Unendlichkeit.»

Was mich selber betrifft, so hatte ich im Jahre 1939 präzise Vorstellungen von einer Wissenschaft, die einwandfreie Zeugnisse über das innere Leben des Menschen erbringen, den Geist zu neuen Betrachtungen über die Natur der Erkenntnis zwingen und allmählich zu einer Abänderung der wissenschaftlichen Forschungsmethoden auf allen Gebieten führen würde. Ich war damals neunzehn Jahre alt, und der Krieg überraschte mich genau zu dem Zeitpunkt, an dem ich beschlossen hatte, mein Leben dem Aufbau einer Psychologie und Physiologie der mystischen Zustände zu widmen. (L.Pauwels) (Seite 414)

«Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten müssen unbedingt in Erfahrung bringen, ob die von einem menschlichen Gehirn ausgesandte Energie über Tausende von Kilometern hinweg ein anderes menschliches Gehirn beeinflussen kann… Es handelt sich hier um ein rein wissenschaftliches Experiment. Die Erforschung und Erweiterung dieser Phänomene liefert uns vielleicht eine neue Verbindungsmäglichkeit zwischen den Unterseebooten und dem Festland und eines Tages vielleicht auch zwischen einzelnen Raumschiffen.»

Auf Grund dieses Artikels und zahlreicher Berichte von Wissenschaftlern, die die Eingabe der Rand Corporation unterstützten, entschloss die Regierung sich zu handeln. Heute bestehen Forschungslaboratorien dieser neuen Disziplin, der Parapsychologie, bei der Rand Corporation in Cleveland, bei Westinghouse in Friendship, Maryland, bei der General Electric in Schenectady, bei der Bell Telephone in Boston und im Forschungszentrum der Armee in Redstone, Alabama. In Redstone liegen die Räume, in denen die Möglichkeiten der Gedankenübertragung untersucht werden, fünfhundert Meter neben dem Büro von Wernher von Braun, dem Erforscher des Weltraums. Man kann darin ein Symbol dafür sehen, dass die Eroberung der Planeten und die Exploration des menschlichen Geistes schon heute parallel vor sich gehen.
In weniger als einem Jahr haben diese mit allen Mitteln ausgestatteten Laboratorien bereits mehr Resultate erzielt, als jahrhundertelange Untersuchungen auf dem Gebiet der Telepathie bisher aufzustellen vermochten. Der Grund dafür ist sehr einfach: die Forscher sind ohne jede vorgefasste Meinung vom Nullpunkt ausgegangen. Es wurden Kommissionen in die ganze Welt entsandt, und in England z. B. nahmen Mitglieder einer solchen Kontakt mit namhaften
Gelehrten auf, welche die Phänomene der Gedankenübertragung überprüft und bestätigt hatten. Dr. Soal von der Universität Cambridge konnte den Forschern derartige Kommunikationen zwischen zwei jungen Bergarbeitern aus Wales vorführen, die über mehrere hundert Kilometer hinweg zustande kamen.
In Deutschland fand die Kommission die Unterstützung so anerkannter Wissenschaftler wie Hans Bender und Pascual Jordan, die nicht allein Phänomene der Gedankenübertragung beobachtet hatten, sondern sich auch nicht scheuten, darüber zu schreiben. In Amerika selbst häuften sich die Beweise. Ein chinesischer Wissenschaftler, Dr. Ching Yu Wang, konnte mit Hilfe einiger ebenfalls chinesischer Kollegen den Experten der Rand Corporation absolut überzeugende Proben von Gedankenübertragungen liefern. (Seite 424)

 

AUF DEM WEG ZU EINER PSYCHOLOGISCHEN REVOLUTION

Die Zeit des wahren Erwachens – Wir brauchen einen Einstein der Psychologie – Der religiöse Gedanke wird neu geboren

«Von Fabriken rauchende Erde. Von Geschäften erzitternde Erde. Von hundert neuen Strahlungen vibrierende Erde. Dieser große Organismus lebt endgültig nur durch und für eine neue Seele. Unterhalb des Zeitenwandels ein Gedankenwandel. Wo aber sollen wir diese subtile erneuernde Umbildung entdecken, die uns, ohne unseren Körper sichtbar zu verändern, zu neuen Wesen gemacht hat – wo ist sie? Nirgendwo anders als in einer neuen Intuition, die das Antlitz der Welt, in der wir uns bewegen, ganz und gar umgestaltet – mit anderen Worten: in einem Erwachen.»

So hat also für Teilhard de Chardin die Mutation der Gattung Mensch schon begonnen: die neue Seele ist im Begriff, geboren zu werden. Diese Mutation vollzieht sich in den tieferen Regionen des Geistes, und uns wird durch diese «erneuernde Umbildung» eine totale und total andere Sicht des Universums geboten. Der Wachzustand des Bewusstseins wird ersetzt durch einen höheren Zustand, im Vergleich zu dem der vorhergehende nur ein Schlaf war. Damit ist die Zeit des wahren Erwachens gekommen.

Der Naturwissenschaft gegenüber ist die Seelenwissenschaft erheblich im Rückstand. Die sogenannte moderne Psychologie studiert den Menschen gemäß einer Vorstellung des vom militanten Positivismus beherrschten 19. Jahrhunderts. Die wahrhaft moderne Wissenschaft untersucht eine Welt, die ständig neue Überraschungen bietet und die den Strukturen des Geistes und der Natur der Erkenntnis, wie sie offiziell anerkannt sind, immer weniger angepasst ist. Die Psychologie der Bewusstseinszustände setzt einen fertigen, statischen Menschen voraus: den homo sapiens der Aufklärungszeit. (Seite 431)

Nun aber enthüllt die Physik eine Welt, die gleichzeitig mehrere Spiele spielt und von der aus zahlreiche Türen ins Unendliche gehen. Die Naturwissenschaften münden im Phantastischen, während die Geisteswissenschaften noch immer im positivistischen Aberglauben befangen sind. Die Psychologie gründet ihre Sätze noch heute auf dem Bild eines Menschen, dessen geistige Funktionen ein für allemal festgelegt und klassifiziert sind. Nun haben wir aber ganz im Gegenteil den Eindruck, dass der Mensch durchaus nicht «ausgewachsen» ist. Die Welt wird zur Zeit von großen Erschütterungen heimgesucht. Diese Erschütterungen wirken einerseits in die Höhe und betreffen das Gebiet der Erkenntnis; sie erstrecken sich aber auch in die Breite und führen zur Bildung großer Massen. In alledem lassen sich die Anfänge einer tiefgreifenden Veränderung des menschlichen Bewusstseinszustandes erkennen. Und darum sollte unserer Ansicht nach eine wirksame Psychologie, die unserer Zeit angepasst ist, nicht von dem ausgehen, was der Mensch ist – oder was er vielmehr zu sein scheint –, sondern von dem, was er werden kann, von seiner möglichen Entwicklung. Die Erforschung dieses neuen – oder zukünftigen – Menschen haben wir uns zur Aufgabe gemacht.
Alle uns überlieferten Lehren beruhen auf dem Gedanken, dass der Mensch kein abgeschlossenes Wesen ist. Die Psychologen früherer Zeiten untersuchen die Bedingungen, unter denen sich die Veränderungen, Umbildungen und Transmutationen vollziehen müssen, die den Menschen seiner wahren Vollendung entgegenführen.
Eine bestimmte nach unserer Methode vorgenommene und völlig moderne Überlegung bringt uns auf den Gedanken, dass der Mensch vielleicht Fähigkeiten besitzt, die er gar nicht anwendet, einen ganzen ungebrauchten Maschinenpark. Wir sagten es bereits: die Erkenntnis der Außenwelt führt, wenn wir sie immer weiter vorantreiben, schließlich dazu, dass wir die Natur unserer Erkenntnisfähigkeit selbst, die Strukturen des Intellekts und des Wahrnehmungsvermögens in Frage stellen. Wir sagten gleichfalls, dass die nächste Revolution psychologischer Art sein werde. Das ist nicht nur unser persönlicher Standpunkt; viele moderne Forscher, von Oppenheimer bis Costa de Beauregard, von Wolfgang Pauli bis Heisenberg, von Charles-Noel Martin bis Jacques Menetrier, teilen ihn mit uns. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass auf der Schwelle dieser Revolution nichts von den hohen, fast religiösen Gedanken, die die Forscher bewegen, in den Geist der gewöhnlichen Menschen eindringt, dass kein Hauch davon die Tiefen der Gesellschaft streift. Die Veränderung spielt sich lediglich in einigen wenigen Köpfen ab. (Seite 432)
An den gängigen Vorstellungen über die Natur des Menschen und die menschliche Gesellschaft hat sich seit dem 19. Jahrhundert nichts geändert. In einem unveröffentlichten Aufsatz über Gott schreibt Jean Jaurès am Ende seines Lebens, also 1914, die herrlichen Sätze:

«Wir wollen nur eines sagen: dass nämlich der religiöse Gedanke, der für eine Zeitlang verblasst war, wieder von Geist und Bewusstsein der Menschen Besitz ergreifen kann, da die gegenwärtigen Ergebnisse der Wissenschaften die Voraussetzungen dafür schaffen. Es gibt von jetzt ab, wenn man es so ausdrücken kann, eine Religion, die zur Verfügung steht, und wenn sie zu dieser Stunde noch nicht in die Tiefen der Gesellschaft eingedrungen ist, wenn das Bürgertum einem platten Spiritualismus oder einem lächerlichen Positivismus huldigt, wenn das Proletariat entweder einem knechtischen Aberglauben oder einem wilden Materialismus ergeben ist, so darum, weil das heutige soziale Regime ein Regime der Verdummung und des Hasses ist, kurzum ein irreligiöses Regime. Etwas Religiöses hingegen finden wir in der Eroberung der Natur durch den Menschen, in dem Bestreben, die Kräfte des Universums den Bedürfnissen der Menschheit anzupassen.
Irreligiös daran ist nur, dass der Mensch die Natur erobert, indem er die Menschen zu Sklaven macht. Nicht die Sorge um den materiellen Fortschritt ist es, die den Menschen von den hohen Gedanken und von der Betrachtung der göttlichen Dinge ablenkt, sondern die übermäßige Arbeitslast, die die meisten Menschen so erschöpft, dass ihnen nicht mehr die Kraft bleibt, zu denken, und nicht einmal die Kraft, das Leben, also Gott, zu fühlen. Und daneben die Übersteigerung der schlechten Leidenschaften, der Eifersucht und des Ehrgeizes, welche die eigentliche Kraft der Mutigsten und Glücklichsten in ruchlosen Kämpfen aufbrauchen. Die Menschheit, die zwischen der Bedrohung durch den Hunger und der Übersteigerung des Hasses steht, kann nicht an die Unendlichkeit denken. Die Menschheit ist wie ein großer Baum unter einem Gewitterhimmel, in dem es von Fliegen summt, und in diesem Dröhnen des Hasses muss die tiefe und göttliche Stimme des Universums untergehen.» (Seite 433)

Die Maschine, die unser Verstehen regelt, ist eine arithmetische Maschine. Sie sortiert, sie vergleicht. Der ganze Discours de La methode beruht auf dieser Tatsache. Und ebenso die ganze chinesische Philosophie des Yin und des Yang. Und das I Ging, das «Buch der Wandlungen», das einzige Orakelbuch, dessen Regeln die Antike uns überliefert, ist aus graphischen Figuren zusammengesetzt: drei fortlaufenden und drei unterbrochenen Linien, die in jeder möglichen Weise kombiniert sind. Albert Einstein sagte am Ende seines Lebens: «Ich frage mich, ob die Natur nicht immer dasselbe Spiel spielt.» Ich habe tatsächlich den Eindruck, als entziehe die Natur sich der binären Maschine, die unser Gehirn in seiner normalen Tätigkeit darstellt. Seit Louis de Broglie sind wir gezwungen anzunehmen, dass das Licht gleichzeitig stetig und unterbrochen, gleichzeitig Welle und Teilchen ist. Aber keinem menschlichen Gehirn ist die Darstellung eines solchen Phänomens, das Verständnis von innen her, die wirkliche Erkenntnis gelungen. Nehmen wir jetzt einmal an, dass, ausgehend von einem Modell des Lichts (die gesamte religiöse Literatur und Ikonographie sind überreich an solchen Darstellungen des Lichts), das Gehirn in einer blitzartigen ekstatischen Erleuchtung vom arithmetischen zum analogischen Zustand übergeht. Es wird selber zum Licht. Es sieht die unbegreifbare Erscheinung. Es wird mit ihr geboren. Es kennt sie. Es gelangt dorthin, wohin die hohe Intelligenz eines de Broglie nicht gelangen konnte. Dann aber fällt es zurück: der Kontakt mit den gewaltigen Maschinen, die in dem großen Geheimbereich des Gehirns arbeiten, ist unterbrochen. Seine Erinnerung vermittelt ihm nur Bruchstücke der Erkenntnis, die es soeben erlangt hatte. Und die Sprache scheitert bei dem Versuch, selbst diese Fragmente zu übersetzen.

Vielleicht haben einige Mystiker so die Erscheinungen der Natur geschaut, die unser moderner Intellekt entdecken und erahnen, aber sich nicht zu eigen machen konnte.

«Und da fragte ich, der Schreiber, wie oder was sie sah und ob sie etwas Körperliches sah. Sie antwortete: Ich sehe eine Fülle, eine Helle, aus der mir eine Vollkommenheit zuteil wird, die ich nicht auszusprechen weiß und der ich nichts an die Seite stellen könnte … »
(Seite 444)

Der Mensch kann zu den Geheimnissen vordringen, das Licht sehen, die Ewigkeit sehen, sich in seiner inneren Haltung dem universalen Rhythmus anpassen, eine fühlbare Erkenntnis vom letzten Zusammenströmen der Kräfte erlangen und, wie Teilhard de Chardin, das unbegreifbare Leben des Punktes Omega leben, an dem die gesamte Schöpfung am Ende der Erdenzeit angelangt sein wird, erfüllt, verzehrt und zugleich geläutert. Der Mensch kann alles. Sein Geist, der zweifellos von Anfang an mit unbegrenzter Erkenntnisfähigkeit begabt ist, kann unter gewissen Bedingungen die Gesamtheit der Lebensmechanismen erfassen. Und die bis ins letzte entfaltete Kraft des menschlichen Geistes kann sich vermutlich auf die Totalität des Universums erstrecken. Doch es gibt einen Punkt, an dem diese Kraft innehalten muss: den Punkt, an dem der Geist des Menschen am Ende seiner Mission angelangt ist und ahnt, dass es jenseits des sichtbaren Universums noch «etwas anderes» gibt. Hier hilft auch das analogische Bewusstsein nicht mehr weiter.

Es bestehen im grobstofflichen Universum keine Vorbilder für das, was sich jenseits dieses materialistischen Universums findet. Diese unüberschreitbare Schwelle führt zum Reich Gottes.

Kommentar: Hier irrt der Autor. Denn zunächst findet der Mensch mit der dafür geeigneten Wahrnehmung hinter dem Schleier der materiellen Erscheinung Erde, dem sichtbaren Kosmos mit all der radioaktiven Strahlung, das gewaltige Feld der feinstofflichen Welt mit den zahllosen Bewohnern, die in den Mythen der Völker, ihren Märchen und Sagen beschriebenen werden. Diese fantastische Natur hat Louis Pauwels in seinem ganzen Buch ausgespart.

Es gibt eine letzte Pforte, welche der analogische Intellekt – der immer nur in die materiellen Erscheinungen blickt – nicht öffnen kann. Wenige Texte kommen an metaphysischer Größe dem gleich, in welchem H. P. Lovecraft den Versuch unternimmt, das unausdenkbare Abenteuer des erwachten Menschen zu beschreiben, dem es gelungen ist, diese Pforte um einen Spaltbreit zu öffnen, und der in jenen Raum hineinschlüpfen möchte, in dem Gott(?) jenseits der Unendlichkeit thront …

«Er wusste, dass es in Boston einen Randolph Carter gegeben hatte; trotzdem konnte er nicht genau feststellen, ob er das sei, dieses Fragment, diese Facette einer Einheit jenseits der Letzten Pforte, oder vielleicht ein anderer, der einmal dieser Randolph Carter gewesen war. Sein Ich war zerstört, und doch war ihm dank irgendeiner unbegreiflichen Fähigkeit bewusst, dass er eine ganze Legion von „ICHs“ war.
(Seite 451)

Für einen Intellekt, der die dringende Notwendigkeit einer Transmutation verspürt, kann es gegenüber seiner Zeit keine Verachtung geben, sondern nur Liebe. Bis dahin war der Zustand des Erwachtseins nur in religiösen, esoterischen oder poetischen Begriffen beschworen worden. G.I. Gurdjews unbestreitbares Verdienst ist der Beweis, dass es eine Psychologie und eine Physiologie dieses Zustands geben kann. Selbstverständlich müssen wir bei einem solchen Gegenstand in den Augen der weltlichen Spezialisten als Barbaren erscheinen. – Wir fühlen, wie in der Welt von heute eine neue Seele für ein neues Zeitalter der Erde geschmiedet wird. Unsere Methode, die mögliche Existenz eines Zustands des Erwachtseins zu ergründen, wird weder völlig religiös, noch völlig esoterisch oder poetisch, noch völlig wissenschaftlich sein. Sie wird etwas von allen diesen Gebieten an sich haben und sich doch nicht ganz mit ihnen vertragen. Und eben das ist die Renaissance: ein Strudel, in den, bunt durcheinander gemengt, die Methoden der Theologen, der Gelehrten, der Magier und der Kinder geworfen werden.

An einem Augustmorgen des Jahres 1957 drängten sich die Londoner Journalisten am Kai vor einem Postschiff, das nach Indien auslief. Ein Herr und eine Dame in den Fünfzigern, Leute von unauffälligem Äußeren, gingen an Bord. Es war der große Biologe J. B. S. Haldane; der in Begleitung seiner Frau England für immer verließ. «Ich habe genug von diesem Land und von einem Haufen Dinge in ihm», erklärte er ruhig. «Vor allem vom Amerikanismus, der über uns hereinbricht. Ich möchte nach neuen Ideen suchen und frei in einem neuen Land leben.» So begann eine neue Etappe in der Laufbahn eines der außergewöhnlichsten Menschen dieser Epoche. J. B. S. Haldane hatte Madrid mit dem Gewehr in der Hand gegen die Truppen Francos verteidigt. Er hatte der englischen kommunistischen Partei angehört und dann, nach der Affäre Lyssenko, seine Mitgliedskarte zerrissen. Und jetzt fuhr er nach Indien, um dort die Wahrheit zu suchen. (Seite 460)
Seit langem hatte er darauf bestanden, dass sich die Wissenschaft systematisch mit dem Begriff des „mystischen Erwachens“ befassen solle. Seit 1930 hatte er in seinen Werken The Inequality of Men und The Possible Worlds trotz seines Rufes als seriöser Wissenschaftler erklärt, dass das Universum zweifellos viel seltsamer sei, als man es sich vorstelle, und dass man die poetischen und religiösen Zeugnisse über einen dem normalen Wachzustand überlegenen Bewusstseinszustand zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung machen müsse. (Seite 461)

Unserer Hypothese entsprechend gibt es einen rationalistischen, positivistischen Menschentyp, der gewissermaßen zur Selbstverteidigung aggressiv wird, sobald es in der Literatur, in der Philosophie oder in der Wissenschaft darum geht, den Bereich zu verlassen, in dem das Bewusstsein im Normalzustand angesprochen wird. Daneben aber gibt es einen spiritualistischen Menschentyp, der jede Anspielung auf eine Überhöhung des Bewusstseins wie eine Erinnerung an ein verlorenes Paradies empfindet. So würde man am Ursprung eines riesigen Gelehrtengezänks die einfache Alternative finden: «Ich liebe, oder ich liebe nicht.» Aber was ist es denn, das in uns liebt oder nicht liebt? In Wahrheit ist es niemals das Ich. Es sollte einfach heißen: «Es liebt in mir, oder es liebt nicht.» Rücken wir darum so weit wie möglich von dem falschen Problem Spiritualismus-Materialismus ab, das in Wirklichkeit vielleicht nur die Frage einer Allergie ist. Wesentlich ist, zu wissen, ob der Mensch in seinen unerforschten Bereichen über höhere Werkzeuge, so etwas wie mächtige Verstärker seines Intellekts, verfügt.
Es wird erzählt, dass Bodhidharma, der Begründer des Zen-Buddhismus, eines Tages während einer Meditation einschlief – das will besagen, dass er sich unversehens in den für die meisten Menschen normalen Bewusstseinszustand zurück gleiten ließ. Dieser Vorfall kam ihm so entsetzlich vor, dass er sich die Augenlider abschnitt. Diese, so berichtet die Legende, fielen zu Boden, und aus ihnen entspross die erste Teepflanze. Der Tee, der vor dem Einschlafen schützt, ist die Pflanze, die den Wunsch der Weisen, sich stets wach zu halten, symbolisiert, und daraus entstand dann der Spruch: «Der Geschmack des Tees und der Geschmack des Zen sind einander gleich.»

Der Begriff des «Zustands des Erwachtseins» ist offenbar so alt wie die Menschheit. Er ist der Schlüssel zu den ältesten religiösen Texten, und vielleicht bemühte sich bereits der Mensch des Cromagnon; diesen dritten Bewusstseinszustand zu erreichen. Die Datierungsmethode mit Hilfe des Kohlenstoffs hat ergeben, dass die Indianer im Südosten Mexikos vor mehr als sechstausend Jahren bestimmte Pilze (z.B. Psilocybe mexicana) und den Kaktus Peyote aßen, um sich in eine Über-Klarsichtigkeit zu steigern. Immer geht es darum, das «dritte Auge» zu öffnen, den normalen Bewusstseinszustand zu überwinden, in dem alles nur Illusion, Verlängerung der Träume eines tiefen Schlafes ist. «Wach auf, Schläfer, wach auf!» Von den Evangelien bis zu den Märchen stets derselbe Mahnruf.
Die Menschen haben alle erdenklichen Mittel angewandt, um diesen Zustand des Erwachtseins zu erreichen: Riten, Tänze, Gesänge, Kasteiung, Askese, Abstinenz, sexuelle Enthaltsamkeit, Yoga, Ujjayi Pranayama, Fasten, körperliche Martern, die verschiedensten Drogen (Seite 464). Wenn der moderne Mensch erst einmal die Wichtigkeit des Einsatzes erfasst hat – und das kann nicht mehr lange dauern – wird er bestimmt noch andere Möglichkeiten finden.
Der amerikanische Wissenschafter J. B. Odds denkt an eine elektronische Stimulierung des Gehirns. Der englische Astronom Fred Hoyle schlägt die Betrachtung leuchtender Bilder auf einem Fernsehschirm vor. Schon H. G. Wells malte in seinem schönen Roman In the Days of the Comet aus, wie nach dem Zusammenstoß mit einem Kometen die Erdatmosphäre plötzlich von einem Gas erfüllt ist, das eine Über-Klarsichtigkeit hervorruft. Die Menschen durchbrechen endlich die Schranke zwischen Wahrheit und Illusion. Sie erwachen zu den echten Realitäten. Und mit einem Schlag sind alle praktischen, moralischen und geistigen Probleme gelöst. Komm.: Welch ein Irrtum!!!
Es scheint, als hätten bisher nur die Mystiker sich ernstlich darum bemüht, dieses Super-Bewusstsein zu erlangen. Wenn es möglich ist, welcher Kraft ist es dann zuzuschreiben?
Die Gläubigen sprechen von der Gnade Gottes. Die Okkultisten von magischer Weihe. Und wenn es sich um eine ganz natürliche Fähigkeit handelte?
Die jüngste Wissenschaft hat erwiesen, dass beträchtliche Teile unserer Hirnmasse noch immer unerforschtes Gebiet sind. Der weitaus größte Teil unserer Fähigkeiten liegt noch immer brach. Dies ist der Sinn der uralten Sage vom verborgenen Schatz. Und ebendas sagt auch der englische Gelehrte Gray Walter in einer der wesentlichen Arbeiten unserer Epoche: The Living Brain. In einem zweiten Werk mit dem Titel Farther Outlook, das eine Mischung von Antizipation und Beobachtung, Philosophie und Dichtung darstellt, erklärt Walter, dass es zweifellos keine Grenze für die Möglichkeiten des menschlichen Gehirns gebe und dass unser Denken eines Tages die Zeit ebenso explorieren werde, wie es heute den Raum erforscht. In dieser Prophezeiung stimmt er überein mit dem Mathematiker Eric Temple Bell, der dem Helden seines Romans The Time Stream die Fähigkeit verleiht, durch die ganze Geschichte des Kosmos zu reisen.
In dem Roman The Black Cloud von dem englischen Astronom Fred Hoyle steht:

Dort sind die schwarzen Wolken, die im Weltraum zwischen den Sternen schweben, höhere Lebensformen. Die Superintelligenzen nehmen sich vor, die Erdenmenschen zu erwecken, indem sie ihnen leuchtende Bilder schicken, die in den menschlichen Gehirnen bestimmte Verbindungen herstellen und damit den «Zustand des erwachten Bewusstseins» einleiten. (Seite 465)

Es ist möglich, tausend Jahre lang zu denken, es ist möglich, ganze Bibliotheken zu schreiben, Theorien zu Tausenden aufzustellen – und alles das im Schlaf, ohne jede Hoffnung auf ein Erwachen. Im Gegenteil: die von Schlafenden verfertigten Theorien und Bücher werden nur bewirken, dass immer mehr Menschen in diesen Schlaf hineingezogen werden.

Diese Idee vom Schlaf ist keineswegs neu. Fast seit der Erschaffung der Welt schon hat man den Menschen davon gesprochen. Wie oft lesen wir zum Beispiel in den Evangelien: «Wacht auf!», «Wache!», «Schlaft nicht!». Sogar die Jünger Jesu schliefen im Garten Gethsemane, während ihr Meister zum letzten Mal betete. Diese Tatsache besagt alles.
Aber verstehen die Menschen sie? Sie halten sie für eine rhetorische Floskel, für eine Metapher. Und sie begreifen nicht, dass sie buchstäblich als Wahrheit begriffen werden muss. Dabei ist gerade in diesem Fall der Grund noch leicht zu erfassen. Die Jünger brauchten ja nur zu erwachen, oder sie sollten es zumindest versuchen. Man hat mich tatsächlich oft gefragt, warum die Evangelien nie vom Schlaf sprechen … Es ist auf jeder Seite davon die Rede. Die Frage beweist nur, dass die Menschen auch die Bibel im Schlaf lesen.
Wie bringt man es fertig, einen schlafenden Menschen aufzuwecken? Man muss ihn anstoßen. Wenn ein Mensch jedoch sehr tief schläft, genügt ein einfacher Stoß nicht. Dann muss man ihn immer wieder, unaufhörlich rütteln. Infolgedessen ist ein Mensch (ein konsequenter Bewusstseinsimpuls) nötig, der dies besorgt. Ich sagte bereits, dass ein Mensch, der erwachen will, sich einen Helfer dingen muss, der es übernimmt, ihn ständig wachzurütteln. Aber wen kann er dazu bringen, wenn doch alle Welt schläft? Er nimmt einem Menschen das Versprechen ab, ihn zu wecken, und dieser fällt seinerseits in Schlaf. Wozu ist er ihm also nütze? Und wenn man einen Menschen findet, der tatsächlich fähig ist, sich wach zu halten, so wird dieser vermutlich Wichtigeres zu tun haben, als die anderen zu wecken. (Seite 489)

Kommentar: Im Menschen muss ein Wecker erwachen, der nicht einschlafen kann. Es ist der Berührungspunkt der Monade mit dem höheren Bewusstsein, das pausenlos weckt, bis der Mensch erwacht ist und seinen Auftrag ausführt.

Zwei amerikanische Wissenschaftler, C. Brooke Worth und Robert K. Enders, glauben in ihrem bedeutenden Werk The Nature of Living Things bewiesen zu haben, dass die Gruppierung der Gene sich in letzter Zeit verändert hat und dass durch Einwirkung vorerst noch unerforschter Einflüsse eine neue Menschenrasse entsteht, die mit überragenden geistigen Fähigkeiten ausgestattet ist. Selbstverständlich handelt es sich hier um eine These, die noch der Bestätigung bedarf. Immerhin ist der Genetiker Lewis Terman, der dreißig Jahre hindurch sogenannte «Wunderkinder» untersucht hat, zu den folgenden Schlussfolgerungen gelangt: Die meisten Überbegabten büßten früher nach der Pubertät ihre Fähigkeiten ein. Heute sieht es so aus, als entwickelten sie sich zu einer Art von höheren Erwachsenen, die über eine Intelligenz verfügen, mit der sich die der anderen Menschen überhaupt nicht vergleichen lässt. Sie besitzen dreißigmal soviel Aktivität wie ein normaler begabter Mensch. Ihr «Erfolgsindex» ist um das Fünfundzwanzigfache vermehrt. Sie erfreuen sich einer ausgezeichneten Gesundheit und einer absoluten gefühlsmäßigen und sexuellen Ausgeglichenheit. Sie sind kaum anfällig für psychosomatische Krankheiten und auch nicht für Krebserkrankungen.

Treffen diese Beobachtungen zu? Sicher ist, dass wir auf der ganzen Welt eine fortschreitende Erhöhung des geistigen Vermögens erleben, der übrigens eine parallel laufende Erhöhung der körperlichen Fähigkeiten entspricht. Die Erscheinung ist so eindeutig, dass ein anderer amerikanischer Wissenschaftler, Dr. Sydney Pressey von der Universität Ohio, einen Erziehungs- und Ausbildungsplan für frühreife Kinder ausgearbeitet hat, bei dessen Durchführung pro Jahr dreihunderttausend junge Menschen von höchster Intelligenz die Schulen verlassen würden. – Handelt es sich hier um eine Mutation innerhalb der menschlichen Rasse? Erleben wir das Auftauchen von Wesen, die uns äußerlich gleichen und die doch ganz anders sind als wir? – Wir wollen versuchen, dieser interessanten Frage auf den Grund zu gehen. Sicher ist jedenfalls, dass wir die Geburt eines Mythos erleben: des Mythos vom Mutanten. In unserem von Technik und Wissenschaft beherrschten Zeitalter kann die Geburt einer solchen Mythe nicht ohne wesentliche Bedeutung und dynamischen Wert sein.
Bevor wir unseren Gegenstand näher betrachten, müssen wir darauf hinweisen, dass dieses fieberhafte Hochschnellen der Intelligenzkurve, das bei den Kindern festgestellt wurde, die einfache praktische und einleuchtende Erklärung nahelegt, dass die fortschreitende Verbesserung der menschlichen Rasse der Technik zu verdanken ist. (Seite 516)

Kommentar: Oh, wie leicht lassen sich intelligente Menschen von dem materialistischen Hochmut der euroamerikanischen Kulturspezies in die Irre führen. In den kosmischen Zyklen ist die Aquariuszeit eingeläutet, die die Menschheit noch mit anderen Überraschungen erfreuen wird.

In seiner stammelnden Niederschrift dieser wunderbaren und entsetzlichen Vision von dem Horla schreibt Maupassant seinem erdachten Mutanten hypnotische Kräfte zu. Die moderne Literatur der Science Fiction, die sich mehr an die Arbeiten von Rhine, Saal und Mac Connel hält als an die Charcots, verleiht den Mutanten «parapsychologische» Kräfte, die Fähigkeit der Telepathie und der Telekinese. Einzelne Autoren gehen noch weiter und zeigen uns den Übermenschen, der in der Luft schwebt oder durch Wände und Mauern geht. Doch das sind nur Phantasien (spekulative Kopien aus der Akasha-Chronik, in der auch die Erinnerungen von Atlantis gespeichert sind!), ein Wiederaufgreifen der Märchen-Archetypen. Wir neigen zu der Ansicht, dass dem Menschen heute Kräfte zu Gebote stehen, die viel stärker sind als alles, was unsere Phantasie sich zu erträumen vermag. Und vor allem eine Kraft, die der gewöhnliche Mensch kaum ausnutzt: die Intelligenz.

Unsere Handlungen sind irrational, und die Intelligenz spielt bei unseren Entscheidungen nur eine sehr unwesentliche Rolle. Man kann sich den Übermenschen, die neue Stufe des Lebens auf unserem Planeten, als ein rationales Wesen vorstellen, das nicht mehr einfach
denkt und überlegt, sondern mit einer ständigen objektiven Intelligenz ausgestattet ist und erst dann eine Entscheidung trifft, wenn es die Gesamtheit seiner Erfahrungen und Kenntnisse klar überprüft hat. Ein Wesen, dessen Nervensystem wie eine Festung ist, die dem Angriff aller negativen Triebe und Strömungen zu widerstehen vermag. Ein Wesen mit einem kühlen, rasch arbeitenden Gehirn, begabt mit einem vollkommenen, unfehlbaren Gedächtnis. Das Bild, das wir zeichnen, mag simpel erscheinen. (Seite 525)

Kommentar: Diese Ansicht ist völlig unbeleckt von den umfassenden Erkenntnissen der Menschen, die heute schon etwas tiefer in die feinstofflichen Kraftebenen der Welt schauen können. C. Castaneda, Stanislav Grof, John C. Lilly, Éliphas Lévi Zahed, Charles W. Leadbeater, Annie Besant, H.P. Blavatsky, R. Steiner, Max Heindel, Jan v. Rijckenborg, etc.

 

Louis de Broglie schreibt:
«Wir dürfen nie vergessen, wie beschränkt unsere Kenntnisse sind und welche unverhofften Entwicklungen sich hier noch ergeben können. Wenn die menschliche Kultur weiter besteht, so wird die Physik vermutlich in einigen hundert Jahren von der unseren so verschieden sein wie diese von der Physik des Aristoteles. Vielleicht werden die erweiterten Begriffe, zu denen wir heute gelangt sind, uns eines Tages gestatten, die Gesamtheit aller physikalischen und biologischen Phänomene in einem einheitlichen System zusammenzufassen, in dem jedes seinen ihm gebührenden Platz erhält. Falls das menschliche Denkvermögen infolge irgendeiner biologischen Mutation gekräftigt wird und sich eines Tages zu der entsprechenden Höhe aufschwingen kann, wird es unter einer anderen und richtigeren Beleuchtung, von der wir heute noch nichts ahnen, die Einheit all der Phänomene erfassen, die wir zur Zeit mit Hilfe von Adjektiven wie <physiko-chemism>, <biologism> oder auch <psychism> benennen und unterscheiden.»

 

Und wenn diese Mutation bereits vollzogen sein sollte? Einer der bedeutendsten franz. Biologen P. Morand nimmt an, dass im Verlauf der gesamten Menschheitsgeschichte immer wieder Mutanten aufgetreten sind: «Die Mutanten hießen unter anderem Mohammed, Konfuzius, Jesus Christus … » Vielleicht gibt es noch viele andere. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass die Mutanten in der gegenwärtigen Entwicklungsepoche es nicht für nötig halten, sich zu erkennen zu geben oder irgendeine Form einer neuen Religion zu predigen.
Im Augenblick gibt es Besseres zu tun, als sich an das Individuum zu wenden. Es wäre vorstellbar, dass die Mutanten die zum Kollektivismus hinstrebende Bewegung unserer Menschheit als notwendig und günstig erachten. Und schließlich ist es auch nicht undenkbar, dass sie unsere Geburtsschmerzen als wünschenswert ansehen und sogar irgendeine große Katastrophe begrüßen würden, die dazu angetan wäre, das Bewusstwerden der geistigen Tragödie, die das Phänomen Mensch in seiner Gesamtheit darstellt, zu beschleunigen. Um handeln zu können, um den Strom zu lenken, der uns vielleicht irgendeine Form des Übermenschlichen entgegen trägt, die sie bereits verkörpern, müssen sie vielleicht verborgen bleiben und das Geheimnis ihrer Koexistenz wahren, während sich entgegen allem Anschein und vielleicht gerade dank ihrer Gegenwart die neue Seele für eine neue Welt heranbildet, die wir mit der ganzen Kraft unserer Liebe herbeiwünschen wollen. (Seite 530)

Kommentar: Jede Änderung, Mutation oder Evolution des Menschen wird zur Folge haben, das der Strom der Kräfte sich ein neues Bett suchen wird, dass die Vitalität und dynamik seiner Potenzen zu bändigen in der Lage ist. Damit werden alle bisherigen Deiche und Kanäle langsam aber sicher austrocknen, die von den Äonen und Archonten der atlantischen Zeit mühsam errichtet worden sind, um sich an den Emissionen der Menschheit in der arischen Epoche zu sättigen. Warum werden die Menschen so oft mit Schafen verglichen, die von einem guten Hirten bewacht werden? Damit recht tumbe das Gras weiden und fetter und dicker werden für die Schur des Felles und das Schlachten des Fleisches. Wo sie nicht erwachen, werden sie weiterhin auf die Weiden der Äonen ziehen. Oder werden sie von der Aquariusperiode geweckt werden? Wird der Impuls aus der Monade ihr Denkvermögen dynamisieren und in neue Erkenntnisbahnen lenken? – Es wird eine neue Zeit geben und mit ihr eine Evolution des Bewusstseins, des Denkvermögens. Vieles ist bereits vorhergesagt, doch wie sich das insgesamt auf Politik, Wirtschaft und Sozialität auswirken wird, bleibt vorerst noch im Dunkeln. Denn die widersachenden Kräfte, denen diese Evolution verständlicherweise nicht recht sein kann, werden noch einiges an Raffinesse und Geschicklichkeit aufwenden, um den Prozess der Verwandlung so lange wie möglich aufzuhalten. Kriege, Konflikte und Terrorismus sind nur die eine Seite dieser Methoden. Viel effektiver sind die psychologischen und historischen Methoden der Verleumdung in Presse und Medien. Nach dem Motto: Was das Volk nicht weiß macht es nicht heiß! wird nur das veröffentlicht, was zur bisherigen Weltanschauung passt. Alles andere fällt durch die Zensur, die sich ganz banal durch finanzielle Beschränkungen manifestiert.

Sein und Wirklichkeit

Esoterisch-theosophische Interpretation einiger Gedanken von Don Juan.

Don Juan spricht mit Castaneda in dem Buch: Der zweite Ring der Kraft.

CC: „Wer sind die Schwarzen Magier, Don Juan?“
DJ: „Die Schwarzen Magier sind unsere Mitmenschen. Und da du zu ihnen gehörst, bist du auch ein Schwarzer Magier. Denk mal einen Augenblick nach! Kannst Du von dem Weg abweichen, den sie dir vorschreiben? – Nein. Dein Denken und dein Handeln sind auf ewig nach ihren Bedingungen festgelegt. Das ist Sklaverei! – Darum fürchte deine Gefängniswärter, deine Meister! Vergeude nicht deine Zeit und deine Kraft, in dem du Angst vor mir hast!“
CC: Ich wusste, dass er recht hatte, und doch, trotz meiner ehrlichen Zustimmung wusste ich auch, dass meine lebenslangen Gewohnheiten mich unausweichlich auf meinem alten Weg festhalten würden. Tatsächlich, ich kam mir wie ein Sklave vor. –
An anderer Stelle sagt DJ:
„Deine Kenntnis der Welt sagt dir, dass sich im Gebüsch nur umherschleichende Tiere oder Menschen verstecken können. An diesem Gedanken hast du festgehalten, und natürlich musstest du eine Möglichkeit finden, die Welt in Übereinstimmung mit diesem Gedanken zu bringen.“- „Aber ich dachte überhaupt nichts.“ – „Nun, nennen wir es nicht Denken. Es ist eher die Gewohnheit, die Welt stets in Übereinstimmung mit unseren Gedanken zu sehen. Wenn sie dies nicht ist, sorgen wir einfach dafür, dass sie übereinstimmt. (Mit unseren inneren Vorstellungen dessen, was wir wahrgenommen haben, bestimmen wir völlig automatisch das Ereignis.)


Sollte Dir ein Gedanke zu dem Text einfallen, dann schicke ihn bitte mir zu.  Vielen Dank.


Mit unseren angelernten Vorstellungen von den Zusammenhängen der Welt versuchen wir uns das Glück im materiellen Leben zu sichern, obgleich wir vielfach gelesen haben, dass die äußere Ansicht der Welt, die Formseite der Dinge nur Erscheinung, indisch: Maya ist. Nicht umsonst spricht Appolonius von Thyana in der Ersten Stunde seiner Erläuterungen für seine Schüler von der Reinigung des Atemfeldes, von den Komplexen im Unbewussten. Erst wenn die alten Prägungen der Vor- und Ausbildung gelöscht werden konnten, wird sich das positive Karma aus dem aurischen Wesen im Leben offenbaren. Erst dann kann der Mensch seine tatsächliche Wirklichkeit sehen oder hören, ohne sie zugleich mit den alten Bildern aus dem antrainierten Gedächtnis zu überschreiben.
Solange die bestehenden mentalen und emotionalen Bewohner des mikrokosmischen Atemfeldes im Unterbewussten weiter stimuliert werden, bleibt das Wesen Mensch auch an die zugehörigen Kräfte aus dem Jenseits gebunden, ohne einen Schatten ihres Daseins zu erhaschen.
Viele halten ihre jahrtausendalten Traditionen in hohen Ehren, ohne sie ernsthaft  nach ihrer Berechtigung zu fragen. Zahllose Menschen predigen die historischen Gewordenheiten des Lebens, die seit Aristoteles aus den sichtbaren und erfahrbaren Zusammenhängen abgeleitet werden. Auf allen Kontinenten werden in ungezählten Tempeln oder Gotteshäusern irgendwie gearteten metaphysischen Gotteswesen geopfert, die für Schutz, Wohlergehen, Fruchtbarkeit und materiellem Erfolg angebetet werden. Die aus diesem philosophischen Konglomerat zusammengestellten Weltanschauungen werden den Kindern in ihrer Kinderstube eingetrichtert und dann in der höheren Schule erweitert und vertieft. So ist mit Garantie gesichert, damit immer alles beim Alten bleibt. Jeder Erwachsene in Ost und West glaubt an Dogmen der Vergangenheit und verbreitet diese tausendfach vorgeprägten Meinungen bei jeder Unterhalten. Die ganze Weltliteratur der Bestsellerie-Plantagen ist vollgestopft mit dem Unrat historisch verbrämter Lebensvorstellungen. Wie in einer hypnotischen Verabredung ist alle Welt total begeistert davon. Auf diese subtile Weise entsteht unbewusst und ungewollt ein schwarz-magisches Netz aus immer wieder erneut bestätigten, stets bereits veralteten Vorstellungen des Daseins. Von der Kindererziehung, über die Medizin, das kommerzielle Gebaren der Menschen bis hin zur großen Politik – alles tanzt auf diese schleichende Weise ohne einen Schimmer der Ahnung um das Goldenen Kalb, das von den Herren der Welt in ihre mentale bzw. emotionale Mitte gestellt wurde.
Zum zweiten Teil ist zu bemerken, dass schon J. W. Goethe bei seinen Betrachtungen der Sinnesorgane feststellen musste, dass der Mensch schon im Vorgang des Wahrnehmens das Wahrgenommene bewertet und nach seinen Vorbehalten beurteilt. Neuere Untersuchen amerikanischer Neurophysiologen haben ergeben, dass sogar die organischen Voraussetzungen der Sinnesorgane schon eine prinzipielle Selektion des Wahrgenommenen für die Selbsterhaltung bedingen. Das Phänomen MAYA ist wohl tief im Hinduismus vergraben, hat jedoch mit der steten Verbreitung indische angehauchter Esoterik seinen Weg in das euroamerikanische New Age-Denken gefunden, diese Wahrheit wird jedoch, trotz der elektrophysikalischen Erkenntnisse in der Kernphysik, nicht als Er-Scheinung im realen Leben konkretisiert.

DJ: » Vor allem halte ich es für grundfalsch, dass du alles dermaßen ernst nimmst«, sagte er, »Es gibt dreierlei schlechte Gewohnheiten, in die wir immer wieder verfallen, sobald wir im Leben mit ungewöhnlichen Situationen konfrontiert sind.
1. Erstens können wir das, was geschieht oder geschehen ist, leugnen und so tun, als sei es nie geschehen. So machen es die Bigotten.
2. Zweitens können wir alles unbesehen akzeptieren und so tun, als wüssten wir, was geschieht. So machen es die Frommen.
3. Drittens kann ein Ereignis uns zwanghaft beschäftigen, weil wir es weder leugnen noch rückhaltlos akzeptieren können. So machen es die Narren. – Du etwa auch?
– Doch es gibt noch eine vierte Möglichkeit, die richtige nämlich, die des Kriegers. Ein Krieger handelt so, als sei überhaupt nichts geschehen, weil er an gar nichts glaubt, und doch akzeptiert er alles unbesehen. Er akzeptiert, ohne zu akzeptieren, und leugnet, ohne zu leugnen. Nie tut er so, als wisse er, noch tut er so, als sei nichts geschehen. Er handelt so, als ob er die Situation in der Hand hätte, auch wenn ihm vielleicht die Hosen schlottern. Diese Art zu handeln vertreibt die zwanghafte Beschäftigung mit den Dingen.« – Lange schwiegen wir.

Dieser Abschnitt enthält eine kräftige Beschreibung des Wu-wei aus dem chinesischen Schatz der Taoisten. Jeder kann in der Aktualität seines Seins prinzipiell allen Geschehnissen in völliger Neutralität, also ohne jegliche Überprüfung an persönlichen Bedenken und Einwänden, gegenüber treten und sie sang und klanglos abwickeln. Nicht aus Pflichtbewusstsein, nicht Zwanghaft, einfach als den Tatbestand einer neuen exklusiv für ihn persönlich geschaffenen Information. Jede Erfahrung im Feld der Maya bleibt eine Erscheinung in der projektierten Form, die von den Kräften der Welt nur dafür geschaffen ist, den vitalen Akteuren eine Möglichkeit der Erfahrung zu schenken, um ihr Bewusstsein in eine höhere Schwingung zu erheben, letztlich bis in das höchste Seelenfeld.

DJ: »Niemand bringt einen Doppelgänger hervor. Das ist nur eine bildliche Redeweise. Und du, bei all deinem vielen Reden, bist doch den Wörtern hilflos ausgeliefert. Du gehst ihrer Bedeutung auf den Leim. Jetzt meinst du, man bringe den Doppelgänger durch unredliche Tricks hervor, nehme ich an. Aber wir leuchtenden Wesen haben alle einen Doppelgänger. Wir alle! Ein Krieger lernt lediglich, sich dessen bewusst zu sein, das ist alles. Es gibt anscheinend unüberwindliche Schranken, die dieses Bewusstsein versperren. Aber das kann nicht anders sein. Gerade diese Schranken machen das Erreichen eines solchen Bewusstseins zu einer so einzigartigen Herausforderung.« –
CC: »Warum habe ich soviel Angst davor, Don Juan?« –
DJ: »Weil du glaubst, der Doppelgänger sei das, was das Wort besagt, ein Doppelgänger oder ein anderes Ich. Ich gebrauche diese Wörter nur, um den Sachverhalt zu beschreiben.“

Viele esoterisch-wissenschaftliche Autoren beschreiben den Menschen mit einem Ätherkörper und einem Astralkörper. Einige wissen auch davon, dass der Mensch über den Ansatz eines Mentalvermögens verfügt. Der Doppelgänger von DJ weist auf eine damit zusammenhängendes Problem hin. Der Weg zur Erleuchtung erfordert vom Kandidaten, dass er sich Schritt für Schritt aber konsequent dieses eigenen Astralwesens bewusst wird. Doch wie jeder auf diesem Weg in die Seelenfreiheit erfahren muss, entstehen aus dem Unbewussten gerade dann, wenn er dabei erfolgreich wird, etliche gewaltige Behinderungen. Der Zerberus bäumt sich hinter dem Ego auf.
Zudem macht Don Juan an dieser Stelle auf eine für den Euroamerikaner nahezu unüberwindliche Barriere aufmerksam. Die Menschen sind geradezu verbissen, sich an die Begrifflichkeit ihrer Worte zu klammern, die aus ihrer antrainierten materiellen Weltanschauung stammen. Die spontan aus dem eigenen Denken auftauchenden Vorstellungen werden direkt mit den erfassten Sensationen verknüpft und verbauen damit das richtige Erkennen und Verstehen. Die Chance, andere mentale Erkenntnisse zuzulassen, wird in den vorherrschenden Meinungen eingefroren, kristallisiert und stirbt.
Der Doppelgänger ist ein Phänomen des Astralwesens, das bedauerlicherweise  auch eine Spiegelung im Jenseits hervorbringt, das ohne jede bewusste Wahrnehmung das Leben jedes Menschen dominiert. Eigentlich sind alle Menschen unter diesem Gesichtspunkt als Sklaven ihrer eigenen Astralis zu betrachten. Darum ist es für ein intelligentes Handeln aus dem neu erwachenden Seelenbewusstsein ausgesprochen förderlich, sich einen Weg zu erarbeiten, um sich der eigenen Astralis bewusst zu werden. Dieser Weg dahin führt über die klassische Forderung: Mensch erkenne dein Selbst. Bereits Buddha predigte seinen Mönchen, beständig und gerade bei allen noch so gewöhnlichen Verrichtungen des alltäglichen Dasein wachsam zu sein, um die Abhängigkeit von der eigenen Begierdennatur im Stoffbewusstsein einigermaßen erkennen zu können, die ganz besonders aus der Astralis kommt.

CC: Don Juan hatte recht. Ich musste ihnen zugestehen, dass ich wusste, dass es irgend etwas in mir gab, das alles registrierte und sich dessen, was ich tat, bewusst war. Und doch hatte dies nichts mit dem gewöhnlichen Bewusstsein meiner selbst zu tun. Es war etwas anderes, das ich nicht erfassen konnte. – Es ist eine innere Stimme, die dir sagt, was los ist. Und damals sagte sie mir, dass ich zum zweiten Mal erwacht war. Sobald ich aufwachte, war ich natürlich überzeugt, dass ich geträumt haben musste. Offenbar war es kein gewöhnlicher Traum gewesen, aber es war auch nicht eigentlich Träumen gewesen. Daher kam ich zu dem Schluss, dass es etwas anderes gewesen sein musste: Schlafwandeln war es, im Halbschlaf, nehme ich an. Ich konnte es mir nicht anders erklären. – Das, was ich erlebt hatte, war alles andere als ein Traum und ich dürfe mich nicht damit begnügen, es als Schlafwandeln aufzufassen.

Wer in sich akzeptieren kann, dass sein Wesen mit einem Ätherkörper und einem Astralkörper ausgestattet ist, hat die Chance, unter bestimmten Bedingungen in diesen mikrokosmischen Feldern bewusst zu sein. Z.B. tritt der Mensch im Traum mit seinem Astralbewusstsein in die astralen Welten ein, die aktuell von ihm angezogen werden. Ein Forscher, der Sein und Glauben der indischen Saddhus erforscht hat, schreibt, dass einige durch Meditation und langjährige Askese geschulte Saddhus bis in das mentale Bewusstsein vordringen können. Wer fest dazu entschlossen ist und die geeignete Umgebung für sich herstellt, kann sich durch Meditation, Autogenes Training, oder ganz einfach durch Tagträumen in sein ihn umgebendes astrale Feld erheben. Er sollte sich dabei stets dessen bewusst sein, dass auch dort die Erscheinungen nur Erscheinungen sind, keine Wirklichkeiten! Die bereits mehrfach beschriebenen Nahtod-Erfahrungen sind ungewolltes Betreten der jenseitigen Sphären, in den sich zunächst die ätherischen Gegebenheiten noch mit der stofflichen Welt mischen.

DJ: »Heute habe ich nur die Aufgabe, den Nagel einzutreiben, den Genaro abgesteckt hat – nämlich die Tatsache, dass wir leuchtende Wesen sind. Wir sind Wahrnehmung. Wir sind Bewusstsein. Wir sind keine Objekte, wir haben keine feste Konsistenz, wir sind grenzenlos. Die Welt der festen Objekte ist ein Mittel, unsere Wanderschaft auf Erden angenehm zu machen. Sie ist nur eine Beschreibung, geschaffen, um uns zu helfen. Wir – oder besser: unsere Vernunft (unsere rationelle Prägung durch Erziehung und Pädagogik) – vergessen gern, dass die Beschreibung nur eine Beschreibung ist, und so schließen wir die Ganzheit unseres Selbst in einen Teufelskreis ein, dem wir, solange wir leben, kaum entrinnen können.«

Der Mikrokosmos bzw. das aurische Wesen ist ein multiplexes Kraftfeld auf der Basis von Bewusstsein. Im Ätherfeld ist ein ätherisches Bewusstsein, im Astralfeld wirkt ein astrales Bewusstsein, im mentalen Feld denkt ein mentales Bewusstsein und im Stoffkörper kommuniziert ein stoffliches Bewusstsein. In gewisser Weise arbeiten alle mikrokosmischen Bewusstheiten für die verschiedenen Lebensaufgaben unterschiedlich zusammen und aktivieren die entsprechenden Wahrnehmungsmöglichkeiten, Denken, Fühlen, Riechen, Schmecken, Sehen. Es wird allerdings nicht nur der Input geregelt, sondern auch der Output wie z.B. Sprechen oder emotionale Ablehnung über die Astralis, oder das Einspeichern in die den Bewusstheiten zugänglichen Gedächtnisse. Einiges wird in die bereits im Atemfeld aufgebauten Vorstellungen, Werturteile oder Lebensprinzipien nach dem isobaren Resonanzgesetz eingegliedert. Dazu gehören auch die Sinngebungen von Bezeichnungen oder Namen aus der materiellen Weltanschauung. z.B. ist ein Stein hart und schwer, Wasser ist flüssig und nass und Federn sind leicht und weich. Vom Gesichtspunkt des Kernphysikers sind das alles nur Kondensate von subatomarer Energie; wir können auch sagen: alle Dinge der materiellen Welt sind Ab-bildungen aus dem Ätherfeld. Und dabei wird das Ätherfeld direkt und konsequent vom Astralfeld ausgeprägt. Das mikrokosmische Gesamtgeschehen wird vom Gesamtbewusstsein des aurischen Wesens geführt, bis hinein in alle stofflichen Reaktionen, die die Person ausführt. Hat sich der Mensch allerdings methodisch vom stofflichen und ätherischen Sein lösen können, kann der Astralkörper unabhängig und ohne Probleme „durch Wände“ gehen, weil er prinzipiell weder vom Stoff noch vom Äther aufgehalten werden kann. Das Erlebnis ist dann ganz ähnlich der Erfahrung in einem Traum. Nur dass er in dieser bewusst herbeigeführten Situation aktiv handeln kann, im Rahmen des vorbereiteten Settings – Umgebung, Zeitschiene, Mitwirkende, Betreuer etc.

DJ: »Wir sind wahrnehmende Wesen«, fuhr er fort. – »Die Welt, die wir wahrnehmen, ist jedoch eine Illusion. Sie (Maya) ist entstanden durch eine Beschreibung, die man uns seit dem Augenblick unserer Geburt erzählt hat. – Wir sind leuchtende Wesen, sind mit zwei Ringen der Kraft geboren, aber wir benutzen nur einen davon, um die Welt zu erschaffen. Dieser Ring, der sich schließt, bald nachdem wir geboren sind, ist die Vernunft – und ihr Begleiter ist das Sprechen. Gemeinsam hecken die beiden die Welt aus und halten sie in Schwung. Die Welt, die deine Vernunft erhalten möchte, ist also im Grunde eine Welt, geschaffen durch eine Beschreibung und ihre dogmatischen, unumstößlichen Regeln, welche die Vernunft zu akzeptieren und zu verteidigen lernt.
Das Geheimnis der leuchtenden Wesen ist, dass sie noch einen weiteren Ring der Kraft haben, der gewöhnlich nie benutzt wird, den Willen. Die Methode der Zauberer ist die gleiche Methode, wie ihn die normalen Menschen anwenden. Beide haben sie eine Beschreibung (ihrer Welt). Der eine, der normale Mensch, erhält sie mit Hilfe seiner Vernunft aufrecht, der andere, der Zauberer, erhält sie mit seinem Willen aufrecht. Beide Beschreibungen haben ihre Regeln, und die Regeln sind wahrnehmbar, doch der Vorteil des Zauberers liegt darin, dass der Wille umfassender ist als die Vernunft.
Was ich dir jetzt vorschlagen möchte, ist, dass du von nun an deine Wahrnehmung entscheiden lassen sollst, ob die Beschreibung der Welt durch deine Vernunft oder durch deinen Willen aufrechterhalten wird.«

Bei diesen Textabschnitt fällt auf, das DJ darauf aufmerksam machen will, dass der normale Mensch mit seiner Vernunft ein bestehende Weltbild erschafft, das jedoch nicht komplett ist. Das vernünftige Denken der Menschen in den westeuropäisch orientierten Zivilisation auf ihren materialistisch geprägten Gedächtnisspuren aufbaut. Dabei sind Ding oder Abstrakta mit dem Begriff und dem Namen verschmolzen. Dem Denken entgeht mithin, dass alle Sensationen allerdings nur Erscheinung im stofflichen Energiefeld sind, in dem der Mensch sein ganzes Selbst niemals realisieren kann. Die Vernunft – dieses Wort wird hier in der Bedeutung von rationalem Bedenken und Abgleichen an autorisierten Weltanschauungen benutzt, die ein Mensch im Laufe des Erwachsen-Werdens abgespeichert hat, um sich im Konkurrenzkampf des Alltäglichen behaupten zu können. Da er sich der Einfachheit halber stets mit den Oberflächen der Erscheinungen zufrieden gibt, kann er nicht wirklich Kraft wirken, kann er auch niemals sein wahres Selbst erfassen, das aus allen Kraftebenen des Mikrokosmos hervorgebracht wird.
Der Wille bezeichnet eine Kombination aus uneingeschränktem Begehren aus der Astralis und einer ungebrochenen mentalen Wachsamkeit und Ausrichtung auf das gewünschte Ziel, die nicht von äußeren Verstandesargumenten, gesellschaftlichen Bedingungen, Verhaltenskodizes oder Tabus in Frage gestellt wird. Dieses mentale und astrale „Wollen“ ist ein so sein müssen, das aus der ganzen Person klingt und sich dann auch in allen Feldern verwirklicht. In diesem Handeln realisieren sich das autonome Selbstbewusstsein und die damit verbundenen karmischen Aufträge. Dabei wird der Kandidat von seiner sehr aufmerksamen Wahrnehmung geleitet, die, unabhängig von vorgeprägten Anschauungen, alle ihn betreffenden Ereignisse in den Gesamtrahmen des aktuellen Werdens stellt.

DJ: »Der grundlegende Unterschied zwischen einem normalen Menschen und einem Krieger ist, dass der Krieger alles als eine Herausforderung annimmt, während der normale Mensch alles entweder als Segen oder als Fluch auffasst.«

Mit dieser Feststellung wird ein typisches Verhalten der konsumorientierten euroamerikanischen Mitbürger charakterisiert. Allerdings ist sein Kern in dem semitischen „Sündenfall-Konzept“ und den darauf aufbauenden teleologischen Philosophien verborgen. Darum sortieren die in ihrem Einfluss stehenden Menschen, die sie umgebenden Ereignisse und Sensationen stets nach Erfolg bzw. Misserfolg. Viele Menschen wenden sich heute von den religiösen Zwangsmechanismen ab, und sortieren ihre Geschehnisse nach ihrem subjektiven Wohlbefinden oder nach der Kompatibilität mit ihrem aktuellen Überlebenskampf, je nach sozialer Schichtung. Alle Gruppen realisieren ihr Sein und die darin für sie auftretenden Ereignisse als Glück oder Unglück, oder als Vor- bzw. Nachteil.
Dabei werden die Ereignisse immer im Außen wahrgenommen, im materiellen Feld der Erscheinung. Die verursachende Instanz wird offensichtlich immer außerhalb des Wahrnehmenden positioniert. Egal ob es jetzt materielle Gegebenheiten oder Zufälligkeiten analog der Billardkugeln sind oder religiöse Zusammenhänge mit Göttern oder schamanistischen Geistern, es herrscht die kuriose Meinung vor, dass es immer etwas anderes in der Umwelt gibt, was das Geschehnis bestimmt. Besonders die unangenehmen Ereignisse sind immer von der Gesellschaft, anderen Menschen oder Wesen, Geistern oder Göttern verursacht, die dann auch durch angemessene Rituale wieder besänftigt werden müssen.
Alles Leben ist jedoch auch für verbohrte Marxisten und Allah-Gläubige eine Perlenschnur aus ganz konkreten praktischen Erfahrungen, die leichter zu bewältigen sind, wenn die Erlebnisse von Vornherein weder bewertet noch verurteilt werden. Zum anderen sollte einmal jedem klar werden: alle Ereignisse, die den Menschen erreichen, alle mentalen, emotionalen und physischen Sensationen, die von ihm wahrgenommen, sein Denken, Fühlen und Begehren aktivieren, werden immer von dem mikrokosmischen Gesamtfeld angezogen, das von den karmischen Strukturen, polarisiert von seinem aktuellen Sein, Denken, Fühlen und Begehren, eine individuelle Vibration hervorbringt. Das aktuelle Bewusstsein des Menschen ist sich dieses Gesamtzusammenhangs niemals bewusst und unterliegt aus diesem Grunde zahllosen Irrtümern und Täuschungen, vor allem, wenn es darum geht, einen Verursacher zu finden.

Genie und Kultur – Nachahmung


 

Zitat aus: Der Gang der Weltgeschichte – Aufstieg und Verfall der Kulturen.

von Arnold J. Toynbee.
Der Mystiker, das Genie, möchte in der ganzen Menschheit das Unmögliche möglich machen, jenes erschaffende Etwas, das er in seiner mystischen Schau erlebt hat, in eine schöpferische Kraft verwandeln oder das in Bewegung verwandeln, was der Intuition nach ein Innehalten ist.

Dieser Widerspruch ist die Crux der dynamischen Beziehung, die sich zwischen Menschen auf Grund des Erscheinens von mystisch inspirierten Persönlichkeiten ergibt. Die schöpferische Persönlichkeit drängt dazu, ihre Mitmenschen in Mitschöpfer durch deren Wiedergeburt nach ihrem eignen Bilde umzuformen. Diese schöpferische Umwandlung, die sich im Mikrokosmos des Mystikers einstellt, fordert eine Anpassung an den Makrokosmos, bevor sie sich vollenden kann oder gesichert ist. Aber ex hypothesis ist der Makrokosmos der umgewandelten Persönlichkeit auch der Makrokosmos ihrer nicht umgewandelten Mitmenschen, und ihre Bemühung, den Makrokosmos im Einklang mit der Veränderung ihrer selbst umzuformen trifft auf den Widerstand von deren Trägheit, die dazu neigt, den Makrokosmos in Harmonie mit ihrem ungeänderten Selbst zu nehmen, nämlich so wie er gerade ist.


Sollte Dir ein Gedanke zu dem Text einfallen, dann schicke ihn bitte mir zu.  Vielen Dank.


Diese soziale Situation ergibt ein Dilemma. Wenn das schöpferische Genie es nicht fertig bringt, seinem Milieu die Änderung zu bringen, die es in sich erreicht hat, wird ihm seine Schöpferkraft verhängnisvoll. Es hat sich selbst zu seinem Handlungsfeld in ein Missverhältnis gebracht: und mit dem Verlust der Handlungsfähigkeit verliert es den Willen zum Leben – auch wenn seine früheren Genossen es nicht zu Tode hetzen, wie anormale Glieder eine animalischen Schwarmes. Wenn andererseits unser Genie mit Erfolg die Trägheit oder aktive Feindschaft seiner früheren Genossen überwindet und im Triumph sein soziales Milieu in eine neue Ordnung in Harmonie mit seinem gewandelten Selbst umformt, macht es dadurch das Leben für Männer und Frauen, die aus gemeinem Ton gemacht sind, unerträglich, außer sie können mit Erfolg ihr eigenes Selbst wiederum dem neuen sozialen Milieu anpassen, das der herrische Wille des triumphierenden Genies ihnen auferlegt hat. Dasist die Bedeutung der Jesus in den Evangelien zugeschriebenen Worte: »Glaubt nicht, ich sei gekommen, Friede auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. lch bin gekommen, den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter, die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Ja, des Menschen Feinde sind seine eigenen Hausgenossen.“

Wie lässt sich das soziale Gleichgewicht wiederherstellen, wenn der aufwühlende Vorstoß des Genies es einmal zu Fall gebracht hat? Die einfachste Lösung würde die sein, dass einförmige Vorstöße – einförmig in gleicher Weise in Stärke und Richtung – von allen und jeden Gliedern des Gesellschaftskörpers unabhängig gemacht werden. In solch einem Falle würde es Wachstum ohne eine Spur von Spannung oder Reibung geben. Aber es muss kaum gesagt werden, dass sich solche hundertprozentige Antworten auf den Ruf des schöpferischen Genies in Wirklichkeit nicht ereignen. Die Geschichte ist ohne Zweifel voll von Beispielen für die Tatsache, dass, wenn eine – religiöse oder wissenschaftliche – Idee, wie wir sagen, »in der Luft« liegt, sie imGeist von verschiedenen inspirierten Personen unabhängig und fast gleichzeitigGestalt annimmt.

Aber auch in den schlagendsten solcher Fälle stehen die Mehrzahl von unabhängig und gleichzeitig erleuchteten Geistern als einzelne Figuren gegen Tausende oder Millionen einfachen Menschen, die ohne Antwort auf den Ruf sind. Die Wahrheit scheint zu sein, dass der wahren Einigkeit und Individualität eines Schöpfungsaktes sich selten mehr als in einem geringfügigen Ausmaße die Tendenz zur Einheitlichkeit auswirkt, was der Tatsache entspringt, dass jedes Individuum potentiell schöpferisch istund dass alle diese Individuen in derselben Atmosphäre beharren, so dass der Schöpfer, wenn er ersteht, sich stets überwältigend überstimmt findet durch die träge, unschöpferische Masse, auch wenn er das günstige Geschick hat, sich in der Gesellschaft von einigen wenigen verwandten Geistern umgeben zu erfreuen.

Alle Akte sozialer Schöpfung sind das Werk individueller Schöpfer oder meist schöpferischer Minderheiten,und bei jedem sukzessiven Vorrücken bleibt die große Mehrheit der Mitglieder des Gesellschaftskörpers zurück. Wenn wir auf die großen religiösen Organisationen der Welt von heute einen Blick werfen, auf die christlichen, islamitischen und hinduistischen, finden wir, dass die große Masse ihrer nominellen Anhänger, wie exaltiert immer die Glaubensbekenntnisse, denen sie Lippendienst leisten, sein mögen, noch in einer geistigen Luft leben, die – was die Religion betrifft – nicht weit vom simpelsten Heidentum entfernt ist. Es steht genau so mit den jüngsten Leistungen unserer materiellen Kultur. Unsere abendländische wissenschaftliche Erkenntnis und unsere Technik, sie zur Geltung zu bringen, sind gefährlich esoterisch. Die großen neuen sozialen Kräfte der Demokratie und des Industrialismus sind von einer dünnen schöpferischen Minderheit hervorgerufen worden, und die große Masse der Menschheit bleibt noch substantiell auf dem selben intellektuellen und moralischen Stand, auf dem sie sich befand, bevor die titanischen neuen sozialen Kräfte aufzutauchen begannen. Tatsächlich besteht der Hauptgrund, warum dieses sogenannte Salz der Erde heute in Gefahr ist, seinen Geschmack zu verlieren, darin, dass die große Masse des abendländischen Sozialkörpers ungesalzen geblieben ist.

Die Tatsache, dass das Wachstum der Kulturen das Werk von schöpferischen Individuen oder schöpferischen Minderheiten ist, schließt ein, dass die unschöpferische Mehrheit zurückbleibt, wenn die Pioniere nicht wirksame Mittel ersinnen, diesen trägen Tross auf ihrem heftigen Vorstoß mit sich zu reißen. …, dass primitive Gesellschaftskörper, wie wir sie kennen, sich in einem statischen Zustand befinden, wohingegen die Kulturen – anders die gehemmten Kulturen – in einer dynamischen Bewegung begriffen sind. Wachsende Kulturen unterscheiden sich von primitiven statischen Gesellschaftskörpern kraft der dynamischen Bewegung schöpferischer individueller Persönlichkeiten in ihren Sozialkörpern, und diese schöpferischen Persönlichkeiten bilden selbst zu Zeiten ihrer größten numerischen Stärke niemals mehr als eine kleine Minderheit. In jeder wachsenden Kultur befindet sich die große Mehrheit der einbezogenen Individuen in derselben stagnierenden ruhigen Verfassung wie die Mitglieder eines statischen primitiven Gesellschaftskörpers. Mehr noch sind die große Mehrheit der Teilnehmer in einer wachsenden Kultur – abgesehen von einer äußerlichen Erziehungstünche – Menschen von den gleichen egoistischen Leidenschaften wie die primitive Menschheit. Hier finden wir das Korn Wahrheit der Redensart, dass sich die menschliche Natur niemals ändert. Die höheren Persönlichkeiten, Genies, Mystiker oder Übermenschen – man nenne sie, wie man will – sind nicht mehr als etwas Sauerteig in dem Klumpen der gewöhnlichen Menschheit.

Diese dynamischen Persönlichkeiten, die mit Erfolg die Tradition mit den kristallisierten Wertvorstellungen in ihrem eigenen Charakter brechen und zu lebendigen Innovationen umformen können, dann auch in Wirklichkeit imstande sind, ihren individuellen Sieg zu konsolidieren und ihn vor der Verkehrung in eine soziale Niederlage zu bewahren, in dem sie daran gehen, in ihrem sozialen Milieu die kristallisierten Traditionen der Alten zu brechen. Dieses Problem zu lösen, erfordert eine doppelte Anstrengung: »das Mühen einiger Menschen, Neues zu finden, und das Mühen aller andern Menschen, es anzunehmen und sich ihm anzubequemen. Eine Gesellschaft kann zivilisiert genannt werden, sobald man dort zugleich diese Initiativen und diese Gelehrigkeit findet. Die zweite Bedingung ist übrigens schwieriger zu erfüllen als die erste. Was den Nicht-Zivilisierten gefehlt hat, ist wahrscheinlich der überragende Mensch (man sieht nicht ein, . wieso die Natur nicht immer und überall diese glücklichen Einfälle gehabt haben soll), sondern vielmehr die Gelegenheit für solch einen Menschen, seine Überlegenheit zu zeigen, das heißt die Geneigtheit der andern, ihm zu folgen

Das Problem der Sicherung dessen, dass die unschöpferische Mehrheit tatsächlich der Führung der schöpferischen Minderheit folgt, scheint zwei Lösungen zu haben, eine praktische und eine ideale. „Der eine Weg ist die Dressur, das andre ist die mystische Liebe. Nach der ersten Methode prägt man eine aus unpersönlichen Gewohnheiten bestehende Moral ein; nach der zweiten erreicht man die Nachfolge einer Person und sogar eine seelische Vereinigung, ein mehr oder weniger vollständiges Einswerdenmit ihr.« Die unmittelbare Entzündung schöpferischer Kraft von Seele zu Seele ist ohne Zweifel der ideale Weg, aber ausschließlich auf ihn zu bauen, hieße auf Vollkommenheit vertrauen. Das Problem, die unschöpferische große Masse auf eine Linie mit den schöpferischen Pionieren zu bringen, kann in der Praxis nicht auf der sozialen Ebene gelöstwerden, ohne die Fähigkeit zu reiner Nachahmung, Mimesis, ins Spiel zu bringen – eine der weniger erhabenen Fähigkeiten der Menschennatur, die in sich mehrvom Drill als von Inspiration lebt.

Nachahmung ins Spiel zu bringen ist unerlässlich in Bezug auf den vorschwebenden Zweck, weil Nachahmung jedenfalls eine der gewöhnlichen Fähigkeiten des primitiven Menschen ist. Nachahmung ist einer der Gattungszüge im Sozialleben in primitiven Gesellschaftskörpern wie in Kulturen, aber sie wird in diesen bei den beiden Arten der Gesellschaftskörper auf verschiedene Weise vollzogen.  In statischen primitiven GeseIIschaftskörpern wird die Nachahmung auf die ältere Generation der lebenden Mitglieder gerichtet und auf die Toten, in denen »Tradition und Moral« verkörpert ist, wohingegen in Gesellschaftskörpern im dynamischen Kulturprozess dieselbe Fähigkeit auf die schöpferischen Persönlichkeiten gerichtet wird, die Neuland gepflügt haben. Die Fähigkeit ist dieselbe, aber sie wendet sich in die entgegen gesetzte Richtung.

Kann diese revidierte Version eines primitiven sozialen Drills, dieser mechanische und fast automatische »Rechts- oder Linksdrall«, wirklich als ein wirksamer Ersatz dienen für »ernste geistige Gemeinschaft und intimen persönlichen Verkehr«, was Plato als das einzige Mittel der Weitergabe einer Philosophie von dem einen Individuum zum anderen ansprach? Man kann nur antworten, dass die Trägheit der Menschheit in ihrer Masse tatsächlich niemals durch den ausschließlichen Gebrauch der platonischen Methode überwunden worden ist. Die Aufgabe, die träge Mehrheit entlang den Weg der aktiven Minderheit zu ziehen, hat die ideale Methode unmittelbarer individueller Erleuchtung immer durch die praktische Methode des sozialen Drills im großen verstärkt werden müssen, also durch eine gewohnheitsmäßige Übung der primitiven Menschheit, die dem sozialen Fortschritt dienstbar gemacht werden kann, wenn neue Führer das Kommando übernehmen und neue Marschbefehle ausgeben.

Nachahmung, Mimesis, kann zur Erwerbung von sozialen Aktivposten führen – Verhaltungsweisen oder Emotionen oder Vorstellungen – die die Erwerber allein nicht hervorgebracht hatten und die sie niemals besessen haben würden, wenn sie nicht denen, die sie besaßen, begegnet wären und sie nachgeahmt hätten. Es ist in der Tat eine Wegabkürzung. Aber diese Wegabkürzung, obwohl sie ein unvermeidlicher Weg zu einem notwendigen Ziel sein kann, ein zweifelhaftes Hilfsmittel ist, das nicht weniger unvermeidlich eine wachsende Kultur der Gefahr des Niederbruchs aussetzt.

Das gnostische System des Marcion

EIN VORWORT ZUR KULTURGESCHICHTE ÄGYPTENS UND DES ALTEN ORIENTS.

von Egon Friedell.

Durch den donnernden Flutgang der Jahrtausende tönt eine Stimme, tröstend und warnend: des Menschen Reich ist nicht von dieser Welt. Aber daneben erklingt eine brausende Gegenstimme: diese Erde voll Glanz und Finsternis gehört Dir, dem Menschen; sie ist Dein Werk und Du das ihrige: ihr kannst Du nicht entfliehen. Und Du dürftest es auch gar nicht, selbst wenn Du es könntest! Wie sie geschaffen ist, furchtbar und wunderbar: Du musst ihr die Treue halten. Diese unaufgelöste Dissonanz bildet das Thema der Weltgeschichte. Man sollte nun meinen, ja man müsste geradezu fordern, dass jeglicher Geschichtsbetrachtung die Deutung dieses rätselhaften Widerstreits voraufzugehen habe. Denn sonst ist alle Historie ein verschleierter Schlüsselroman. Ehe wir dies nicht erklärt haben, können wir ja gar nicht anfangen. Aber wir können es nicht erklären! Hier sich Klarheit oder gar ein Wissen eintäuschen zu wollen, wäre eine Art feinerer Atheismus. In diesem Dilemma besteht das Wesen der Geschichtsphilosophie. Jeder Mensch, ob er sich dessen deutlich bewusst ist oder nicht, ringt unaufhörlich mit dieser dunkeln Frage. Sie ist die Wurzel und Krone aller Religion, ja: sie zu stellen, ist bereits Religion.


Sollte Dir ein Gedanke zu dem Text einfallen, dann schicke ihn bitte mir zu.  Vielen Dank.


Sie verwandelt unsere farbenmächtigsten Künste und unsere fruchtbarsten Wissenschaften in grauen Dunst. Sie erfüllt unseren oberflächlichsten Alltag mit Tiefgang und nimmt unseren wuchtigsten Tatendas Schwergewicht. Aber nur ein einziges mal im Gange des uns bekannten Weltgeschehens ist der Versuch gemacht worden, sie ganz zu Ende zu denken und dadurch zu lösen; und dieser ist misslungen. Er ist misslungen; aber trotzdem verdient er unsere ernste und nachdenkliche Betrachtung. Der griechische Kunstschriftsteller Pausanias, der zur Zeit der antoninischen Kaiser seine „Rundreise“, eine Art Cicerone durch die hellenischen Sehenswürdigkeiten, verfasste, berichtet in Übereinstimmung mit anderen Autoren, dass es in Griechenland von alters her Altäre gegeben habe, die „dem sogenannten unbekannten Gotte“ geweiht waren, darunter einen neben der Bildsäule des Zeus von Olympia, dem weltberühmten Goldelfenbeinwerk des Phidias. Und der Kompilator Diogenes Laertius, der etwa ein halbes Jahrhundert später gelebt haben dürfte, erzählt in seinem Buch über „Leben, Lehren und Aussprüche der berühmten Denker“, einem mehr belletristischen als philosophischen, aber in den Angaben sehr zuverlässigen Werk, dass sogar „anonyme Altäre“ vorhanden waren, die überhaupt keine Aufschrift trugen. Man versichert uns zwar, dies seien bloße Äußerungen einer religio eventualis gewesen, einer Religion für alle Fälle, die besorgte, man möge vielleicht einen Gott übersehen haben, der in Vergessenheit geraten oder nur im Ausland bekannt geworden sei, auch habe es auf jenen Altaraufschriften nur ganz allgemein geheißen : „Den unbekannten Göttern“, und die Berichterstatter hätten sich bloß verlesen, aus den anonymen Opfersteinen aber spreche die Verehrung einer Art von namenlosen „Gattungsgöttern“ ; indes, alle diese späten Kalküle einer engbrüstigen Philologenspitzfindigkeit tragen, so „belegt“ sie sein mögen, den Stempel superkluger Unglaubwürdigkeit. Viel natürlicher und menschlicher, größer und einfacher wäre es, anzunehmen, schon in den Alten habe ein dunkles Gefühl dafür gelebt, dass der ganze Kreis der Olympischen und selbst der zur „reinen Vernunft“ geläuterte Zeus nicht das Wesen der Gottheit umspanne, dass vielmehr einer noch fehle, der sich noch nicht geoffenbart habe und daher unbekannt sei; und zugleich namenlos, da er über allen Namen sei. An ein solches Heiligtum, das in Athen dem unbekannten Gotte geweiht war, knüpft die Predigt an, die der heilige Paulus auf dem Areopag hielt. Er sagte: „Ihr Männer von Athen! Ich verkündige euch eben diesen Gott, den ihr bisher, ohne um ihn zu wissen, verehrt habt. Denn er ist ja nicht fern von einem jeglichen unter uns: in ihm leben, weben und sind wir.“

Jenes „Wissen um Gott“ war auch das Ziel der gnostischen Bewegung, deren Blütezeit in die erste Hälfte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts fällt. Gnosis ist Eingeweihtsein in die Mysterien des Himmels und der Erde, der Natur und der Geschichte, aber nicht durch Spekulation oder Empirie, sondern durch Offenbarung; sie ist mathesis, höhere Erkenntnis, gnosis soterias, Wissen des heiligen Weges. Sie ist das „Licht“, ein erleuchtetes Schauen, eine innere Erfahrung, man könnte auch sagen: Erfassen durch Intuition, wenn dieser Begriff durch seine heutige Anwendung auf das Schaffen des Künstlers und Forschers nicht schon zu sehr rationalisiert wäre. Diese höchst suggestive Geheimlehre, bilderwütig und orakelsüchtig, verwirrt durch mystifizierenden Formelspuk, barbarische Kultsymbole, abenteuerliche Allegorik, nebulose Weltentstehungslehren, schwankte zwischen Heidenchristentum und neuplatonischer Philosophie, sublimem Spiritualismus und massivem Zauberglauben, Ekstase und Begriffsspalterei unentschlossen hin und her und war auch in der Lebenspraxis halb Askese, halb Libertinismus, da beides sich als eine Konsequenz aus der grundsätzlichen Verachtung der Sinnenwelt rechtfertigen ließ. Denn das Herzstück aller Gnosis ist das Wissen des Geistes um seine Befreiung vom Erdenrest, die Erinnerung der Seele an ihren göttlichen Ursprung.

Die vier Grundkräfte, die im Kosmos walten, sind die Materie, die Seele, der Logos und der Geist. Nach ihnen ordnet sich die Hierarchie der Wesen: zu unterst stehen die Gesteine, die bloß Materie sind; auf sie folgen die Pflanzen, die eine Ernährungsseele, und die Tiere, die eine Sinnenseele besitzen; über sie erhebt sich der Mensch, begabt mit der Kraft des Logos, der Vernunft, und befähigt zum Geist zu gelangen, dessen Stufen durch eine immer höher steigende Schar immaterieller Potenzen repräsentiert werden und vor dem Throne Gottes endigen. Auf dieser Leiter entspricht die Seele etwa dem Nervenleben, der Logos den rationalen Fähigkeiten, der Geist aber, das Pneuma, einem Vermögen, das nicht von dieser Welt ist. Dementsprechend gliedert sich auch die Rangordnung der Menschen in die Sarkiker, die bloß dem Fleisch leben, die Psychiker und die Pneumatiker. Reiner Geist und Gott sind dasselbe; aber, sagt der berühmte Basilides, der Hauptvertreter der sogenannten ägyptischen Gnosis, alles Positive und alles Negative, das man von Gott aussagen könnte, hätte nur den Wert eines Zeichens.

Dem über alles Denken erhabenen göttlichen Urwesen, dem „Unaussprechbaren, Unnennbaren, mit Schweigen Angerufenen“ völlig entgegengesetzt ist die Materie, der Grund alles Bösen, aber zugleich das Nichtseiende. Sie ist das Werk des Bildners oder Demiurgen, eines von der Gottheit geduldeten untergeordneten Geistes, eines bösen, aber reuigen Wesens. Die Welt ist also eine Art Gegenschöpfung und zugleich eine Scheinschöpfung. Dies erkannt zu haben, ist identisch mit der Rückkehr zu Gott. Dieses Wissen bereits erlöst; aber nur dieses Wissen. Ohne Gnosis ist der Mensch verdammt. Die Gottheit, ungeworden, unsichtbar, unfassbar, wie sie ist, war auch dem Demiurgen unbekannt; aber sie hat sich Christus offenbart und durch ihn allen, die der Gnade der Gnosis teilhaftig geworden sind. Nach der Auffassung des syrischen Gnostikers Saturnilus ist der Weltschöpfer einer der Engel Gottes; aber, fügt Valentinus hinzu, der Stifter einer der angesehensten gnostischen Sekten, der Mensch ist mehr als die Engel, die ihn schufen. Zwar herrscht auch im Reich der Seele der Demiurg: sie ist, wie Valentinus es sehr anschaulich ausdrückt, eine schmutzige Kneipe, in der die Dämonen aus- und eingehen.

 Aber der Mensch trägt in sich einen Funken des göttlichen Lichts, er ist „groß und elend“. Es ist dieselbe Formel, zu der anderthalb Jahrtausende später der größte Christ der gallischen Rasse, Blaise Pascal, gelangte: „Alles Elend des Menschen erweist seine Größe. Es ist das Elend eines großen Herrn, das Elend eines entthronten Königs.“ Indes hat es die ganze gnostische Bewegung nirgends zu mehr gebracht als zu verstreuten unterirdischen Gedankenkeimen, halben Ahnungen und widerstreitenden Apercus. Zu Licht und Frucht sind sie erst im Geiste Marcions gelangt, eines religiösen Genies von großartiger Einfachheit, profunder Frömmigkeit und rasanter Denkschärfe, der aber seit vielen Jahrhunderten für die Nachwelt kaum einen Namen bedeutet. Marcion ist für das religiöse Bewusstsein der Gegenwart verschollen. Für die meisten Historiker der christlichen Kirche ist er „ein Gnostiker“. Er war aber weder dieses, vielmehr ein abgesagter Gegner der gnostischen Sekten: ihres bunt gewürfelten Synkretismus, ihrer geheimniskrämerischen Esoterik, ihrer gewalttätigen allegorischen Methoden, noch war er überhaupt einer unter anderen, sondern eine einmalige Erscheinung von unwiederholbarer Prägnanz, die hart bis an die Grenze der Bizarrerie und Monomanie streift. Alle Mysterienweisheit, ja alle Philosophie gilt ihm als „leerer Betrug“, und er verhält sich zu den Gnostikern ähnlich wie Sokrates zu den Sophisten, dem ja auch das paradoxe Schicksal widerfuhr, dass er von seinen Zeitgenossen gerade jener Schule zugerechnet wurde, die er sein Leben lang aufs heftigste bekämpfte. Er war, um es mit einem Worte zu sagen, der größte Ketzer, der jemals aus dem Christentum hervorgegangen ist. Adolf von Harnack erklärt, keine zweite religiöse Persönlichkeit nach Paulus und vor Augustin könne an Bedeutung mit Marcion rivalisieren, und in der Tat bezeichnen diese drei die gewichtigsten Marksteine in der Entwicklung der katholischen Kirche: der größte Apostel, der größte Kirchenvater und der größte Häretiker. Bei Polykarp heißt er der Erstgeborene des Satans, bei Tertullian „antichristus Marcion“, Origenes hingegen rühmt ihm feurigen Geist und göttliche Gaben nach, ohne die er eine solche Häresie nie hätte stiften können, und Clemens Alexandrinus nennt ihn einen Giganten und Theomachen.

Er wurde um das Jahr 85 in Sinope am Pontus geboren, als Sohn des dortigen Bischofs, der ihn wegen der Irrlehren, mit denen er schon früh hervortrat, selbst exkommunizierte: ein Geist von diesem diamantenen Ernst und Diogenes, der Buffo der griechischen Philosophie, in dem diese wie in einem Satyrspiel sich selbst den Epilog spricht, waren Söhne derselben Stadt. Marcion begab sich zunächst nach Kleinasien, wo seine Doktrin zurückgewiesen wurde; dasselbe widerfuhr ihm in Rom: die dortige Gemeinde verdammte seine Thesen und schloss ihn aus. Damals war Marcion schon fast sechzig Jahre alt; der Tag seines Bruchs mit Rom wurde von der marcionitischen Kirche als Stiftungsfest gefeiert, ähnlich wie der Wittenberger Thesenanschlag von der lutherischen; er fiel in den Juli des Jahres 144. Ort und Zeit seines Todes sind unbekannt.

Die Marcioniten waren nicht etwa eine Sekte wie die Montanisten, die Basilidianer, die Valentinianer und zahlreiche andere, sondern eine mächtige Gegenkirche, die im zweiten Jahrhundert mit der werdenden katholischen Kirche um die Vorherrschaft rang. Sie verehrten Marcion als ihren Stifter: sein Hauptwerk, die „Antithesen“, stand in ihrem Kanon, galt also als eine Art heilige Schrift; sie sahen im Himmel zur Rechten des thronenden Heilands Paulus sitzen, zur Linken Marcion. Er selbst aber hat sich niemals für etwas anderes gehalten als für einen getreuen Verkünder des Evangeliums und den wahren oder vielleicht auch einzigen Schüler des Paulus. Sein Zeitgenosse Justinus bezeugt bereits: „Sein Evangelium erstreckt sich über das ganze Menschengeschlecht“, und etwa ein halbes Jahrhundert später versichert Tertullian: „Marcions häretische Tradition hat die ganze Welt erfüllt.“ Kompakte Marcionitengemeinden fanden sich um jene Zeit in ganz Kleinasien und Syrien, auf Kreta und Zypern, in den Weltstädten Rom und Alexandria; ihr Ausbreitungsradius reichte von Persien bis Lyon. Noch im vierten Jahrhundert hielt man es in einzelnen asiatischen Gemeinden für notwendig, in das Glaubensbekenntnis einen Passus einzufügen, der sich gegen den Marcionitismus richtete; letzte Reste seiner Anhänger gab es im Orient noch im zehnten Jahrhundert. August Neander, einer der feinsten Kirchenhistoriker des Vormärz, hat Marcion den ersten Protestanten genannt. Wollte man diese Auffassung gelten lassen, so wäre der Protestantismus älter als der Katholizismus; jedenfalls aber hat es sich um ein gewaltiges Schisma gehandelt, das an Bedeutung hinter der Reformation nicht zurücksteht, nur hat es das umgekehrte Schicksal erlitten: es ist von der katholischen Kirche aufgesogen worden und in dieser Form aufbewahrt geblieben. Man kann daher sagen: der Marcionitismus hat sich behauptet, so gut wie der Protestantismus, nur in der Gegenreformation, etwa wie wenn eine Erneuerung der römischen Kirche seinerzeit das Luthertum, hegelianisch gesprochen, „aufgehoben“, nämlich zugleich negiert und konserviert hätte. Der Katholizismus hat vieles, das dadurch anonym weiterlebte, von Marcion übernommen, nur gerade den Wurzelgedanken seiner Lehre nicht, der auch in der Tat, wie wir bald sehen werden, für die Kirche unannehmbar war.

Wir können uns den Gedankengang, durch den Marcion zu seiner Doktrin gelangte, noch heute ohne jede Mühe und Gewaltsamkeit nachkonstruieren. Die einzige heilige Schrift, die die Urchristen besaßen, war das Alte Testament. Indem er nun dessen Bücher als frommer Christ las, kam ihm eines Tages die Erleuchtung: Christus ist gar nicht der dort verkündete Messias, Christus ist ein ganz anderer! Daher sind die Juden vollkommen im Recht, wenn sie den Messias noch erwarten; Jesus aber, dessen Namen nirgends im Alten Testament erwähnt wird, hat das Gesetz nicht erfüllt, sondern aufgelöst. Sein ganzes Leben war ein Kampf gegen das Gesetz und seine Lehrer. Er hat mit dem Alten Testament völlig gebrochen, das Band zerrissen, sich von Mose in allem geschieden und deutlich davor gewarnt, einen neuen Lappen auf ein altes Kleid zu flicken, neuen Wein in alte Schläuche zu gießen. Nur durch die allegorische Erklärung gewisser Bibelstellen kann überhaupt das Weissagungsprinzip aufrechterhalten werden; im Alten Testament darf aber nichts allegorisch, muss alles wörtlich und buchstäblich ausgelegt werden. Demnach ist Christus nirgends geweissagt, er ist unerwartet und plötzlich erschienen: der Sohn Gottes braucht keine Propheten, die ihn „bezeugen“; seine Zeugen sind seine Heilandsworte und seine Wundertaten. Man wird bei dieser Deduktion Marcions an einen Ausspruch Lagardes erinnert, eines der wenigen Menschen des neunzehnten Jahrhunderts, in denen der echt protestantische Geist des Protestierens noch einmal Fleisch geworden ist: „Es gibt ja noch Leute genug, welche das Verhältnis des Alten und Neuen Testaments als das von Weissagung und Erfüllung ansehen, während in Wirklichkeit nie eine Weissagung erfüllt ist. Erfüllt in dem gemeinen Verstand des Worts werden nur Wahrsagungen, und auf Wahrsagungen lässt sich eine Religion niemals ein.“

Wie aber konnte diese einfache und fast selbstverständliche Wahrheit den Christgläubigen so lange verborgen bleiben? Dies vermochte sich Marcion nur dadurch zu erklären, dass sogleich nach der Entrückung des Heilands eine ungeheure Verschwörung einsetzte und ihr finsteres Werk verrichtete. Dieses bestand in einer systematischen Verfälschung der Botschaft, die der Heiland in die Welt gebracht hatte. Nur ein Christentum, das von allen judaistischen Elementen völlig rein ist, kann als wahres Christentum gelten. Die vier Evangelien enthalten aber solche Bestandteile, also sind sie alle vier falsch. Paulus spricht immer nur von einem Evangelium, welches das Evangelium ist: also kann es nicht vier geben; eines aber muss es wiederum geben, folglich ist eines von den vieren bloß verfälscht. Die Wahl Marcions fiel auf Lukas, der in der Tat von allen Evangelisten am meisten Heidenchrist ist. Alle zwölf Apostel haben den Heiland nicht verstanden; darum musste dieser sich in Paulus einen neuen Apostel erwecken, der die wahre Lehre verkündigte. Wie ein einziges Evangelium, so gibt es auch nur einen Apostel; aber auch dessen Briefe enthalten viel Judaistisches. Also sind auch sie falsch oder vielmehr, wie Lukas, verfälscht. Von diesen Überzeugungen ausgehend, unternahm es Marcion, den Christen eine heilige Schrift zu schaffen, bestehend aus dem Evangelium des Lukas und zehn Paulusbriefen, wobei er aber in aller Naivität selbst eine gewaltige Fälschung beging, indem er durch Kürzungen, die zum Teil sehr beträchtlich, und Zusätze, die allerdings meist nur geringfügig waren, einen „gereinigten“ Text herstellte. Andrerseits ist es aber höchst merkwürdig, dass er dem Alten Testament, das er völlig verwarf, kein derartiges Misstrauen entgegenbrachte; er erachtete es für ein durchaus zuverlässiges Geschichtswerk und hat keine Zeile darin redigiert. Indes durch dieses sonderbare Verfahren, das sich nur aus dem geringen Verantwortungsgefühl erklären lässt, das die Antike dem geschriebenen Wort entgegenbrachte, ist Marcion der Schöpfer des Neuen Testaments geworden.

Vor Marcion galten die Evangelien weder als heilige Schrift noch befanden sie sich im Besitz sämtlicher Gemeinden; und Paulus wurde den Uraposteln keineswegs im Range gleichgestellt, da er nicht den Umgang des Herrn genossen hatte. Noch um 160 verweigerten die „Aloger“, die so genannt wurden, weil sie die Gleichung Jesus = Logos nicht billigten, dem Johannesevangelium, das diese Lehre vertritt, ihre Anerkennung; und andrerseits stand das „Ägypterevangelium“, dem später die Kanonisierung versagt wurde, noch vielfach in Gebrauch. Auch war der Text noch keineswegs in dem Maße fixiert, wie dies beim Alten Testament der Fall war. Hierin bestand die große theologische Tat Marcions: er setzte Urkunde gegen Urkunde, Schrift gegen Schrift, Evangelium gegen Gesetz, Apostolat gegen Prophetie. Erst durch Marcion ist die werdende katholische Kirche dazu geführt worden, dasselbe zu tun und ihren eigenen neutestamentlichen Kanon dem marcionitischen gegenüber zustellen. Paulus zitiert immer nur aus dem Alten Testament; andere schriftliche Autoritäten kennt er nicht. Erst um 200, als Marcion sicher schon tot war, besaßen die großen Kirchen des Westens ein „Neues Testament“: vier Evangelien und dreizehn Paulusbriefe, dazu die Apostelgeschichte, die als Bindeglied eingeschoben wurde, und die Apokalypse Johannis, die aber hundert Jahre später von den meisten Griechen wieder aufgegeben wurde. Die syrische Kirche hielt an einem einzigen Evangelium fest, dem „Diatessaron“, das Tatian, allerdings einer anderen Methode folgend als Marcion, aus den vier kanonischen Evangelien komponiert hatte. Aber erst im Jahr 367 proklamierte Athanasius den Kanon von siebenundzwanzig Büchern, den wir heute besitzen, indem er die sieben „katholischen“ Briefe (zwei von Petrus, drei von Johannes, je einen von Jakobus und Judas) hinzufügte und den lange umstrittenen Hebräerbrief dem Paulus zuerkannte. Die Kirche hat, in der Weitherzigkeit ihrer Auswahl viel weniger dogmatisch als der Ketzer Marcion, einen bewunderungswürdigen Takt bekundet, indem sie, vor Widersprüchen der Überlieferung nicht zurückschreckend, das urchristliche Leben in seiner ganzen Gnade und Fülle durch die Zeiten gerettet hat.

Wenn aber Christus nicht der Messias war, was war er? Der Sohn Gottes! Aber welches Gottes? Doch nicht des alttestamentlichen, dessen Gesetz er zerstört hat? Hier erhebt sich das ungeheure Problem, dem Marcion mit der größten Kühnheit ins Auge geblickt hat. Er entschloss sich, nicht nur Altes und Neues Testament, sondern auch den Gott Mosis und den Gott Christi völlig voneinander zu trennen. Dieser Scheidung und Gegenüberstellung diente eben sein Werk „Antithesen“, worin in streng zweigliedriger Anordnung die beiden Welten miteinander konfrontiert wurden. So sagt zum Beispiel der Judengott zu Mose beim Auszug aus Ägypten: seid bereit, beschuht, die Stäbe in den Händen, die Säcke auf den Schultern, und traget alles Gold und Silber mit euch davon; der Herr aber sprach zu seinen Jüngern bei ihrer Aussendung in die Welt: habt keine Schuhe an den Füssen, keinen Sack auf dem Rücken, kein Geld in den Gürteln! Josua hat mit Gewalt und Grausamkeit das Land erobert, Christus verbietet alle Gewalt und predigt Barmherzigkeit und Frieden. Im Gesetz heißt es: Aug‘ um Auge, Zahn um Zahn, im Evangelium: wenn dich jemand auf die eine Backe schlägt, so biete ihm auch die andere dar. Der Gott des Alten Testaments verlangt Gehorsam und richtet die Ungehorsamen, der Gott Jesu verlangt nur Glauben und straft die Sünder nicht. Der alte Gott war schon Adam und allen folgenden Geschlechtern bekannt, der Vater Christi war unbekannt, wie Christus selbst bezeugt hat: niemand hat den Vater erkannt außer der Sohn. Und als Petrus in Cäsarea das große Bekenntnis zur Gottessohnschaft seines Meisters ablegte, musste dieser ihm Schweigen auferlegen, denn Petrus hielt ihn fälschlich für den Sohn des anderen Gottes.

Wie verhält sich nun nach Marcions Konzept der bekannte, wie der unbekannte Gott zur Welt und zum Menschen? Der bekannte hat die Welt geschaffen: er ist der Demiurg; der unbekannte hat bloß seinen Sohn gesandt. Er ist außer der Welt, ein hyperkosmisches Wesen, die Welt geht ihn nichts an. Er ist der „Fremde“, der „gute Fremde“: in allen marcionitischen Gemeinden und allen Sprachen, deren sie sich bedienten, war dies die Bezeichnung für die Gottheit. Das Evangelium ist die frohe Botschaft vom fremden Gott: unser Raum ist die Welt, die grauenvolle Welt des Schöpfergottes, der gute Gott aber winkt uns in eine selige Ferne. Wir leben auf der Erde nicht etwa im Exil: sie ist unsere Heimat, und wir können ihr nur entrinnen, wenn wir uns von ihrem und unserem Schöpfer lossagen. Dies ist die großartigste Leugnung der Materie, die vielleicht jemals durch eines Menschen Haupt gegangen. Der fremde Gott ist reine Güte und nichts als Güte; keine anderen Eigenschaften können von ihm ausgesagt werden. Sein ganzes Wesen erschöpft sich in erbarmender Liebe, seine Wirksamkeit in Selbstoffenbarung, die identisch ist mit Erlösung. Eben weil dieser Gott ganz Liebe ist, hat er sich aus purer Gnade eines Gebildes angenommen, das ihm völlig fremd ist: er ist die unbegreifliche Liebe. Und eben weil er ganz und gar nicht von dieser Welt, nicht einmal als ihr Schöpfer mit ihr verbunden ist, vermag er die Menschen über die Welt zu erheben. Dies ist das unfassliche Mirakel der christlichen Heilsbotschaft. ,,O Wunder über Wunder, Verzückung, Macht und Staunen, dass man gar nichts über das Evangelium sagen, nichts darüber denken, es mit nichts vergleichen kann“: so lauteten die ersten Worte der „Antithesen“.

Betrachten wir es recht, so ist jener geheimnisvolle Fremde niemand anders als der „liebe Gott“, zu dem noch heute jedes kleine Kind betet. Denn die Metaphysikerfrage, ob Gott die Welt „geschaffen“ habe, bekümmert eine reine und ursprüngliche Frömmigkeit nicht; ihr genügt, dass er ist. Welche Eigenschaften aber besitzt der Demiurg? Er ist, sagt Marcion, weder gut noch böse, sondern gerecht und schlimm, nicht malus, aber conditor malorum, Urheber der übel: ein Gott, der seine Sache schlecht gemacht hat. Er sandte die Sintflut, den Brand Sodoms, die ägyptischen Plagen, er bestraft die Väter an den Kindern und begünstigt sündhafte Menschen: den ehebrecherischen David, den unzüchtigen Salomo, den betrügerischen Jakob. Das vernichtendste Argument gegen ihn aber ist die Welt selbst, seine ganze Schöpfung. Und es reut ihn auch, dass er sie gemacht hat. Dass aber in einer solchen Welt für den Menschen die Askese das einzig mögliche Verhalten ist, ergibt sich von selbst. Und auch hier ist Marcion bis ans Ende gegangen: er gebot nicht nur größte Enthaltsamkeit in Speise und Trank (die Ernährung, sagt Tertullian, halten die Marcioniten gewissermaßen für etwas Entehrendes), sondern untersagte auch seinen Gläubigen jeglichen Geschlechtsverkehr und taufte nur Ehelose oder die Verehelichten, die Keuschheit gelobten; denn wer sich fortpflanzt, hilft die Welt des Demiurgen verewigen, und weil wir Söhne des Höchsten geworden sind, soll die leibliche Sohnschaft aufhören. Der Demiurg ist nicht etwa der Widersacher des fremden Gottes: dies kann er schon deshalb nicht sein, weil er ihn ja gar nicht kennt, und seine Welt ist auch keineswegs teuflisch, vielmehr so gut, wie sie eben, aus Materie gemacht, sein kann. Er ist nicht das Prinzip des schlechthin Bösen wie Satan oder Ahriman oder wie „Mâra, der Versucher“ in der buddhistischen Religion. Aber was ist er? Hier gelangt Marcion zu einem der zartesten und erhabensten Gedanken, die je ein Mensch gedacht hat: der Schöpfer der Welt ist gerecht! Deshalb ist er nicht böse; aber deshalb ist er auch nicht gut. Deshalb konnte er nur die „schlimme Welt“ schaffen, in der alles gerecht zugeht, aber nicht gut, in der gerichtet wird, aber nicht geheiligt, in der die Rache herrscht, aber nicht die Gnade. Christus aber, der Sohn des fremden Gottes, hat die Liebe gebracht, die von der Welt erlöst, von allem in dieser Weh, auch von ihrer Gerechtigkeit. Sogar in die Unterwelt ist er hinabgestiegen und hat alle Verworfenen befreit: den bösen Pharao, die Sodomiter, alle Heiden, selbst Kain. Nur Abel, Henoch, Mose, alle Patriarchen und Propheten konnten nicht gerettet werden. Denn sie glaubten an den Schöpfergott und seine Welt der Gerechtigkeit. Nur der Sünder kann erlöst werden, denn er vermag die grundlose Gnade und uferlose Liebe des fremden Gottes zu erkennen, der Gerechte aber nicht, denn er ist im Gesetz verhärtet, in Gesetzestreue und Gesetzesstolz blind für das Licht aus der Fremde.

Versuchen wir uns das theologische System Marcions in großen Zügen zu vergegenwärtigen, so springen als seine reformatorischen Hauptgedanken ins Auge: die Leugnung der Messianität Jesu, die Ausscheidung des Alten Testaments aus dem christlichen Kanon und der Dualismus des fremden Gottes und des Schöpfergottes. Dass Christus nicht der jüdische Messias war, kann wohl von keiner vorurteilslosen Betrachtung geleugnet werden. Ursprünglich ist der Messias bekanntlich ein weltlicher Nationalheros, aber auch in der geläuterten Auffassung des späteren Judentums ist er niemals der leidende Messias, der die Schuld der ganzen Menschheit sühnt. In keinem einzigen der Zukunftsbilder, so sehr sie sich im Laufe der vielen Jahrhunderte gewandelt haben, ist von seinem Opfertode die Rede. Die berühmte Stelle aus Deuterojesaja, die einzige, die so gedeutet werden könnte, versteht unter dem „leidenden Gottesknecht“ ein Kollektivum und ist überhaupt nicht Weissagung, sondern Rückblick. Ist aber der Heiland nirgends im Alten Bunde verkündigt, welche Beziehung besteht dann zwischen den beiden Teilen der Bibel? Nach Marcion verhalten sie sich wie polare Gegensätze, nach der Auffassung der Kirche wie Stufen: das Alte Testament ist legisdatio in servitutem, das Neue Testament legisdatio in libertatem. Aber ist das Judentum wirklich eine Art Vorhalle des Christentums? Wenn man will, ist alles Vorhalle, und eine im vorigen Jahrhundert sehr beliebte, heute glücklicherweise schon im Verschwinden begriffene Geschichtsmethode pflegte jedes historische Phänomen mosaikartig aus „vorbereitenden Momenten“ aufzubauen. Dann freilich sind nicht bloß Mose und Daniel, sondern auch Plato und Philo, Buddha und Zarathustra Vorläufer des Christentums. Aber das Christentum hat keinen „Unterbau“! Eben weil Marcion das schlechthin Neue, Weltumwandelnde des Evangeliums so erschütternd empfand, wollte er von einem Alten Testament als Heiliger Schrift nichts wissen, ohne dass er geleugnet hätte, dass darin viel Nützliches und Schönes zu lesen sei. Deshalb erlaubte er auch seinen Jüngern dessen Lektüre; jedoch nur an der Hand der „Antithesen“. Aber es ist schon so, wie Harnack sagt: „Was christlich ist, kann man aus dem Alten Testament nicht ersehen. „Dasselbe hatte bereits Schleiermacher erkannt. Aber auch Nietzsche empfand mit voller Deutlichkeit, dass es sich hier um zwei ganz verschiedene Ebenen handelt, als er (natürlich von seinem Standpunkt des „Antichrist“) in „Jenseits“ sagte: Dieses „Neue Testament, eine Art Rokoko des Geschmacks in jedem Betrachte, mit dem Alten Testament zu einem Buche zusammengeleimt zu haben, als ,Bibel‘, als ,das Buch an sich‘: das ist vielleicht die größte Verwegenheit und ,Sünde wider den Geist‘, welche das literarische Europa auf dem Gewissen hat“; und in der „Morgenröte“ spricht er von dem „unerhörten philologischen Possenspiel“, das man um das Alte Testament herum aufgeführt habe: „Ich meine den Versuch, das Alte Testament den Juden unter dem Leib wegzuziehen, mit der Behauptung, es enthalte nichts als christliche Lehren und gehöre den Christen als dem wahren Volke Israels: während die Juden es sich nur angemaßt hätten … überall sollte im Alten Testament von Christus und nur von Christus die Rede sein … alles Anspielungen und gleichsam Vorspiele des Kreuzes!“

Gerade weil das Alte Testament in einzelnen Teilen ein Dokument der reinsten und erhabensten Ethik ist, die überhaupt vor dem Erscheinen des Heilands möglich war, darf man jene anderen Partien nicht geflissentlich übersehen, in denen der Gegengeist sich offenbart: die Predigt der Rachsucht und Rohheit, des Hasses und Hochmuts. Man denke zum Beispiel an die Eroberung des Gelobten Landes: nichts als Mord und Tücke, giftige Schadenfreude, teuflische Grausamkeit, ein einziger langer Jubelschrei des Blutrausches: „Keiner blieb übrig!“ Man darf freilich diese kranken Halluzinationen einer zügellosen Vernichtungswut nicht allzu wörtlich nehmen, denn die nachexilischen Juden (von denen diese späte Schilderung stammt) waren groß im Aufschneiden; aber es bleibt das barbarische Behagen an diesen in der Phantasie wollüstig nachgeschmeckten Animalitäten. Nirgends die geringste Anwandlung, die Seele des Feindes zu achten, ja auch nur zu beachten: er ist nur Schlachtvieh. Dieser erschütternde Kampf zwischen zwei Welten, der sich durch das ganze Alte Testament zieht, macht dieses zu einem der dramatischsten Bücher der Weltliteratur.

Man sagt uns zwar, diese Dinge müssten „entwicklungsgeschichtlich“ betrachtet werden: dieser Jahwe der Wüste sei nur eine Art „Vorjahwe“, es handle sich hier (und anderwärts im Alten Testament) um eine frühe Schicht der israelitischen Gottesvorstellungen, die sich nur gleichsam illegitim behauptet habe. Aber ist der Gegenstand der Bibel die hebräische Geschichte oder der christliche Glaube? Was wir aus dem Buch der Bücher zu empfangen wünschen, ist Anleitung zum seligen Leben, nicht zur Religionswissenschaft. Wir wollen daraus erfahren, wie wir zu Gott gelangen können, nicht, wie die Juden allmählich zu ihrem Gott gelangten. Dieses gewiss höchst lehrreiche, ja sogar erbauliche Thema möge der Ethnologe, der Altertumsforscher, der Geschichtspsychologe, der Kulturphilosoph ergründen: ein christliches Problem ist es nicht. Das Alte Testament ist, wie jedermann weiß, eine Sammlung von literarischen Produkten sehr ungleichen Alters und sehr ungleichen Werts. Eine Sichtung und Redaktion hat wohl im Lauf der Zeiten stattgefunden; aber sie geschah nie nach religiösen Gesichtspunkten: nämlich nicht nach den Gesichtspunkten der einzigen Religion, die diesen Namen verdient: der christlichen. Als Christus erschien, war der Text des Alten Testaments bereits unwiderruflich fixiert, und wir haben bereits gehört, dass es bis auf Marcion die einzige heilige Schrift auch für die Christen bildete und dass selbst Marcion es nicht wagte, seinen Inhalt durch Streichungen oder Änderungen zu korrigieren. Das Judentum, wie es sich nach dem Exil entwickelt hat, ist von allem Anfang an eine Buchreligion gewesen, im Gegensatz zum Urchristentum, das in erster Linie Botschaft, Predigt, Gemeindebewusstsein war. Es liegt in der Natur einer solchen Religion, dass sie einen übertriebenen Respekt vor dem „Es steht geschrieben“ bekundet und dazu neigt, alles „Alte“, soweit es literarisch bezeugt ist, kritiklos für „heilig“ hinzunehmen; und dazu kommt noch, dass die Juden immer eine besondere Vorliebe für Schriftliches hatten: alles in Buchstaben Fixierte ist für sie eine Wahrheit höherer Ordnung und daher bis zu einem gewissen, Grade sakrosankt; nur ein geschriebener Vertrag ist wirklich gültig, dieser aber unter allen Umständen: und das ganze Alte Testament ist ja eigentlich nichts anderes als ein immer wieder erneuerter Vertrag zwischen Jahwe und Israel, der fortlaufende Schriftsatz eines Prozesses zwischen Volk und Gott.

So kam es, dass sie in der Auswahl wenig rigoros waren und vieles mitschleppten, was sie selbst nicht mehr glaubten. Aber es gibt ein Stück im Alten Testament, um deswillen man fast versucht wäre, alles übrige in den Kauf zu nehmen, und es steht ganz am Anfang: es ist die Geschichte vom Sündenfall. Die Sünde der ersten Menschen besteht darin, dass sie vom Baum der Erkenntnis essen; der Verstand ist also das Böse, er ist nicht von Gott, sondern vom Teufel, „des Teufels Hure“, wie Luther sich drastisch ausdrückte, die Mitgift der Schlange, auf deren Rat es zum Genuss der verbotenen Frucht kommt. Er ist die große Versuchung des Menschen, die dieser nicht bestanden hat. Und seine Strafe dafür ist die Arbeit, zu der er verflucht wird. Erkenntnis und Arbeit sind fortan das Los des Menschen, seine Erbsünde und sein Erbfluch. Und seitdem muss er sterben. Aber wo in der ganzen Geschichte des Alten Bundes kehrt dieses machtvoll angeschlagene Leitmotiv wieder, obgleich es doch, so sollte man annehmen, wie ein eherner Glockenton durch das ganze fernere Menschheitsdrama schallen müsste? Als Adam und Eva vom Apfel gegessen hatten, sahen sie, dass sie nackt waren, das heißt: sie erkannten, dass sie Mann und Weib waren: also auch Geschlechtlichkeit ist Sünde. Die höchsten Güter aber, die alle Frommen Israels preisen, Könige und Propheten, Priester und Patriarchen, sind unbegrenzte Fruchtbarkeit des Menschen, unerschöpflicher Segen der Erde, unfehlbares Wissen um das Gesetz: Brunst, Arbeit, Erkenntnis; der dreifache Adamsfluch.

Und in der Tat ist der Anfang der Genesis ein eingesprengter Fremdkörper. Schon eine sehr alte babylonische Abbildung zeigt einen Baum, zur Rechten einen Mann, zur Linken ein Weib und dahinter eine Schlange. Das Paradies entspricht den Inseln der Seligen in der epischen Dichtung der BabyIonier. Dort findet sich auch die Verführungsgeschichte. Die Entstehung des ganzen Abschnittes fällt in die Zeit der Assyrerherrschaft, die in Palästina eine Periode des religiösen Synkretismus war. Deshalb sagt auch Schopenhauer: „Die Verbindung des Neuen Testaments mit dem Alten ist im Grunde nur eine äußerliche, eine zufällige, ja erzwungene, und den einzigen Anknüpfungspunkt für die christliche Lehre bot dieses nur in der Geschichte vom Sündenfall dar … der im Alten Testament wie ein hors d’œuvre dasteht.“ Zwischen der Gottheit des Alten und der Gottheit des Neuen Testaments kann es daher nicht Identität oder Harmonie, auch nicht das Verhältnis halber und voller Offenbarung geben, sondern nur schroffe Alternative. „Ihr müsst“, sagt Kant, „zwischen Jahwe, dem deus ex machina, und Gott, dem deus ex anima, wählen, für beide ist nebeneinander nicht platz.“

Warum aber hat Marcion Adonai nicht einfach als falschen Gott verworfen? Weil er überzeugt war, dass dieser die Welt wirklich regiert. Als sein Werk verkündet sie seinen Namen. Und der Mensch ist sein Ebenbild, ein kleiner Gott, freilich: ein Judengott. Auch hierfür ließe sich manche Andeutung im Neuen Testament finden. Im ersten Brief Johannis heißt es: „So jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters … denn alles, was in der Welt ist … ist nicht vom Vater, sondern von der Welt“, und in dem Evangelium desselben Johannes sagt der Heiland zu den Juden: „Ihr seid von Eurem Vater, dem Teufel.“ Von hier bedurfte es für Marcion offenbar nur eines Schritts, um dem Demiurgen, dem Vater des Bösen, dem Herrn der Erde oder wie man ihn sonst nennen will, Schöpferkräfte zuzuerkennen und ihm die Welt zuzuschreiben. Auch Augustinus lehrt im Einklang mit fast allen Kirchenvätern, das Reich der Welt sei ein magnum latrocinium, eine große Räuberhöhle, von Dämonen regiert. Das Böse, sagt Kant, ist der Fürst dieser Welt, das Gute ist nicht von dieser Welt, das Böse ist nur von dieser Welt. Der gute Gott muss daher notwendig der fremde Gott sein. Er ist, wie Meister Eckhart sagt, von der Welt „abgeschieden“: „Wisst ihr, wovon Gott Gott ist? Davon, dass er ohne alle Kreaturen ist! Selbst als er Himmel und Erde schuf und alle Kreatur, das ging seine Abgeschiedenheit so wenig an, als ob er nie etwas geschaffen hätte.“ Und der fremde Gott kann nur der unbekannte sein; auch dies predigt Meister Eckhart: „Wollt ihr Gott aber in Wahrheit erkennen, so müsst ihr einsehen, dass er etwas Unbekanntes ist! Dionysius hat das gesagt“; und in der Tat lehrte dieser, Gott lasse sich nur durch Verneinungen, lautlos und im Dunkel erkennen. Insofern kann man sagen, dass jeder wahre Christ zugleich Gnostiker und Agnostiker ist. „Erhabener, lebendiger Wille“, ruft Fichte in der „Bestimmung des Menschen“, „den kein Name nennt und kein Begriff umfasst, wohl darf ich mein Gemüt zu Dir erheben, denn Du und ich sind nicht getrennt … Wie Du für Dich selbst bist und Dir selbst erscheinst, kann ich nie einsehen. Nach tausendmal tausend durchlebten Geisterleben werde ich Dich noch ebenso wenig begreifen als jetzt, in dieser Hütte von Erde.“

Wir sehen, wie die tiefsten christlichen Denker um den Marcionitismus ihre Kreise ziehen, ohne dass sie ihn doch jemals zu berühren wagen. Denn in der Tat: hier herrscht in rätselhafter Durchdringung lauterstes Licht und dazwischen schrecklichste Finsternis: nämlich Zweigötterei! Wäre dies nicht, so wären wir vielleicht heute alle Marcioniten. Der Marcionitismus ist etwas Schauerliches, zweifellos; und trotzdem kann man ihn nicht unchristlich nennen. Aber vielleicht ist der Demiurg bloß ein Engel des guten Gottes? Wir haben schon gehört, dass der Gnostiker Saturnilus dies behauptete; auch Apelles, der bedeutendste Schüler Marcions, der aber dessen ebenso kühnes wie konsequentes System doch schon stark umgebogen und verwässert hat, lehrte die Monarchie Gottes und wies dem Schöpfer nur einen untergeordneten Rang an. Wir könnten auch sagen: der Demiurg ist Luzifer, der gefallene Engel; sein Fall besteht eben darin, dass er die Welt geschaffen hat. Eine Wehschöpfung durch Luzifer würde nicht der Allmacht Gottes widerstreiten, denn Gott, über allem Schaffen und Nichtschaffen thronend, vermag jeden Schöpfungsakt zuzulassen. Ob man hierbei die kosmologischen Vorstellungen der Genesis oder der heutigen Astronomie im Auge hat, ist für den theologischen Aspekt belanglos: es ist völlig gleichgültig, ob man sagt, Gott (oder Luzifer) habe die Welt geschaffen, oder ob man sagt, er habe die Erde geschaffen, denn dem Menschen ist von Gott, seinem Vater, die irdische Laufbahn aufgegeben und nur diese; Milchstraßen und Spiralnebel können daran nichts ändern und verschieben das Problem auf eine falsche Ebene, wodurch nur Konfusion entstehen kann.

Ferner könnte man versuchen, sich den Marcionitismus dadurch annehmbarer zu machen, dass man sich vorstellt, die Schöpfung Luzifers sei eine Scheinwelt. Das ist sie natürlich. Weshalb auch, im naiven, aber tief symbolischen Volksglauben so gut wie bei allen Theosophen und Mystikern, Satan immer als der Realist gekennzeichnet ist. Darin eben besteht seine Hinterlist. Aber andrerseits muss er zwangsläufig diesen Standort einnehmen, denn wollte er diese Welt als Schein, Traum und Trug demaskieren, so müsste er ja sein eigenes Werk diskreditieren. Aus demselben Grunde ist er stets der hartnäckige und exklusive Rationalist (so erscheint er auch noch in seiner letzten, völlig verbürgerlichten Form bei Goethe), denn das Organ, womit diese Welt als die „wirkliche“ erkannt wird, ist der Verstand. Dies meint ja auch der Name Luzifer, Lichtbringer (und nicht viel anders verhält es sich mit dem gestürzten Halbgott Prometheus, dem Feuerbringer oder Vater der Technik). Und schließlich ist Satan auch Sensualist, Verteidiger und Förderer der Sinnenlust, denn die Sinne bestätigen ebenfalls seine Welt. Für das gesunde Empfinden aber ist er der Winkeladvokat, Taschenspieler und Oberintrigant, seine „Realität“ Schwindel, seine Ratio Sophistik, seine Sinnenbejahung Versuchung. Denn es ist höchst unwahrscheinlich, dass es öfter als hie und da einen Menschen gegeben hat, der an die Realität wirklich und wahrhaftig, mit voller Überzeugung und Inbrunst, ohne jeden Abstrich und Vorbehalt geglaubt hätte. Alle unsere Erlebnisse und Erkenntnisse, Taten und Theoreme umgibt ein trüber Hof von Ungewissheit. Zwischen uns und die Dinge ist ein Flor gespannt, wie im Theater, wenn „Vision“ markiert werden soll. Alles, was „geschieht“, hat das Stigma des Provisoriums, Manövers und Intermezzos. Gerade auf den Höhepunkten unseres Daseins: in den Augenblicken der tiefsten Ergriffenheit durch die Macht der Natur, die Macht der Liebe, unsere eigene Macht, überfällt uns dieses Gefühl am stärksten. Es ist, wie Seneca sagt, „alles nur geliehenes Tafelgerät“ und, nach Marc Aurels düsterer Weisheit, „unsere Zeit ein Augenblick, was zum Leib gehört, ein Strom, was zur Seele gehört, ein Traum, das Leben eine Reise in fremdem Land und der Nachruhm Vergessenheit“. Wer wagt es, „mein“ zum Dasein zu sagen? Alle Dörfer dieser Welt sind von Potemkin. Es herrscht eine stillschweigende Übereinkunft unter allen, bloß so mitzumachen, und zugleich die Verabredung, kein Spaßverderber zu sein und über diese geheime Spielregel niemals laut zu sprechen.

Schon der „Wilde“ oder „Primitive“ (und gerade er, weil er, naturnah, die Natur durchschaut), glaubt nicht an die Solidität der Szenerie und Maschinerie, die ihn umgibt, er hält sie für einen Zauber, ja vielleicht sogar für einen „faulen Zauber“. Aber wir alle wissen so gut wie er, dass wir in einem großen Spukhaus leben. Niemand ist, auch wenn er die Stimme des Zweifels zu dämpfen oder niederzuzischen versucht, in Wahrheit so dumm, seinem Verstand und dessen Gespinsten zu trauen. Es ist alles nur Rauch und Rausch, Wolkenspiel und Schleiertanz, eine Viertelstunde Regenbogen; „und selbst die Träume sind ein Traum“. Dies kommt daher, dass der Teufel bloß Blendwerk zu schaffen vermag, virtuose Imitation, von der sich nur der Intellekt foppen lässt, weil er selbst ein ohnmächtiges Satansspektakel ist.

Aber dies alles erwogen: man kann sich dennoch, so erhaben der Gedanke der grundlosen Güte des fremden Gottes ist, unmöglich mit der Voraussetzung abfinden, dass Gott bis zum Erscheinen seines Sohnes der Welt völlig abgewendet gewesen sei, dass er je eine rein luziferische geduldet habe. Denn da Gott die unendliche Güte ist, so muss diese alles berühren, auch was außer ihr ist, auch was gegen sie ist. Hier könnte uns vielleicht ein Rätselwort Marcions den Weg weisen, aber nur wie ein düsteres und flackerndes Fackellicht. Er sagt nämlich einmal, der gute Gott habe das Unsichtbare geschaffen. Meinte er damit, dass es neben der Welt des Demiurgen noch eine zweite Welt gebe, eine „gute“ Welt, die entweder vor der materiellen bestand, als eine präexistente geistige, oder hinter der luziferischen besteht, als die „wahre“? Denn das Sichtbare ist nicht bloß das Böse, sondern auch das Unwirkliche. Wir wissen es nicht, denn der Text Marcions ist uns weder vollständig noch authentisch erhalten, er ist untergegangen und wir können ihn uns nur aus den Schriften rekonstruieren, die gegen den Marcionitismus gerichtet waren: es sind dies in erster Linie die christliche Apologie Justins, das große Werk des Irenäus „Adversus haereses“, die „Stromata“ des Clemens Alexandrinus und die „Fünf Bücher gegen Marcion“, die Tertullian verfasst hat. Sehr bemerkenswert ist es, dass der bedeutendste heidnische Polemiker der Frühzeit, Celsus, der in seinem „Sermo verus“ einen umfassenden Angriff gegen das Christentum richtete, die marcionitische Kirche als eine der katholischen vollkommen ebenbürtige behandelte; ihm erwiderte der große Origenes in seiner Schrift „Adversus Celsum“. „Warum“, fragt Celsus, „lässt der obere Gott einen schlechten Demiurgen, der sich ihm widersetzt, schalten und walten? Das ist mir ein verehrungswürdiger Gott, der danach trachtet, der Vater von Sündern zu sein, die von einem anderen verdammt und verworfen sind, und der nicht imstande ist, den er gesandt hat, zu rächen!“ Man kann von Celsus, der kein Christ war, kein Verständnis dafür erwarten, dass der gute Gott gerade danach trachtet, der Vater der Sünder zu sein, und dass er den Tod seines Sohnes nicht rächt; aber der Einwand, warum er den Demiurgen frei schalten lasse, musste in der Tat auch damaligen Christen zu denken geben. Vielleicht hat Marcion gemeint, dass der Geist Gottes, in Unsichtbarkeiten thronend, schon immer durch die Welt wehte und deren Lauf daher auf die Ankunft seines Sohnes angelegt war, welche freilich nur seiner Allwissenheit bekannt war. Doch das sind bloße Vermutungen; was aber Marcion mit voller Deutlichkeit und höchstem Nachdruck betont hat, ist die Fortdauer des demiurgischen Regiments auch während des christlichen Aeons. „Marcion glaubt“, sagt Tertullian, „dass er vom Reich des Schöpfers erlöst sei, aber in der Zukunft, nicht in der Gegenwart.“ Die Herrschaft des Schöpfergottes endet also erst mit dem Jüngsten Gericht. Solange dieses Säkulum besteht, dauert auch noch die Regierung des Gottes dieses Säkulums.

Und so verhält es sich ja auch in der Tat. Das einzige, wodurch sich die christliche Welt von der vorchristlichen unterscheidet, ist das Wissen um Gott und seinen Sohn und der Glaube an dieses Wissen; Glauben aber heißt sich auf die unverdiente Liebe Gottes in Christo verlassen. Der luziferische Lauf der Welt hat sich nicht geändert. Dass aber Gott dennoch hienieden wirkt und webt, ist ebenso unbezweifelbar wie unerklärlich. Hier stehen wir, in dem tiefsten Sinne, der diesem Wort gegeben werden kann, im „Unsichtbaren“. Dies ist alles, was eine christliche Geschichtsbetrachtung, die die Ehrlichkeit der Bequemlichkeit vorzieht, an Theodizee beizubringen vermag. Und dennoch sagt Gustav Droysen in der Einleitung zum zweiten Bande seiner „Geschichte des Hellenismus“ mit Recht: „Die höchste Aufgabe unserer Wissenschaft ist ja die Theodizee.“ Aber es ist eine unendliche Aufgabe. Gerade darin, dass sie immer wieder: von jedem Zeitalter, jedem Volk, jedem Stand, jedem Individuum aufs neue gestellt wird, erfüllt sich das historische Schicksal. „Über allem“, schreibt Ranke in einem Brief an seinen Bruder Otto, „schwebt die göttliche Ordnung der Dinge, welche zwar nicht gerade nachzuweisen, aber doch zu ahnen ist.“ Diese göttliche Ordnung der Dinge ist identisch mit der Aufeinanderfolge der Zeiten.

Rechtgläubigkeit oder Gnosis

aus Karl-Heinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums Band 1

AM ANFANG DES CHRISTENTUMS STAND KEINE «RECHTGLÄUBIGKEIT»

Nach kirchlicher Lehre beginnt das Christentum mit «Orthodoxie», mit «Rechtgläubigkeit», der dann die «Häresie» (airesis = die erwählte Meinung) als Abweichung gleichsam vom Ursprünglichen, seine Verfälschung, folgte. Der Begriff «Häresie» , bereits im Neuen Testament vorhanden, erscheint erstmals eindeutig negativ bei Bischof Ignatius im frühen 2. Jahrhundert, der auch als erster den Begriff «katholisch» bringt – Jahrzehnte noch bevor es eine katholische Kirche gibt. Doch das Wort «Häresie» hatte ursprünglich keinesfalls die Bedeutung, die es bekam. Biblische wie jüdische Autoren gebrauchten es anfangs nicht als Gegensatz zu dem – ja erst entstehenden – Phänomen der Orthodoxie. Vielmehr bezeichnete «Häresie» auch in der klassischen Literatur zunächst nur irgendeine wissenschaftliche, politische oder religiöse Ansicht, Gruppierung, Partei. Allmählich jedoch bekam der Begriff den Beigeschmack der Absonderung, wurde er diskreditiert, wurde der «Häretiker» zum «Ketzer», wenn dieser Ausdruck selbst auch erst seit dem 12. Jahrhundert in Deutschland üblich wird.


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Das Schema aber: erst «Rechtgläubigkeit» dann «Ketzerei», das die Kirche schon zur Aufrechterhaltung ihrer Fiktion einer angeblich ununterbrochenen apostolischen Überlieferung braucht, ist nichts als eine nachträgliche Konstruktion und offenkundig falsch – so falsch wie die Lehre von dieser Tradition selbst. Das Geschichtsbild, das an den Ursprung des Christentums die reine, unverdorbene Lehre stellt, die im Lauf der Zeit durch Häretiker und Schismatiker beschmutzt worden sei – «diese beliebte Abfalltheorie», schreibt heute selbst der katholische Theologe Stockmeier, «entspricht nicht der historischen Wirklichkeit». Vielmehr konnte es eine solche Entwicklung gar nicht geben, weil nirgends anfangs ein homogenes Christentum bestand. Es gab nur locker gefügte Glaubensanschauungen und -sätze. Aber es gab «sicher» weder ein «maßgebliches christliches Glaubensbekenntnis (authoritative Christi an creed) noch irgendeinen bestimmten Kanon der christlichen Heiligen Schrift» (E. R. Dodds). Selbst der Rekurs auf Jesus nützt da nichts, weil die ältesten christlichen Schriften nicht die Evangelien, sondern die Briefe des Paulus sind, die den Evangelien in Wesentlichem widersprechen, von weiteren großen Problemen hier zu schweigen.

Nicht an gleiche, sondern an sehr verschiedene Überlieferungsströme und -formen also knüpfen die frühen Christen an. Schon in der Urgemeinde rivalisierten mindestens zwei Fraktionen, «Hellenisten» und «Hebräer». Auch zwischen Paulus und den Uraposteln kam es zu heftigem Streit. Und was später verteufelt, verfolgt worden ist, war den Ursprüngen oft durchaus näher als die «Rechtgläubigkeit», die es dann verketzerte. Zum Beispiel aus machtpolitischen Gründen, wobei man immer wieder die Theologie, den angeblich «rechten» Glauben, vorschob, um kirchen-politische Konkurrenten besser bekämpfen zu können. Oder aus Gründen der Opportunität, weil ein solcher Glaube dem vorherrschenden Glauben einer Gegend entsprach.

In gewissen Gebieten Kleinasiens, Griechenlands, Makedoniens, besonders aber in Edessa, Ägypten, somit in einem großen Teil der alten Welt, wurde das Christentum von Anfang an (!) in einer Form gepredigt, die nicht dem entsprach, was man nachmals «orthodox» nannte! Doch galt sie natürlich in all diesen Gebieten als das Christentum schlechthin. Auch sah ihr Anhang gerade so hochmütig und borniert auf andere Gläubige, etwa orthodoxe Christen, herab wie diese auf sie. Denn jede Richtung, Kirche, Sekte hielt sich für das «eigentliche», das «wahre» Christentum.

Somit stand weder eine «reine Lehre» im protestantischen Sinn am Beginn des neuen Glaubens, noch eine katholische Kirche. Vielmehr erfolgte nach der Trennung einer judaistischen Sekte von ihrer jüdischen Mutterreligion als zweiter großer Schritt die Entstehung der heidenchristlichen Gemeinden unter Führung des Paulus – häufig in scharfer Auseinandersetzung mit den Judenchristen, den Uraposteln in Jerusalem. Dann konstituierte sich in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts die Kirche Markions, die das ganze römische Reich umspannte und wahrscheinlich internationaler war als die in der zweiten Jahrhunderthälfte sich bildende altkatholische Kirche, die mit Ausnahme des religiösen Grundgedankens fast alles von Markion übernahm, dem Schöpfer auch des ersten Neuen Testaments.

Nach der communis opinio entstand die altkatholische Kirche zwischen 160 und 180. Die bisher rechtlich voneinander unabhängigen Gemeinden schlossen sich nun zusammen, suchten eine Einigung über die christliche Lehre und entschieden, wer als «rechtgläubig» zu gelten habe und wer nicht. Auch diese Kirchen aber waren kein fertiger, unveränderlicher Hort der «Orthodoxie », sondern eigentümlich flexibel. Und die bald immer zahlreicher auftauchenden «Häretiker» und «Häresien» brachen nicht von außen in die Kirche ein – dies «ist nachweislich ungeschichtlich» (v. Soden). Vielmehr kamen diese «Ketzer» gewöhnlich von innen heraus. Doch da man ihre meisten Schriften vernichtet hat sind wie nur sehr einseitig, entstellend, oft völlig falsch über sie unterrichtet.

Im späteren 2. Jahrhundert, als sich die katholische Kirche konstituierte, höhnt der heidnische Philosoph Celsus seit die Christen zu einer Menge angewachsen seien, entstünden unter ihnen Spaltungen und Parteien, und jeder wolle sich – „denn danach trachteten sie von Anfang an» – einen eignen Anhang schaffen. «Und infolge der Menge trennen sie sich wieder voneinander und verdammen sich dann gegenseitig; so dass sie sozusagen nur noch eins gemeinsam haben, nämlich den bloßen Namen .. . im übrigen aber hält es von den Parteien diese so und jene anders!» Im frühen 3. Jahrhundert kennt Bischof Hippolyt von Rom 32, Ende des 4. Jahrhunderts Bischof Philaster von Brescia 128 konkurrierende christliche Sekten (und 28 vorchristliche «Häresien»!).

Doch da politisch machtlos, tobt die vorkonstantinische Kirche, wie gegenüber den Juden, sich auch im «Ketzer»-Kampf vorerst bloß verbaliter aus, kommt zu dem stets schwerer werdenden Zerwürfnis mit der Synagoge, die gleichfalls immer gehässigere Konfrontation mit allen andersgläubigen Christen. Ist ja gerade für die Kirchenväter jede Abweichung vom Glauben die schlimmste Sünde. Das nämlich brachte Spaltung, Anhängerschwund, Machteinbußen. So suchte man bei der Polemik weder den anderen Standpunkt wirklich kennen zu lernen noch klärte man, weil oft unmöglich oder gefährlich, ganz über den eigenen auf. Vielmehr war es das einzige Ziel, «den Gegner mit allen verfügbaren Mitteln zu schlagen» (Gigon). «Die antike Gesellschaft hatte wegen ihres sehr anderen, undogmatischen Religionsverständnisses solche Glaubensstreitigkeiten vorher nicht gekannt» (Brox).

Das Licht, das Gute und das Schöne

von Dionysos Aeropagita

DIE OFFENBARUNG DER GOTTHEIT.

Wir müssen zunächst die ganz und gar vollkommene Art der göttlichen Einung und der göttlichen Unterscheidung auseinandersetzen; wir müssen alles nur unbestimmt Flimmernde und Undeutliche vermeiden, das Charakteristische herausheben, das Bezeichnende feststellen und nach unseren Kräften gut ordnen und deuten.

Die heiligen Eingeweihten verstehen unserer theologischen Überlieferung nach unter göttlicher Einung jene geheime Wirklichkeiten, die tiefgründiger als jeder Urgrund und darum nicht mitteilbar sind. Sie führen bis zur Höhe jener Einheit empor, die uns unerreichbar, unsagbar und unerkennbar ist. Und dieselben Theologen nennen göttliche Sonderung jedes wohltätige Offenbarwerden der Urgottheit, d. h. alle ihre Äußerungen im Hinblick auf uns. Im Anschluss an die Heilige Schrift reden sie auch von den Eigentümlichkeiten der erwähnten Einung und behaupten, dass auch die Sonderung wieder in Einungen und Sonderungen geordnet werden müsse.


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Ein Beispiel: gemäß der wahrhaft göttlichen Einheit des urgöttlichen Wesens, das jenseits aller Wesen ist, müssen wir der ureinen Dreifaltigkeit folgende einheitlich gemeinsamen Eigenschaften zuschreiben: ihr heiliges Vorhandensein überragt alles Wesenhafte, ihre heilige Göttlichkeit übersteigt jedes einzelne Göttliche, ihr allwirkendes Gute reicht über alles wirkende Gute hinaus und ihre heilige Identität – ihr über alles erhabenes SichSelbst-Ewig-Gleich-Bleiben – umfasst und sprengt alle einzelnen Eigentümlichkeiten in ihrer Ganzheit. Die heilige Dreifaltigkeit ist deshalb eine Einheit auch noch jenseits und oberhalb des Prinzips der Einheit selbst, denn sie ist jenseits von jeder Eigenschaft, und ebenso jenseits von Unsagbarkeit, Vielheit oder Vielnamigkeit, jenseits von Unkennbarkeit oder allbegreifendem Weltverstehen, jenseits von allumfassendem Bejahen, allumfassendem Verneinen, Übersteigen, Unerreichbarbleiben –
ja sie ist auch noch jenseits des Nicht-mehr-berührt-werden-könnens von jedem Ja und von jedem Nein.

Sie ist das Verbleiben und Ruhen der ureinheitlichen Hypostasen ineinander, die Urgrundlage und der Fortbestand aller persönlichen Grundwesenheiten der heiligen Dreifaltigkeit in ihrer Einheit und Allgegenseitigkeit, in ihrer Einheit vollkommen auch noch jenseits des Prinzips jedes Einsseins selbst, in ihrer Allgegenseitigkeit vollkommen auch noch jenseits von jedem Unterscheiden, Trennen oder Verbinden, also ohne jede Vermischung.

Wenn ich hierzu einen sinnfälligen Vergleich mit uns vertrauten Gegenständen wagen darf: wir sehen doch auch, wenn in einem Raume viele Lampen sind, dass alle ihre Lichter sich zu einer einzigen Helligkeit vereinen und, wo sie Licht geben, einen einzigen ununterschiedenen Glanz ausstrahlen. Niemand – so vermute ich – dürfte da imstande sein, das Licht einer einzelnen Lampe von den anderen Lichtern auszusondern, etwa im Flimmern der alle Lichter umfangenden Luft, um das eine ohne das andere zu sehen, denn alle Lichter sind ganz im Ganzen, und ohne Vermischung dennoch ineinander vereint.So wie aber jemand in den Raum eintritt, in welchem viele Lampen dicht nebeneinander vereint leuchten, und auch nur eine von diesen Lampen ergreift und mit ihr diesen Raum verlässt, so wird auch das betreffende Licht ganz mit hinaus folgen, ohne irgend etwas von den übrigen Lichtern mit sich fortzunehmen oder von dem seinigen irgend etwas zurückzulassen. Ihre vollkommene, totale Einigung war also genau wie ich sagte durchaus unvermischt geblieben, in keinem Teile vermengt und doch Eins. Und das traf tatsächlich zu, schon bei einem geschaffenen Stoff, nämlich der beleuchteten Luft, und bei dem an materielles Feuer gebundenen irdischen Licht!

Deshalb sagen wir, dass die überwesentliche Einheit über alles erhaben ist: nicht nur über die Einungen von Körpern, sondern auch selbst über die der Seelen und sogar über die Einungen unter den Geistern. Als Lichter außer- und oberhalb aller Welt und als Spiegel der Gottheit sind ihnen Einungen möglich, die unvermischt und überweltlich bleiben – gemäß der Teilnahme, die den Teilnehmern an der über alles erhabenen Einung angemessen ist. Es gibt aber noch eine andere Unterscheidung. In den Offenbarungen über das Wesen Gottes jenseits von allem Wesenhaften geht es nicht nur darum, dass die drei göttlichen Personen auch in ihrer Dreieinigkeit fortbestehen, jede unvermischt und unverwechselbar, als Grundeinheit.

Auch dies ist deutlich, dass nicht als wechselseitig verstanden werden darf, was auf die überwesentlich göttliche Zeugung sich bezieht. Nur der Vater allein ist die eine Quelle der überwesentlichen Gottheit – da der Vater nicht als Sohn und der Sohn nicht als Vater auftritt, und auch die Lobpreisungen der Heiligen Schrift beachten ehrfurchtsvoll bei jeder der urgöttlichen Hypostasen deren Eigentümlichkeit als Person. Dies also ist das wichtige Gebiet der göttlichen Einungen und der göttlichen Sonderungen im Hinblick auf den überwesentlichen Seinsgrund und auf die überwesentliche Einheit des Unsagbaren. Wenn auch der angemessene Maßstab für die göttliche Urgüte ein göttliches Unterscheiden ist – soweit sich das Einige erweitert und vervielfältigt, sei es auch auf überwesentliche Art – so bleibt doch auch in dieser göttlichen Verschiedenheit das Vielfältige stets geeint: so die Mitteilung des Unfassbaren, so die Erschaffung einzelner Wesenheiten, so die Erschlaffung einzelner Lebensformen, so die schöpferische Setzung von Weisheiten, und so die übrigen Gaben der allein alles verursachenden Güte. Man könnte auch sagen: die daran Teilnehmenden offenbaren in ihrer Teilnahme selbst genau das, woran teilzunehmen nur durch Teilnahme am Unteilnehmbaren möglich ist.

Auch dies nämlich ist für die ganze Gottheit ein Gemeinsames – geeint und ewig –, dass jeder der teilnehmenden überwesentlichen Wesen am Ganzen der göttlichen Unendlichkeit teilhat. Und nicht bloß an irgendwelchen Teilen: So wie am Mittelpunkt eines Kreises jede der seinem Umfang einhüllenden Geraden gleichvollen Anteil nehmen. Oder so wie alle die vielen Abdrücke eines Siegels vollen Anteil an der prägenden Originalform haben, ohne dass in irgend einem der Abdrücke des ganzen und immer gleichen Siegels irgendein besonderer Teil der Originalform sich befände. Die Unmittelbarkeit des Mitteilens und Bewirkens durch die allursächliche Gottheit ist freilich auch über solche Analogien erhaben, denn hier gibt es keine Berührung durch die Anteilgebenden, noch irgendwelche Vermischung oder Gemeinschaft des unendlichen Schöpferwirkens mit der Endlichkeit derer, die Anteil an Ihm zu nehmen gewürdigt sind.

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Auch den göttlichen Geistern wird Bewegung zugeschrieben – nämlich eine kreisförmige. sofern diese Geister untereinander durch die Bande des Schönen und Guten geeint sind, und durch die unerschöpflichen Erleuchtungen, die ihnen allen daraus kommen, dass dieselbe Kraft sie beseelt. Und eine geradlinige Bewegung ist an ihnen zu erkennen, sofern sie in Fürsorge für die tiefer stehenden Ordnungen immer weiter getrieben, in gerader Richtung alles durchdringen. Aber auch eine spiralförmige Bewegung: denn trotz ihrer Fürsorge für die schwächeren Wesen verbleiben sie ja stets in ihrer Selbstgleichheit, ohne aus sich jemals herauszugehen. Das ist nur möglich, weil sie die Ursache dieser ihrer Selbstgleichheit unaufhörlich umkreisen: das Schöne und Gute.

Auch die Seele bewegt sich. Für die Seele bedeutet die kreisförmige Bewegung ihr Eindringen gleichsam von außen tiefer in sich selbst, nämlich eine eigengestaltige Zusammenfassung ihrer eigenen geistigen Kräfte, die sie von Abschweifungen bewahrt, sie von der Vielheit aller äußeren Dinge hinweg wendet, zu sich selbst zurückwendet, so dass sie sich im eigenen Seelenbereich zu sammeln vermag, also zuerst im eigenen Seelengrund. Dann, da sie nunmehr eingestaltig geworden ist, strebt sie zu den durch Läuterung ein artig gewordenen Mächten empor, zu den Engeln, und lässt sich von ihnen zum Schönen und Guten leiten, das über allen Wesen ist, stets Eines, stets Dasselbe, ohne Anfang und ohne Ende.

Spiralenförmig wird die Seele bewegt, insofern sie ihrer Natur gemäß von göttlicher Erkenntnis erleuchtet wird, und zwar nicht auf direkte geistige und geeinte Weise, sondern durch diskursive Schlussfolgerungen, gleichsam durch Gegensätze, die aufeinander abzustimmen sind, also durch gemischte und gegenständlich abwechselnde Tätigkeiten.Die geradlinige Bewegung der Seele endlich ist jene, in welcher sie weder in sich selbst sich vertieft (denn das wäre, wie gesagt, die kreisförmige Bewegung) noch auch dialektisch aufnimmt und lernt (denn das wäre die spiralenförmige), sondern lehrend und wirkend in ihre Umgebung hinaustritt – aber auch da lässt sie sich von den Außendingen anregen, doch alle mannigfachen und vervielfältigenden Symbole führen sie dann wieder zu den einfachen und geeinten Begriffen des Guten und Schönen empor.

Ursache aller drei Bewegungsweisen ist also in diesem ganzen Universum immer nur das Schöne und Gute, das selbst über jedes Stehen, Ruhen, Kreisen und Bewegen erhaben ist. Es bewirkt alles dies sowohl in den Geistern und Seelen als auch in den nur mit Empfindungen begabten Wesen – und es ist noch viel mehr Ursache der Beharrlichkeiten, Stetigkeiten, und Festigkeiten jedes Dinges. Das Schöne und Gute ist tatsächlich das Band, das immer alles zusammenhält und zusammenschließt, während alles in Bewegung ist und es selbst über aller Bewegung und auch über aller Stetigkeit erhaben ist. Das Schöne und Gute ist wahrhaftig dasjenige, durch welches, aus welchem, in welchem, zu welchem hin und um dessentwillen alle Stetigkeit und Bewegung in dieser Welt ist. Denn nur aus dem Schönen und Guten und nur durch das Schöne und Gute existiert alle Wesenheit, gibt es Sein und Wesen und Gegenwart und Leben – sowohl des Geistes als auch der Seele. Aus ihr stammen die kleinsten, die mittleren und die ungeheueren Größenverhältnisse der Gesamtnatur, alle Maße, alle Entsprechungen und Ähnlichkeiten und Ganzheiten, Teilbarkeiten, Vielfältigkeiten, Verknüpfungen und Beziehungen, das Allein und das Zusammen, die Einheit in der Vielheit, die Vollkommenheiten, Eigenschaften, Qualität und Quantität, die Abstände, die Vergleiche, die Unterscheidungen, Unendlichkeiten, überhaupt jedes Ende, jede Grenze, jede Ordnung, ebenso die Vorränge, Elemente, Gestalten, Wesenheiten und Mächte – das Prinzip selbst jeder Wirksamkeit, jedes Zustandes, jeder Empfindung, ja die Möglichkeit des Bedeutens von Worten, Erkenntnissen, Wissenschaften, Berührungen und Einungen: kurz alles, was ist, stammt aus dem Schönen und beruht auf dem Guten, wendet alle seine Wesensäußerungen bewusst oder unbewusst auf das Schöne und absichtlich oder unabsichtlich auf das Gute. Oder sagen wir: alles was ist und wird, ist und wird wegen des Schönen und Guten. Alles schaut nach ihm, wird von ihm bewegt, wird von ihm zusammengehalten. Um seinetwillen und durch dasselbe und in ihm hat sich jedes vorbildliche Prinzip gebildet, jede vollendende, bewirkende, gestaltende Kraft, jedes Elementare, einfach jede Grundkraft, ja das Prinzipielle überhaupt, sowie jeder Zusammenhalt und jeder Abschluss.